Best of 2024
Bevor wir ins frische Krimijahr starten, werfen wir natürlich traditionell einen Blick zurück auf das vergangene Jahr und präsentieren euch unsere Lieblingskrimis aus 2024. Wir haben unser Pensum aus dem Vorjahr nicht ganz halten können, aber dennoch genug Auswahl, um euch jeweils eine Top 3 zu präsentieren. Beginnen wir mit Andys Empfehlungen.
Andys Top 3 in 2024
Da sind wir wieder am Jahresende und werfen einen Blick zurück auf das Lesejahr 2024. Quantitativ gar nicht so schlecht, noch nie habe ich so viele Bücher gelesen und gehört wie dieses Jahr. Es hätten noch mehr sein können, aber einige Sportereignisse wollten auch konsumiert werden. Qualitativ leider viel Durchschnittliches, besonders im Hörbuch-Segment habe ich noch nie so viel abgebrochen. Aber es gab auch verlässlich Gutes wie Don Winslows letzten Roman und Abschlussband seiner Mafia-Trilogie „City in Ruins“, in dem er seinen Helden auf eine Reise über Las Vegas bis zum Ursprung Rhode Island schickt. Oder neu Entdecktes wie „Das Haus am Gordon Place“, ein spannender Spionage-Thriller auf zwei Zeitebenen, der uns in die Abwasserkanäle des Wiener Untergrunds führt von Karina Urbach. Eine Autorin, die ich definitiv im Auge behalten werde. Die Höchstwertung mit voller Punktzahl gab es tatsächlich nur einmal und zwar für …
Hervé Le Corre – Durch die dunkelste Nacht
Der in Frankreich bereits mehrfach preisgekrönte Autor hat einen realistischen Polizeiroman vorgelegt, in dem wir drei Menschen durch die Nacht begleiten, deren Schicksale sich im Laufe der Seiten kreuzen. Selten passte ein Titel besser. Es wird immer düsterer und bitterer mit nur wenigen Hoffnungsschimmern. Trotzdem hat mich der Thriller in den Bann gezogen, klebte ich aufgrund der Sprachkraft an den Seiten. Das lag an den präzisen Dialogen, einfühlsamen Beobachtungen, kein Wort wollte ich missen. Ein außergewöhnlicher Roman von hoher literarischer Substanz. Gnadenlos und desillusioniert.
Rebecca F. Kuang – Yellowface
Ganz anders dagegen hat mich der rasante Verlagswelt-Thriller des aktuellen Shooting-Stars der amerikanischen Buchwelt überrascht, in dem eine erfolglose Autorin das Werk einer verstorbenen Autorin als ihres ausgibt und wie nach Riesenerfolg plötzlich die Stimmung kippt. Wie lässig Kuang Themen wie Aneignung fremder Werke, Alltagsrassismus und kulturelle Aneignung zur Sprache bringt, dazu die Einblicke in die Verlagswelt und für mich besonders interessant in die Rezensionskultur der Sozialen Medien hat mich begeistert, auch wenn die Geschichte zum Ende hin etwas schwächelt. Pointiert und scharfzüngig.
James Kestrel – Bis in alle Endlichkeit
Zum Jahresende noch ein Highlight, dessen ausführliche Buchbesprechung im neuen Jahr nachgeliefert wird. Ganz anders als „Fünf Winter“ hat mich der Autor trotzdem wieder mit seinem bildhaften Erzählstil begeistert und scheint sich zu einem neuen Lieblingsautor zu mausern. Wir haben es hier mit einem klassischen Hardboiled zu tun, in dem der Autor die traditionelle Detektivfigur in die Gegenwart und damit in ein modernes Setting transferiert. Atemlos habe ich die Ermittlungsarbeiten des coolen Einzelgängers in San Francisco verfolgt und bei den Verfolgungsjagden mitgefiebert. Lässig und temporeich.
Gunnars Top 3 in 2024
Rein intuitiv würde ich sagen, dass ich schon bessere Lesejahre hatte als 2024. Viele Highlights hatte ich ausnahmsweise bei Sachbüchern (außerhalb des Krimibereiches), die ich in diesem Jahr immer mal gelesen habe. Hinzu kommen zwei starke Romane, die ich im Januar und Februar gelesen habe, die aber schon 2023 erschienen sind und daher im meiner Wertung nicht mehr auftauchen. Doch „Der letzte Wolf“ von S.A. Cosby und „Primat des Überlebens“ von Les Edgerton seien an dieser Stelle trotzdem nochmal empfohlen. Ebenfalls nochmal ans Herz legen möchte ich die Reihe um die Skelfs, Bestattungsunternehmerinnen und Privatdetektivinnen aus Edinburgh, von Doug Johnstone, von der im November Band 3 erschienen ist. Ebenso wie bei Andy habe auch ich nur einmal die volle Punktzahl vergeben, sodass dies hier eindeutig mein Krimi des Jahres ist:
Lavie Tidhar – Maror
Ein epischer Roman voller Wucht und Härte, in der mehrere Jahrzehnte der israelischen Staatsgeschichte neu erzählt werden, nämlich als Geschichte von Korruption, Realpolitik und Verwebungen zwischen staatlichen Akteuren und organisiertem Verbrechen. Wie eine Spinne im Netz sitzt der Kriminalbeamte Cohen. Eine bittere Reise durch die israelische Geschichte mit bemerkenswerter Akribie in Sachen Schauplätze, historische Ereigisse und Popkultur. Der israelische Autor Lavie Tidhar hat diesen Roman in englischer Sprache verfasst. Eine Übersetzung ins Hebräische gibt es bislang nicht, der Autor selbst hält sein Land dafür noch nicht reif.
Alan Parks – Die April-Toten
Eine Reihenfortsetzung, auf die ich mich in diesem Jahr sehr gefreut habe und die meine Erwartungen nicht enttäuscht hat, war dieser vierte Band um den Glasgower Cop Harry McCoy in den 1970er Jahren. Zunächst erschienen die ersten drei Bände bei Heyne Hardcore, nach der Schließung des Verlags war unklar, was mit den weiteren Büchern der Reihe passiert. Nun hat die Reihe eine Heimat im Polar Verlag gefunden. Band 4 führt den Reiz der bisherigen Bände nahtlos weiter: Ein hartgesottener Bulle, die düsteren Seiten Glasgows, staubtrockene Dialoge, temporeich, schwarzer Humor und viele historische und popkulturelle Anleihen. Harry McCoy is back und das ist gut so.
Holger Karsten Schmidt – Finsteres Herz
Zuletzt bringe ich noch einen deutschsprachigen Autor in die Top 3. Holger Karsten Schmidt hat nach die Toten von Marnow erneut seine Ermittler Mendt und Elling zum Einsatz gebracht und einen sehr klugen und packenden Krimi über Menschenhandel geschrieben. Besonderer Kniff sind die Actionszene mit dem Schusswechsel in einem Safe House direkt zu Beginn des Buches und die zahlreichen Rückblenden und Zeitsprünge, denn die Protagonisten sind aufgrund derAnfangsszene schnell außer Gefecht gesetzt. Diese Roman wurde auch vom Autor selbst fürs Fernsehen adaptiert und lieferte die vielleicht beste öffentlich-rechtliche Krimiserie des Jahres ab.
Weiterlesen I: Die Preisträger des Deutschen Krimipreises 2024
Weiterlesen II: Die Krimijahresbestenliste 2024