Steve Hamilton | Das zweite Leben des Nick Mason

Steve Hamilton | Das zweite Leben des Nick Mason

„In der Nacht da am Hafen“, sagte Cole, der immer noch vor ihm stand. „Wir wissen beide, was du da verloren hast. Deine Frau. Deine Tochter. Alles, was du hattest.“[…]
Ich muss das machen, dachte Mason. Ich muss die Chance ergreifen. Koste es, was es wolle.
„Aber hör mir genau zu, ehe du antwortest“, sagte Cole. „Es ist wichtig, dass du verstehst, was ich sage. Dieser ganze Quatsch von wegen niemand besitzt dich? Damit ist jetzt Schluss. Du legst dir eine neue Scheißdenkweise zu. Du machst den Vertrag mir mir, du bekommst zwanzig Jahre, die du nicht hier abzusitzen brauchst. Aber in diesen zwanzig Jahren… gehört dein Leben nicht mehr dir.“
Cole beugte sich zu Mason herunter, so dicht, dass seine Stimme ein tiefes Grollen in seinem Ohr war.
„In den nächsten zwanzig Jahren gehört dein Leben mir.“ (Auszug Seite 105)

Nick Mason war eigentlich raus aus dem Business. Früher hatte er Autos und Safes geknackt, doch er hatte eine Familie gegründet und sein kriminelles Leben hinter sich gelassen. Doch dann reizte ein letzter großer Coup mit den alten Kumpels. Der ging schief, ein Polizist starb. Nun sitzt Nick seit fünf Jahren ein, noch voraussichtlich 20 Jahre liegen vor ihm. Da bietet ihm der Mithäftling und heimlicher Herrscher über den Knast, Darius Cole, einen Deal an: Cole sorgt für Nicks Freilassung, dafür steht Nick ihm für die kommenden zwanzig Jahre zur Verfügung.

Nick nimmt den Deal an und schließt damit natürlich einen Pakt mit dem Teufel. Als er draußen ist, wird er zwar in einem schicken Townhouse einquartiert und großzügig mit Geld versorgt. Doch Cole Statthalter Quintero drückt ihm ein Handy in die Hand und macht ihm deutlich, dass er alle Anweisungen hieraus umgehend zu erfüllen hat. Und es dauert nicht lange, da klingelt das Handy und Nick erhält seinen ersten Auftrag: Einen Mord.

Eigentlich sollte man sich neuen Büchern ja unvoreingenommen nähern. Aber leider klappt das viel zu selten. Man wälzt Vorschauen, vergleicht Klappentexte und erinnert sich an vorherige Glanzleistungen des Autors. Und so kommt es manchmal zwangsläufig, dass ein Buch nicht ganz den hohen Erwartungen entspricht. Was habe ich mich auf dieses Buch gefreut, das eigentlich schon für letztes Jahr angekündigt war. Der Autor Steve Hamilton hatte mich nämlich bei seinem letzten (ins Deutsche übersetzte) Werk mal so richtig gepackt: Der Mann aus dem Safe war für mich einer der besten Thriller der letzten Jahre. Eine irre Gangsterstory, ein Coming-Of-Age-Roman, eine Liebesgeschichte. Hart, witzig, berührend und originell.

Nun folgt mit Das zweite Leben des Nick Mason der Auftakt zu einer neuen Reihe. Und leider muss ich für mich feststellen, dass es mit der Originalität hier nicht so weit her ist. Viel zu viele Momente in diesem Thriller sind altbekannt oder gar vorhersehbar. Das beginnt schon bei der Figur des Nick Mason. Er wird einfach viel zu zwanghaft als „gar nicht übler“ Gangster skizziert. Beim letzten Coup hereingelegt, zwar ein taffer Typ, aber kein Gewaltverbrecher. Er sehnt sich nach Frau und Kind (die ihn fünf Jahre lang nicht besucht und sich umorientiert haben – was der Leser deutlich vor Nick erahnt). Und die Typen, die er umlegt, das sind ja wohl mal richtig miese Kerle. Beim ersten Mal ist es ja quasi Notwehr gewesen. Auch sonst lauern genretypische Versatzstücke wie der allmächtige Gangsterboss im Knast oder die korrupte Polizei-Sondereinheit.

Vielleicht wäre mein Urteil erheblich milder, wenn ich nicht vorher Der Mann aus dem Safe gelesen hätte. Hamilton kann schreiben, ohne jede Frage. Grundsätzlich ist Das zweite Leben des Nick Mason ein Pageturner, sehr rasant, liest sich flott weg. Aber man hat immer wieder ein Déjà-vu (oder „Déjà-lu“), alles kommt mir schon mal gesehen oder gelesen vor. So bin ich dann doch ein wenig enttäuscht.

 

Rezension und Foto von Gunnar Wolters.

 

Das zweite Leben des Nick Mason | Erschienen am 1. März 2017 bei Droemer Knaur
ISBN 978-3-42630-498-3
336 Seiten | 14,99 Euro
Bibliographische Angaben & Leseprobe

Weiterlesen: Gunnars Rezension zu Steve Hamiltons Roman Der Mann aus dem Safe

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