Rezensions-Doppel Gangsterromane: Keiner rennt für immer & Der Teufel will mehr

Rezensions-Doppel Gangsterromane: Keiner rennt für immer & Der Teufel will mehr

Viele Krimis sind weiterhin eng an einen Ermittler gekoppelt. Ein Kommissar oder Detektiv, der ein Verbrechen aufklärt, der gute alte Whodunit. Aber es gibt auch immer wieder Krimis, in denen man den Täter kennt und nun darauf hinfiebert, wie er geschnappt wird. Aber es gibt natürlich auch Kriminalromane, in denen ein Ermittler kaum oder überhaupt keine Rolle spielt und die sich im Milieu der Gangster und Verbrecher bewegen. Diese Einsichten haben ihren besonderen Reiz, sind diese Milieus dem Leser im Allgemeinen doch sehr fremd.

Nun gibt es doch eine Reihe von Krimis und Noirs, die einen Gauner oder Gangster oder das Milieu in den Mittelpunkt stellen. Besonderen Lesegenuss macht es meines Erachtens aber dann, wenn man einen Gangster über längere Zeit begleiten darf. Den Gangster in Serie gibt es aber schon nicht so häufig. Der Wegbereiter hierfür war sicherlich Donald E. Westlake, der mehrere Verbrecher als Protagonisten einer Serie aufbaute, so etwa den Meisterdieb John Archibald Dortmunder und natürlich den legendären Parker. Vor einigen Jahren etablierte dann der Autor Wallace Stroby eine Profiverbrecherin als Serienheldin – die taffe, aber auch empathische Crissa Stone. Gemeinsam haben beide Serien vor allem, dass sie nichts verklären, sondern das Verbrechertum so darstellen, wie es ist: Ein knallhartes, gefährliches Business. Zeit für eine Doppelrezension!

Richard Stark | Keiner rennt für immer

Parker plant mit einem Bekannten namens Dalesia einen Bankraub in Massachusetts. Eine kleine Bank auf dem Land wird von einer größeren geschluckt. Am einem bestimmten Tag sollen sämtliche Aktiva in die neue Zentrale transportiert werden. Der Tipp für den Coup kommt von einem Typen namens Beckham, dessen Geliebte die Tochter des Bankgründers ist und die nun zusehen muss, wie ihr Ehemann die Bank des Vaters abwickelt. Ganz schön viele Verwicklungen und potenzielle Ansatzpunkte für die Polizei, doch der Job klingt zu verlockend, also macht sich Parker an die Planung.

„Er hatte keine Ahnung, was los war.“
„Keine“, pflichtete McWhitney ein.
„Dann hat er also einen großen Fehler gemacht.“
„Ja, das hat er.“
Dalesia grinste. „Ich wette, er hat was draus gelernt.“
„Ja.“ McWhitney nickte. „Das Harfespielen.“ (Seite 154)

Der Roman beginnt mit einem Mord, was für Parker eher ungewöhnlich ist, ruft doch ein Mord unnötige Aufmerksamkeit der Polizei hervor. Doch wenn Parker in einer Pokerrunde lauter Gangster einen Polizeispitzel entdeckt, fackelt er nicht lange. Die Abgeklärtheit, mit der der Rest der Runde reagiert und mit der die Leiche entsorgt wird, setzt den Ton für den Rest des Romans: cool, lakonisch, schnörkellos.

Wer einen Parker liest, sollte wissen, worauf er sich einlässt: So ist auch Keiner rennt für immer ein harter Gangsterroman mit geradlinigem Plot, Spannung und wenig Schnickschnack drumherum. Genau wie der vornamenlose Protagonist, der wenig von sich preisgibt, aber eine gnadenlose Professionalität ausstrahlt. Wer sich wie ein Profi verhält, kann mit seiner Loyalität rechnen, aber wehe wenn nicht. Empathie ist ihm völlig fremd, aber das heißt nicht, dass er wahllos Gewalt anwendet. Er weiß, wann es reicht, mit Gewalt zu drohen, ist aber auch jederzeit bereit, sie anzuwenden.

In diesem Band ist es für den Leser fast etwas überraschend, dass Parker an diesem Job festhält, denn die Vorzeichen sind alles andere als günstig. So taucht ein Kopfgeldjäger auf, Komplizen erweisen sich als unzuverlässig, der Tippgeber beschwört die Neugier der Polizei herauf. Was schiefgehen kann, geht schief. Parker hat alle Hände voll zu tun, damit die Sache nicht schon im Vorfeld scheitert. Aber letztlich meint er, das Risiko kalkulieren zu können, und so wird der Job auch dieses Mal durchgezogen. Keiner rennt für immer ist der drittletzte der 24 Romane der Reihe und Autor Richard Stark a.k.a. Donald E. Westlake liefert auch hier einen sehr unterhaltsamen, präzise erzählten Gangsterroman.

 

Keiner rennt für immer | Erschienen im Jahr 2004 im Paul Zsolnay Verlag
ISBN 978-3-552-05463-9
288 Seiten | 16.90 Euro
Bibliografische Angaben & Leseprobe

Wallace Stroby | Der Teufel will mehr

Crissa Stone erhält in Las Vegas einen lukrativen Auftrag: Der Sammler Emile Cota hat sich auf illegalen Wegen vorderasiatische Kunstschätze angeeignet. Diese soll er nun zurückgeben, allerdings hat er bereits einen Käufer für die Dinge gefunden. Crissa soll nun einen Überfall auf den LKW mit den Kunstschätzen durchführen, damit Cota sowohl die Versicherungssumme als auch die Kaufsumme vom neuen Käufer kassiert. Crissa engagiert drei weitere Profis und plant den Überfall auf einem wenig befahrenen Highway in der Wüste akribisch. Doch ungewöhnlich ist, dass Hicks, der Sicherheitsmann Cotas, mit einem weiteren Mann am Überfall teilnehmen soll. Und tatsächlich läuft die Sache dann ziemlich schnell aus dem Ruder.

„Mach dir keine Sorgen“, antwortete Keegan. „Wir schlagen nur die Zeit tot, ok? Der nervige Teil ist das Warten.“
„Ich weiß“, sagte sie, gab nach, des Friedens Willen. „Morgen haben wir den Truck. Und mehr Details, die wir durchgehen müssen.“
„Ah, die Details“, sagte Keegan. „Und der sprichwortliche Teufel, der in ihnen steckt. Ist das nicht immer der Heilige, den wir anbeten?“ (Seite 156)

Zum vierten Mal nun schickt Autor Wallace Stroby seine Profiverbrecherin Crissa Stone in einen Coup, von dem der Leser (und eigentlich auch Crissa) von Anfang an ahnt, dass er nicht so glatt ablaufen wird wie geplant. Seine Protagonistin ist aber intelligent und erfahren genug, mit Widrigkeiten umgehen zu können. Crissas Hintergrund wird auch in diesem Band weitergeführt: Ihr Partner in Leben und Beruf sitzt nun schon lange in einem texanischen Gefängnis ein und widerwillig wird Crissa klar, dass sie sich irgendwann entscheiden muss, ob sie wirklich auf ihn warten will. Ihre Tochter ist immer noch bei ihrer Cousine, ohne Kontakt zu ihr, da natürlich nach ihr gefahndet wird. Im Beruf ist Crissa ein absoluter Profi und allgemein anerkannt, wenngleich hin und wieder immer noch unterschätzt. Was Crissa von jemandem wie Parker unterscheidet, ist ihre Empathie. Sie ist in der Durchführung ihrer Jobs hart und weiß sich zu wehren, wenn sie muss. Doch sinnloses Blutvergießen ist ihr absolut zuwider und sie ist bestrebt, ihre Arbeit ohne Todesopfer zu erledigen.

Das sehen so manche anders und auch die Loyalität, die Crissa ihren Partnern im Job entgegenbringt, wird nicht immer geteilt. So entwickelt sich auch diese Geschichte zu einer blutigen Abrechnung. Das ist alles nicht unbedingt komplex angelegt, der Leser weiß schnell, wohin die Reise geht. Und dennoch ist das alles absolut lesenswert, weil Stroby auf pure Plot getriebene Action und Spannung setzt und seine Figuren effizient einsetzt. „Grandiose U-Literatur, spannend, rasant, fettfrei“ lautet das Urteil von Krimi-Spezialist Thomas Wörtche. Und dieser Aussage kann ich mich nur anschließen.

Der Teufel will mehr | Erschienen am 20. Februar 2019 im Pendragon Verlag
ISBN: 978-3-86532-646-1
316 Seiten | 17.- Euro
Bibliografische Angaben & Leseprobe

 

Auch bei uns: Kalter Schuss ins Herz sowie Geld ist nicht genug von Wallace Stroby sowie Sein letzter Trumpf und The Hunter von Richard Stark.

Weitere .17specials findet ihr in der Übersicht.

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