Adrian McKinty | Alter Hund, neue Tricks (Band 8)

Adrian McKinty | Alter Hund, neue Tricks (Band 8)

„Sie können ruhig schlafen gehen, Sir. Ich bringe das hier zum Abschluss. Alles ziemlich offensichtlich, wie Sie schon sagten, da bin ich mir sicher“, sagte ich.
Da konnte man mal sehen, wie eingerostet ich schon war. So etwas sagte man nicht, wenn die Götter, das böse Omen und das Schicksal zuhörten. Niemals. Was hast du dir dabei gedacht, Duffy? Du Blödmann. (Auszug S.38)

Es ist 1992 und Sean Duffy verbringt eigentlich ein inzwischen beschauliches Leben. Mit Frau (na ja, geheiratet hat er dann doch noch nicht) und inzwischen fünfjähriger Tochter ist er über die Irische See nach Schottland gezogen. Im Polizeidienst ist er nur noch Teilzeitkraft, sechs Tage im Monat, und bis zu den Pensionsansprüchen nach zwanzig Jahren Dienstzeit sind es nur noch zweieinhalb Jahre. So werden er und sein Kumpel John „Crabbie“ McCrabban eher im Innendienst eingesetzt. Doch da der leitende Inspektor Lawson im Teneriffa-Urlaub weilt, soll sich Duffy einen Tötungsfall mal näher anschauen.

Auf den ersten Blick eine klare Sache: Ein Jaguar wurde von einem Landhaus gestohlen. Der Besitzer wollte den Raub verhindern und wurde von dem/den Carjackern erschossen. Doch Duffy fallen spontan ein paar Ungereimtheiten auf, unter anderem ist der Name, mit dem der Tote das Haus gemietet hat, nicht sein richtiger. Der Mann war offenbar Künstler, Landschafts- und Porträtmaler, aber wie konnte er seinen Lebensstil und zwei Radierungen von Picasso im Wohnzimmer finanzieren? In der Telefonliste taucht eine merkwürdige Nummer auf, mit der offenbar sehr regelmäßig telefoniert wurde. Die Nummer gehört zu einer Telefonzelle im irischen Dundalk. In der Nachbarschaft wohnt Brendan O’Roarke, Mitglied des Armeerats der IRA.

Völlig zwecklos, Verstärkung anzufordern. Die würden doch nur alles vermasseln. Die Trottel vom Revier? Vergiss es. Die Schafsköpfe von der Schnellen Eingrifftruppe oder von Special Branch? Amateure. Der Einzige, dem Spiegel-Duffy vertraute, war Crabbie, und den wollte niemand hier reinziehen.
Duffy solo. Wie in alten Zeiten. (Auszug S.216)

Man fürchtete ja schon das Schlimmste, als Adrian McKinty nun dank eines neuen amerikanischen Agenten mit seinem „The Chain“ unter die Bestseller-Autoren gegangen war. Es sei ihm unbedingt gegönnt, aber die einhellige Meinung der Kenner seiner Bücher war, dass „The Chain“ zu sehr dem Mainstream frönte und er damit unter seinen Möglichkeiten blieb. Gefürchtet wurde vor allem um seine Sean-Duffy-Reihe, die er aber zum Glück doch noch (ein bisschen) weitermacht.

Begonnen hatte die Reihe ja 1981 und inzwischen haben in Band 8 die Neunziger erreicht. Alles entwickelt sich weiter, aber Duffy bleibt sich zum Glück treu (auch wenn er die Musik von diesen Typen aus Seattle gar nicht so übel findet). Einen Fall, den er einmal in den Fingern hat, gibt er so einfach nicht ab – auch wenn er von seinen Vorgesetzten dazu aufgefordert wird und es gefährlich werden könnte. Diesmal pfeifen die Spatzen von den Dächern, dass es Bewegung bei den Konfliktparteien der „Troubles“ gibt. Friedensgespräche vielleicht. Doch natürlich gibt es auch die Falken, die auf keinen Fall der anderen Seite entgegenkommen wollen. Und einer dieser Falken ist Brendan O’Roarke.

Mit Sean Duffy bin ich ja nun schon eine Weile unterwegs und werde dieser Reihe nicht müde. Dieser Mischung aus Kriminalfällen voller Finesse und brisanter Action, dem historischen Hintergrund des Nordirland-Konflikts, dem Zeitgeist der 80er und frühen 90er und dem bissig-ironischem Sprachwitz gepaart mit einer lässigen Hauptfigur, kann man sich kaum entziehen. Sehr erfreulich, dass Autor Adrian McKinty und sein Übersetzer Peter Torberg im Laufe der Reihe auch ihre Form nicht verlieren. Somit ist auch „Alter Hund, neue Tricks“ wiederum ein richtig guter Kriminalroman geworden.

 

Foto und Rezension von Gunnar Wolters.

Alter Hund, neue Tricks | Erschienen am 29.09.2020 im Suhrkamp Verlag
ISBN 978-3-518-47060-2
368 Seiten | 15,95 €
Originaltitel: Hang On St. Christopher
Bibliografische Angaben & Leseprobe

Weiterlesen: Rezensionen von Gunnar zu Band 3 (Die verlorenen Schwestern), Band 4 (Gun Street Girl), Band 5 (Rain Dogs) und Band 6 (Dirty Cops) der Sean-Duffy-Reihe

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert