Abgehakt | Dezember 2017

Abgehakt | Dezember 2017

Im September haben wir euch erstmalig unter dem Titel Abgehakt Kurzrezensionen präsentiert. Nun, zum Jahresende, haben sich erneut vier Titel gefunden, die wir kurz und knackig vorstellen möchten. Wiederum gilt: Manche Titel haben einen  Empfehlungscharakter, andere sind Stoff für Diskussionen. Dazu laden wir ausdrücklich ein.

Tony Parsons | Dein finsteres Herz

Zwei Leichen, denen die Kehlen brutal durchtrennt wurden. Detektive Max Wolfe und sein Team finden heraus, dass es zwei von insgesamt sieben Freunden sind, die sich in ihrer Schulzeit auf der elitären Privatschule Potter’s Field trafen. Während den Ermittlungen sterben weitere Männer aus dem Kreis. Im Internet wird unter einem Pseudonym Täterwissen preisgegeben, aber Wolfe will nicht glauben, dass es sich dabei wirklich um den Mörder handelt. Was ist damals in Potter’s Field passiert, wer will Rache?

Dein finsteres Herz von Tony Parsons ist der erste Fall von Max Wolfe und ein Kriminalroman, bei dem die Todesursachen sehr brutal beschrieben werden. Er ist in drei Teile gegliedert, in Ich-Form aus Sicht von Max Wolfe geschrieben und liest sich mit seinen eher kurzen Kapiteln flüssig. Mir hat die Spannung etwas gefehlt: Es werden typische Ermittlungen beschrieben und nur die Stelle im Buch, bei der Wolfe angegriffen wird, war wirklich fesselnd. Der Protagonist ist mir als allein erziehender Vater seiner Tochter Scout, der er kürzlich einen Hund geschenkt hat, sympathisch. Max Lieblingsgetränk ist dreifacher Espresso, außerdem boxt er in seiner Freizeit.

Dein finsteres Herz | Erschienen am 12. August 2016 bei Bastei Lübbe
ISBN 978-3-4041-7400-3
464 Seiten | 14,99 Euro
Bibliographische Angaben & Leseprobe

Wertung: 3.5 von 5.0
Kategorie: Krimi

Rezension und Foto von Andrea Köster.

 

Donna Leon | Venezianisches Finale

Das Theater „La Fenice“ ist in Aufruhr. Der weltberühmte Dirigent Wellauer taucht zum letzten Akt nicht mehr auf, sondern wird vergiftet in seiner Garderobe gefunden. Commissario Brunetti ermittelt in dieser heiklen Sache, denn der Maestro war zwar ein musikalisches Genie, aber durchaus mit einigen Macken und dunklen Flecken in der Vergangenheit behaftet.

Ich habe mich immer vor Commissario Brunetti gedrückt, zu sehr war ich von den eher bräsigen, touristischen Verfilmungen abgeschreckt. In Buchform kommt es aber deutlich besser herüber, vor allem Venedigs Schattenseiten. Aber leider ist die Ermittlung schon etwas spannungsarm geraten, zudem hatte ich früh erraten, worauf es ungefähr hinausläuft. Außerdem ist dieser Brunetti mir als Hauptperson auch ein wenig zu zahm geraten (auch wenn er hin und wieder aus dieser Rolle ausbricht), um mich jetzt an die aktuell 25 weiteren Bände der Reihe zu begeben. Aber schlecht war es nicht.

Venezianisches Finale | Erstmals erschienen 1993
die gelesene Ausgabe erschien 2006 im Rahmen der Süddeutsche Zeitung Kriminalbibliothek
240 Seiten
Aktuell erhältlich im Diogenes Verlag
352 Seiten | 12.- Euro
ISBN 978-3-257-22780-2
Bibliographische Angaben & Leseprobe

Wertung: 3.0 von 5.0 
Kategorie: Krimi

 

David Whish-Wilson | Die Ratten von Perth

Perth, Westaustralien 1975: Eine Bordellbesitzerin wird in ihrem Auto erschossen, mutmaßlich sind Polizisten in den Mord verwickelt. Doch in diese Richtung wird erst gar nicht ermittelt. Polizei-Superintendent Frank Swann belastet mehrere Kollegen und es wird eine Royal Commission, ein Untersuchungsausschuss, gebildet. Doch Swanns Zeugen ziehen einer nach der anderem ihre Aussage zurück und so wird der Ausschuss zum Tribunal gegen Swann. Gleichzeitig verschwindet zudem Swanns jugendliche Tochter spurlos.

Australien scheint ein Pflaster für sehr polizeikritische Krimiautoren zu sein. Auch David Whish-Wilson haut in diese Kerbe, seine Story spielt in den wilden Siebzigern als in Westaustralien dank des Rohstoffbooms Goldgräberstimmung herrschte und Korruption und Machtmissbrauch an der Tagesordnung war. Sein Protagonist Swann ist der Außenseiter, der Nestbeschmutzer, der nun kalt gestellt werden soll. Keine völlig neue Plotidee, aber schnörkellos, hart und lakonisch erzählt, außerdem ist Perth ein interessanter, noch nicht ausgetretener Schauplatz. Das hat mir bis auf das etwas hastige Ende gut gefallen, vor allem auch die Figur Harold Partridge, der unabhängige Vorsitzende Richter der Kommission, aus dessen Perspektive ein Teil des Romans geschrieben ist. Die Ratten von Perth ist übrigens der erste Teil einer dreiteiligen Reihe um Frank Swann.

Die Ratten von Perth | Erschienen am 7. August 2017 im Suhrkamp Verlag
ISBN 978-3-518-46805-0
297 Seiten | 9,95 Euro
Bibliographische Angaben & Leseprobe

Wertung: 3.5 von 5.0 
Kategorie: noir/hardboiled

 

Harry Bingham | Fiona. Als ich tot war

Fiona Griffiths ist Polizeibeamtin in Cardiff und arbeitet an einem scheinbar totlangweiligen Fall von Lohnabrechnungsbetrug. Doch als in diesem Zusammenhang zwei Leichen auftauchen, wird langsam klar, dass der Fall größere Ausmaße hat als bislang angenommen. Fiona lässt sich als Undercover-Agentin ausbilden und wird als Fiona Grey in die Organisation eingeschleust. Sie erzielt erste Teilerfolge, kann wichtige Beweismittel sichern, aber sie will mehr, sie will auch die Drahtzieher hochnehmen und ist dafür bereit, große Risiken einzugehen.

Harry Binghams Reihe um Fiona Griffiths umfasst im Original inzwischen schon sechs Bände. Auf Deutsch sind die ersten beiden Bände bereits vor einigen Jahren erschienen, ohne ganz großen Erfolg. Nun erfolgt beim Rowohlt Verlag mit dem neu übersetzten vorliegenden dritten Band ein Neustart.

Fiona. Als ich tot war ist ein Roman, der auf seine komplexe Ich-Erzählerin zugeschnitten ist, eine junge Frau, die nicht so recht weiß, wer sie ist, was sie fühlen soll, aber trotz aller Krankheit und auch Depression eine Zähigkeit und Kraft ausstrahlt, die beeindruckt. Bingham scheut sich aber nicht, auch den Fall relativ komplex zu erzählen, mit einem ungewöhnlichen Verbrechen als Thema und einem authentisch erscheinenden Blick auf die Polizeiarbeit. Das gelingt trotz mancher Längen zumeist ordentlich, die Spannungsmomente sind wohl dosiert. Insgesamt ein guter Kriminalroman, bei dem vor allem die Hauptfigur herausragt.

Fiona. Als ich tot war | Erschienen am 22. September 2017 bei Wunderlich im Rowohlt Verlag
ISBN 978-3-805-20016-5
512 Seiten | 19,95 Euro
Bibliographische Angaben & Leseprobe

Wertung: 3.5 von 5.0
Kategorie: Krimi

Rezension 2 bis 4 und Fotos von Gunnar Wolters.

Weiterlesen: Abgehakt | September 2017

4 Replies to “Abgehakt | Dezember 2017”

  1. Fiona ist schon der dritte Teil einer Reihe? Puh… merkt man das arg?

    Die Ratten von Perth hab ich ungefähr 5mal angefangen und bis jetzt noch nicht geschafft, durchzulesen. Lag aber vermutlich eher an den Zeitpunkten als am Buch selbst… nichtsdestotrotz besteht die Frage, ob ich das noch jemals weiter-/auslese….

    1. Bei Fiona merkt man es nicht wirklich. Kann man ohne Probleme mit beginnen.
      Ich bin ja sehr konsequent beim Lesen und breche eigentlich nie ab. Mit den „Ratten von Perth“ hatte ich aber auch kein Problem (habe aber auch schon andere Meinungen gehört).

    2. Mir ging es zu Beginn ähnlich wie Christina mit den Ratten von Perth, ich fand es arg zäh und monoton. Trotzdem hat mich die Geschichte letztlich gekriegt, aber man hätte sie durchaus etwas gewandter erzählen können. Ich habe es dann durchgezogen, bin bei 3 Sternen gelandet, und will den nächsten Teil auf jeden Fall noch lesen, die Story war wirklich toll, nur eben der Schreibstil war nicht so ganz meins.

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