Isabella Bach | Die stille Wut der Tante

Isabella Bach | Die stille Wut der Tante

Im Internet hatte sie gelesen, dass bei zwanzig Prozent der Infizierten die Phase der rasenden Wut fehlte und die Erkrankung gleich mit Lähmungserscheinungen begann. Diesen Verlauf nannte die Medizin stille Wut. (Auszug Seite 182)

Valentina Bergh ist 35 Jahre alt und arbeitet als Chefsekretärin bei einer Bank in Frankfurt am Main. Wegen ihrer Krankheit Fibromyalgie fehlt sie jedoch oft und wird gekündigt. Valentina ist es leid, sich wieder eine neue Stelle zu suchen und nach dem Rat ihrer Tante Konstanze Schilling bricht sie in Frankfurt alle Zelte ab und zieht zu der Krimiautorin nach Berlin-Hermsdorf. Dort möchte sie ebenfalls ihrer Leidenschaft zum Schreiben nachgehen. Als sie endlich in Berlin ankommt, ist die Tante allerdings spurlos verschwunden. Ebenso ihr Hund Liebling.

Von den Nachbarn erfährt Valentina, dass Konstanze nach ihrer Hornhaut-Transplantation erneut ins Krankenhaus eingeliefert wurde und dort verstorben ist. Da es ein so plötzlicher Tod war, wird die Polizei hinzugezogen, die eine Obduktion veranlasst. Dabei kommt heraus, dass Tollwut der Auslöser war. Hauptkommissar Daniel Singer vermutet, dass die Autorin sich bei einem Tier angesteckt hat, kann Fremdeinwirkung allerdings auch nicht ganz ausschließen. Es gibt keine stichhaltigen Beweise und deshalb wird der Fall zu den Akten gelegt. Damit will sich Valentina nicht zufrieden geben und ermittelt mit ihrer Freundin Frederike Singer, der Nichte des Kommissars, auf eigene Faust.

Bei den Ermittlungen geraten nacheinander alle Nachbarn ins Visier. Die Haushälterin Hertha Koch, die auf das Haus der Autorin scharf ist, damit sie eine sichere Zukunft für ihren behinderten Sohn Yogi hat, und Valentina bestiehlt. Der Apotheker Wilhelm Blank, der unerwiderte Gefühle für die Tante hatte und mit seinen homöopathischen Medikamenten sicherlich auch jemanden vergiften könnte. Der Finanzberater und Notar von Konstanze, deren Avancen ebenfalls zurückgewiesen wurden und es dann mit einem Abendessen bei Valentina versucht oder doch Professor Lukas Roth, der behandelnde Arzt, der kurz vor dem Tod von Konstanze Frau und Tochter durch eine asiatische Grippe verloren hat? Durch Yogi und die kleine Nele aus der Nachbarschaft kommen zufällig Hinweise ans Tageslicht.

Ich finde die gesamte Erzählung vorhersehbar und wenig spannend. Außerdem ist sie wenig emotional. Valentina hat den wichtigsten Menschen in ihrem Leben verloren, aber die Trauer kommt bei mir nicht an. Die Orts- und Straßenbeschreibungen sind sehr detailliert, das hat mir gefallen. Valentina finde ich sympathisch. Ab und zu wird ihre Krankheit beschrieben, aber nicht zu aufdringlich. Die Krankheit besteht aus einem Basisschmerz in allen Gelenken und außerdem aus Symptomen wie Migräne, Magenkrämpfen, Erkältungen und Allergien. Valentina jammert auch nicht darüber, sondern stellt sich der Sache. Frederike ist ebenfalls Chefsekretärin, nur vom Charakter ganz anders als Valentina. Sie ist energisch und effizient und liebt ihren Job, bei dem sie mit ihrer Art alle um den Finger wickelt. Dagegen war für Valentina schon der Dresscode als Sekretärin und der Leitungsdruck zu viel.

Als Valentina 13 Jahre alt war, war sie sehr gut mit dem fünf Jahre älteren Daniel Singer befreundet. Von heute auf morgen kippt das Verhältnis, da Daniel scheinbar ohne Grund den Kontakt abbricht. Darüber kommt Valentina nie hinweg und findet es unangenehm, dass ausgerechnet Daniel jetzt der Ermittler in dem Fall ist. Der ganze Amselgrund in Hermsdorf, wo Tante Konstanze ihr Haus mit Garten hat, ist wie eine große Familie. Jeder Nachbar kennt den anderen und alle helfen sich. Yogi, der 37-jährgige Schwerbehinderte mit dem Verstand eines Neunjährigen, hilft im Garten bei allen Bewohnern und geht in Konstanzes Haus ein und aus. Die kleine Nele kommt regelmäßig in Konstanzes Garten, um mit der Katze Oscar Wilde zu spielen. Dadurch sieht allerdings auch jeder Nachbar, was der andere macht. Das findet Valentina teilweise ziemlich anstrengend, was ich verstehen kann.

Isabella Bach wurde als Doris Wiesenbach in Frankfurt am Main geboren. Nach einem Dolmetscherstudium war sie in ihrem ersten Leben Chefsekretärin. Heute wohnt die Autorin mit ihrem Ehemann in Berlin und schreibt Romane sowie Kurzgeschichten und Gedichte. Die stille Wut der Tante finde ich insgesamt nicht sehr überzeugend.

 

Rezension und Foto von Andrea Köster.

 

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Die stille Wut der Tante | Erschienen am 28. März 2016 bei Sutton
ISBN 978-3-95400-682-0
208 Seiten | 12,99 Euro
Bibliographische Angaben & Leseprobe

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