Michael Robotham | Erlöse mich
Er ist dein Beschützer. Er ist dein Erlöser. Und er will dich vernichten.
Ich habe mich verliebt, und ich bin ihr gefolgt. Sie sah mich nicht. Sie wusste nicht einmal von meiner Existenz. Jetzt bin ich die wichtigste Figur in Marnies Leben, doch sie weiß es noch nicht. Ich bin der, der aufpasst.
Seit ihr Mann Daniel vor einem Jahr spurlos verschwand, liegt ein schwarzer Schatten über dem Leben von Marnie Logan. Aber sie leidet nicht nur unter der quälenden Ungewissheit über sein Schicksal – immer wieder übermannen sie plötzlich Ängste, immer wieder beschleicht sie das Gefühl, beobachtet zu werden. Deshalb sucht sie auch Hilfe bei dem Psychologen Joe O’Loughlin, der aber schnell den Verdacht hat, dass Marnie ihm etwas verschweigt.
Als eines Tages überraschend ein Album mit Fotos alter Freunde und Bekannter entdeckt wird, das Daniel seiner Frau zum Geburtstag schenken wollte, ist Marnie zunächst gerührt. Doch dann kommt die grausame Geschichte dahinter ans Tageslicht, die auch Joe zutiefst erschüttert.
Michael Robotham schafft es auch mit seinem aktuellen Thriller »Erlöse mich«, psychologische mit kriminologischen Handlungssträngen zu verbinden und einen Spannungsbogen aufzubauen, der den Leser nicht mehr loslässt.
In diesem Thriller ist Marnie Logan die Hauptperson, eine junge Frau mit zwei Kindern, deren Mann seit einem Jahr verschwunden ist. Sie versucht, ihre Familie mit einem Job als Kellnerin über Wasser zu halten (hierbei lernt sie Professor O’Laughlin kennen, dessen Patientin sie seit kurzem ist), wird jedoch von einem Gläubiger ihres Mannes dazu erpresst, zur Begleichung seiner Spielschulden als „Escort-Dame“ zu arbeiten. Zu den vereinbarten Treffen wird sie von einem Chauffeur gebracht, der im Anschluss die Hälfte ihrer Gage kassiert.
Bei ihrem letzten Einsatz lernt sie einen Mann kennen, der sie zwar als Escort-Dame engagiert hat, bei ihrem Treffen jedoch nur reden will. Sie erkennt dabei, dass er kurz davor ist, Selbstmord zu begehen und versucht ihr Möglichstes, ihn davon abzubringen – was ihr anscheinend auch gelingt. Sie verlässt ihn, ohne die vereinbarte Gage anzunehmen. Das bekommt ihr nicht sonderlich, da ihr Chauffeur ihr nicht nur verbal klar macht, dass er mit solchen Arrangements nicht einverstanden ist.
Die körperlichen Folgen fallen bei ihrer nächsten Sitzung mit Professor O’Laughlin, zu dem sie wegen Angstattacken und Aussetzern in Therapie gegangen ist, sofort auf. Sie berichtet nach einigem Zögern, was vorgefallen ist und sie sich daher entschlossen hat, trotz des auf sie ausgeübten Drucks keine weiteren Termin als Escort-Dame mehr anzunehmen. Wie sie ihm mitteilt, will sie versuchen, eine Auszahlung der Lebensversicherung ihres Mannes, den sie für tot hält, zu erreichen, um so eine Begleichung Ihrer Schulden und einen finanziellen Neuanfang möglich zu machen. Da ihr Mann jedoch erst ein Jahr vermisst wird, geht das Versicherungsunternehmen auf ihren Wunsch nicht ein. Zu der weiterhin finanziell ungesicherten Zukunft kommt jedoch noch ein größeres Problem auf sie zu: sie erhält einen Besuch eines Detective Inspectors, der sie nach einem Alibi für den vergangenen Abend befragt. Wie sich herausstellt, wurde der Chauffeur des Escort-Service, der ihr kurz zuvor die Verletzungen beigebracht hat, ermordet.
Im Laufe der weiteren Handlung wird immer klarer, dass Personen, die in der Vergangenheit ihr Leben negativ beeinflusst hatten, teilweise mehr als schlimme Erfahrungen machen mussten; alle erhielten eine Postkarte mit der Botschaft „Rache ist süß“. Und nicht nur das: nach dem Mord an dem Chauffeur sterben auch weitere Personen, unter anderem der Hausmeister des Hauses, in dem Marnie wohnt. Dieser versuchte – da er von Ihrer Tätigkeit als Escort-Dame erfahren hatte – sie zu sexuellen Handlungen zu erpressen.
Hinzu kommt, dass in die Praxis von Professor O’Laughlin eingebrochen wurde, hierbei wurde die Akte von Marnie entwendet.
Er steht nun vor der Frage: ist die Marnie, die er kennen gelernt hat, tatsächlich die unschuldige Person, als die er sie bisher eingeschätzt hat? Und falls nicht, was steckt dahinter? Als er durch Zufall von einer psychologischer Behandlung seiner Patientin in der Kindheit erfährt, bittet er den damals zuständigen Arzt, ihm seine Unterlagen auszuhändigen und stellt fest, dass Marnie als Kind eine gespaltene Persönlichkeit hatte. Diese zweite, aggressive Persönlichkeit mit dem Namen Malcolm entstand, als Marnie den Unfalltod ihrer Mutter miterleben musste, bei dem auch das noch ungeborene Geschwisterkind starb.
Ist dieser Malcolm, der laut Akte des Arztes während der Behandlung in der Kindheit verdrängt werden konnte, wieder da? Was hat es mit dem imaginären Freund des kleinen Sohnes von Marnie zu tun, mit dem dieser immer im Kleiderschrank spielt und der auch Malcolm heißt, auf sich? Und welche Rolle spielt der Mann, den sie bei ihrem letzten Einsatz als Escort-Dame vor dem Selbstmord bewahrt hat? Dieser tritt im Laufe der Handlung jedenfalls mehrfach als Helfer in der Not in Erscheinung. Professor O´Laughlin steht vor einer schwierigen Aufgabe, bei der ihm auch sein Freund, der pensionierte Kriminalbeamte Ruiz, wieder zur Seite steht.
Michael Robotham sorgt für Verwirrung bei den Lesern, zumal es bekannt ist, dass es Menschen mit Persönlichkeitsspaltungen tatsächlich gibt.
Der Fall enthält einige Überraschungseffekte und ungeahnte Entwicklungen, die Spannung lässt zu keiner Zeit nach und sorgt dafür, dass man es als Leser kaum erwarten kann, die Auflösung zu erfahren.
Fazit: für Freunde des Psychothrillers sehr empfehlenswert!
Rezension von Monika Röhrig.
Erlöse mich | Erschienen am 23. Juni 2014 bei Goldmann
448 Seiten | 14,99 Euro
Leseprobe
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