Kategorie: Andrea Köster

Abgehakt | März 2019

Abgehakt | März 2019

Birgit Lautenbach und Johann Ebend | Hühnergötter

Auf der Ostseeinsel Hiddensee wird in der Hochsaison ein drei Monate alter Säugling aus seinem Kinderwagen entführt. Die Mutter verständigt umgehend die beiden Inselpolizisten Daniel Pieplow und Lothar Kästner, die sofort den Ernst der Lage erkennen und sich Verstärkung von Rügen und aus Stralsund holen. Die ganze Insel ist in Aufruhe und auf der Suche nach dem Kind.

Gefallen hat mir die Spannung, die dadurch erzielt wird, dass der Täter auch zu Wort kommt und der Leser dadurch etwas im Vorsprung zu den Ermittlungen ist. Außerdem wird die Urlaubsregion authentisch beschrieben und in Gedanken konnte ich den einzelnen Schauplätzen gut folgen. Einziges Manko ist, dass es sich um einen eher kurzen Krimi handelt.

Hühnermord | Die gelesene Ausgabe erschien 2008 in 3. Auflage im Prolibis Verlag
ISBN 978-3-935263-29-0
nur noch antiquarisch erhältlich

Am 19. März 2019 erschien eine independently published Neuauflage
ISBN 978-1-79665648-0
139 Seiten | 7.99 Euro
Bibliografischer Angaben & Leseprobe

Genre: Küstenkrimi
Wertung: 4.5 von 5.0

Rezension und Foto von Andrea Köster.

 

Lars Kepler | Lazarus

Im bereits siebter Fall für Joona Linna wird es persönlich, denn unerwartet taucht in der Wohnung eines Grabschänders der Schädel seiner verstorbenen Frau in einer Gefriertruhe auf, zwischen Leichenteilen anderer. Als er dann noch Parallelen hinter einigen grausamen Morden vermutet, deren Opfer an verschiedenen europäischen Schauplätzen auftauchen, ahnt Joona, dass ein längst tot geglaubter schwedischer Serienmörder zurückgekehrt ist, um einen neuen Partner zu rekrutieren. Seine Theorie: Jurek Walter ermordet Kandidaten, die seinen Ansprüchen nicht genügten, was wiederum zur Verknüpfung der Einzeltaten zu einem Ganzen führte. Durch die Ereignisse und seine Hypothese alarmiert, setzt Joona umgehend einen wohlfein ausgearbeiteten Notfallplan für sich und seine Tochter in Gang, in den er am liebsten auch seine Freundin Saga einbeziehen möchte, aber es ist nicht jedermanns Sache, von jetzt auf gleich alle Brücken einzureißen und auf der Flucht zu leben, möglicherweise ohne die Möglichkeit auf Rückkehr ins gewohnte Leben. Joona akzeptiert Sagas Entscheidung, doch sein Vorhaben steht, denn er muss um jeden Preis seine Tochter vor Jurek Walter schützen.

Die Rahmenhandlung stimmte für mich, das Buch hat ein schönes, aufwendig gestaltetes Cover, das Auge liest mit. Leider nicht lange, denn mit Fortschreiten der Geschichte stellte sich bei mir immer mehr Unlust zum Weiterlesen ein, denn Autor Lars Kepler scheint seinen Spannungsbogen auf besonders grauenvolle Taten aufzubauen, die geradezu brutal sind (höher, schneller, weiter?). Das ließe sich noch überlesen, wenn es wenigstens flüssig voran ginge. Aber Kepler arbeitet mit teils seltsamen Satzkonstrukten und besonders die Gedanken so mancher Figur erschienen mir doch recht unlogisch.

„Der Täter muss einen gehörigen Serotoningehalt im präfrontalen Kortex und eine gesteigerte Aktivität der Amygdala haben, denkt Saga.“ (Auzug Seite 189)

Als dann auch immer häufiger noch Kommissar Zufall mitspielte, fühlte ich mich veralbert. Hätten wenigstens die Figuren ehrlichen Tiefgang, aber auch hiernach sucht man vergebens. Ich kann leider nicht beurteilen, ob sich Lazarus nur nach vorheriger Lektüre der sechs Vorgängerbände empfiehlt.

Lars Kepler ist das Pseudonym der Autoren Alexandra Coelho Ahndoril und Alexander Ahndoril.

Lazarus | Erschienen am 28. Februar 2019 im Verlag Bastei Lübbe
ISBN 978-3-785-72650-1
640 Seiten | 22.- Euro
Bibliografische Angaben & Leseprobe

Genre: Krimi
Wertung: 2.0 von 5.0

Rezension und Foto von Nora.

 

Susanne Saygin | Feinde

Der Kölner Kommissar Can Arat und seine Chefin Simone Kerkmann ermitteln in einem brutalen Doppelmord an zwei bulgarischen Roma, die offenbar auf dem Schrottstrich gearbeitet haben. Die Kommissare stellen eine Verbindung zum Bauunternehmer und Mäzen Nolden fest. Doch der einzige Zeuge, der sich bereit erklärt zu reden, landet vor einer U-Bahn. Der Staatsanwalt ist außerdem ein Karnevalskumpel von Nolden. Der Fall droht im Sande zu verlaufen, doch Can ist nicht bereit, dies zu akzeptieren und ermittelt weiter – auf Teufel komm raus.

Autorin Susanne Saygin wohnte in Köln selbst in unmittelbarer Nachbarschaft zu einem „Bulgarenhaus“, einer völlig überfüllten, heruntergekommenen Immobilie voller Arbeitssklaven. Dies inspirierte sie zu diesem packenden Krimi über Menschenhandel, Korruption und Ausbeutung, der auch sprachlich keine Kompromisse macht und die Dinge beim Namen nennt. Interessant fand ich die Wandlung des Romans, der erst als typischer Ermittlungskrimi beginnt und dann sich immer mehr auf den von Migräne geplagten und persönlich betroffenen Can fokussiert, bis hin zu seinem Road Trip nach Bulgarien auf der Suche nach der Wahrheit. Dabei beinhaltet die Story auch noch eine komplizierte Liebesgeschichte. Nur das Ende kam mir etwas zu kunstvoll oder märchenhaft vor in dieser sonst so knallharten Geschichte. Doch insgesamt ein richtig starkes, intensives Krimidebüt.

Feinde | Erschienen am 10. September 2018 im Heyne Verlag
ISBN 978-3-453-43889-7
352 Seiten | 12.99 Euro
Bibliografische Angaben & Leseprobe

Genre: gesellschaftskritischer Krimi
Wertung: 4.0 von 5.0

 

Alex Pohl | Eisige Tage

Die Leipziger Kommissare Hanna Seiler und Milo Novic ermitteln im Fall eines ermordeten russischen Anwalts. Dieser war bis vor einigen Jahren im Dunstkreis des Paten Vadim Iwanow, war danach in Ungnade gefallen. Doch der Anwalt scheint ein neues Betätigungsfeld gefunden zu haben, findet man doch in seinen Hinterlassenschaften eindeutige Bilder von minderjährigen Mädchen. Der Tote war offenbar in Mädchenhandel verstrickt und Seiler und Novic ziehen schließlich eine Verbindung zu mehreren aktuellen Vermisstenfällen in Leipzig.

Eisige Tage ist das Verlagsdebüt des erfolgreichen (Selfpublisher-)Autors Alex Pohl, bisher bekannt unter dem Pseudonym L.C. Frey. Ein grundsolider Kriminalroman mit düsterem Einschlag, für den nicht nur das Thema, sondern auch der russische Gangster Onkel Vadim sorgt, der als Bedrohung ständig im Hintergrund mitschwingt und zu dem die Polizisten eine ungesunde Beziehung entwickeln. Beide Ermittler haben wie üblich ihr Päckchen zu tragen. Der etwas monkhafte Novic, der eine grauenvolle Vergangenheit im Kosovokrieg hatte, ist (eher als seine Kollegin) aber durchaus als interessante Figur angelegt. Eine wichtige Rolle in der Geschichte spielen auch die jungen Neffen Iwanovs, die Gebrüder Karamasow (ernsthaft?). Nicht so ganz gelungen fand ich die merkwürdigen Zeitsprünge, die der Autor in der Geschichte einbaut, und die stellenweise etwas aufgesetzt wirkende Härte. Insgesamt war es aber ein durchaus ordentlicher und kurzweiliger Kriminalroman.

Eisige Tage | Erschienen am 11. Februar 2019 im Penguin Verlag
ISBN 978-3-328-10323-3 (Taschenbuch) | ISBN 978-3-641-22801-9 (eBook)
432 Seiten | 10.- Euro | 8.99 Euro
Bibliografische Angaben & Leseprobe

Genre: Krimi
Wertung: 3.0 von 5.0

 

Jurica Pavičić | Die Zeugen

Während des Kroatienkriegs im Juni 1992 führt Kreso seinen kleinen Trupp versehentlich durch ein von ihm selbst gelegtes Minenfeld. Zwei Männer sterben, Kreso selbst verliert ein Bein. Kurz bevor Kreso aus der Rehabilitation zurückkehrt, begehen einige seiner Kameraden aus Wut, Frust und Hass einen Mord an einem serbischen Unternehmer. Die 12-jährige Tochter wird Zeugin des Mordes, die Täter entführen und verstecken sie. Über Beziehungen zum angesehenen Arzt Matić gelingt es ihnen zunächst, die Tat zu vertuschen. Doch was sollen sie mit dem Mädchen machen? Kreso und auch seine Schwester, die Journalistin Lidija, werden auf den Fall aufmerksam.

Die Jugoslawienkriege waren der letzte bewaffnete Konflikt in der Mitte Europas. Ein brutaler Konflikt, dessen traumatische Ereignisse bis heute in der Region nachwirken. Die Zeugen spielt 1992 überwiegend in Split, dessen Hinterland zwischen Kroaten und Serben noch umkämpft war. Eine beengte, fast kleinstädtische Szenerie, ständig weht der Wind. Korruption und Vetternwirtschaft. Von den Bergen grollt der Krieg herunter. Der Roman ist ein aus verschiedenen Perspektiven erzählter Gesellschaftsroman, gleichwohl spannend. Sehr überzeugend ist der Blick auf die verschiedenen Figuren. Vor allem die Sicht auf die Reservisten, die perspektivlos und traumatisiert sich den niederen Instinkten ergeben, dabei aber in Kriegszeiten auf Rückendeckung von oben hoffen dürfen.

„Seit der Granatsplitter Luka umgebracht hatte, waren sie zu unbarmherzigen, männlichen Hass verurteilt. […] Sie mussten entschlossen und unbeirrbar sein, ihrem Zorn ergeben. Für andere mochte Hass eine Tugend sein, für sie war er eine Pflicht.“ Auszug Seite 40

Ein lesenswerter Roman über Hass, Wut, Scham, Schuld und Sühne, der sich aber der völligen Schwärze verweigert, sondern auch ein wenig Hoffnung verbreitet. Die Verfilmung, Svjedoci, gewann 2004 den Friedenspreis der Berlinale.

Die Zeugen | Erstveröffentlichung 1998
Die überarbeitete Neuauflage erschienen am 11. Februar 2019 im Verlag Schruf & Stipetic
ISBN 978-3-944359-44-1 | ISBN 978-3-944359-54-0 (eBook)
288 Seiten | 12.90 Euro | 5.99 Euro
Bibliografische Angaben & Leseprobe

Genre: Spannungsroman
Wertung: 3.5 von 5.0

 

Antti Tuomainen | Palm Beach, Finland

Jorma Leivo hat eine Vision: Ein Ferienparadies mit Palmen, Sandstrand und Miami-Feeling – an der finnischen Ostsee. Er hat schon einiges investiert in „Palm Beach, Finland“. Aber er braucht Haus und Grundstück von Olivia Koski. Die will allerdings nicht verkaufen. Deshalb heuert er Chico und Robin an, um Olivia ein wenig einzuschüchtern. Die treffen in Olivias Haus allerdings nicht auf Olivia, sondern auf einen Einbrecher und töten diesen versehentlich. Damit nehmen die Dinge ihren Lauf und rufen nicht nur Undercover-Cop Jan Nyman, sondern auch einen Auftragskiller, den Bruder des Getöteten, auf den Plan.

Mit Die letzten Meter bis zum Friedhof hatte mich Autor Antti Toumainen im letzten Jahr sehr überzeugt. Ein skurriler, melancholischer Roman mit interessanten Figuren, der eine gelungene Mischung aus Humor und Ernst war. Typisch finnisch. Umso mehr muss ich nach der Lektüre des aktuellen Romans Palm Beach, Finland feststellen, dass diese Mischung für mich leider bei weitem nicht erreicht wurde. Der Humor tendiert teilweise eher zu albern, die ernsthaften Momente plätschern dahin. Auch der Plot bietet nur wenig echte Überraschungen, sondern sorgt eher für Stirnrunzeln, zum Beispiel, ob der Profikiller wirklich hätte sein müssen. Am bedauerlichsten ist jedoch, dass die Figuren diesmal irgendwie blass bleiben, die Tiefe der Figuren des Vorgängers erreichen sie zu keiner Phase. So bleibt am Ende ein relativ unwitziger „komischer“ Krimi. Klingt unbefriedigend, las sich auch so.

Palm Beach, Finland | Erschienen am 22. Januar 2019 im Rowohlt Verlag
ISBN 978-3-498-06556-0
368 Seiten | 20.- Euro
Bibliografische Angaben & Leseprobe

Genre: komischer Krimi
Wertung: 1.5 von 5.0

Auch bei uns: Gunnars Rezension zum Krimi Die letzten Meter bis zum Friedhof von Antti Tuomainen.

Rezension 3 bis 6 sowie die dazugehörigen Fotos von Gunnar Wolters.

 

Weitere Ausgaben unserer Rubrik Abgehakt, Krimis kurz besprochen, findet ihr hier.

Klaus-Peter Wolf | Ostfriesennacht Bd. 13

Klaus-Peter Wolf | Ostfriesennacht Bd. 13

Sie hob die Bettdecke ein Stückchen an und sog die Luft tief durch die Nase. Der Mann in ihrem Bett roch sauer, nach Schweiß und einem Hauch von Maiglöckchen.
Sie bäumte sich in ihrem Bett auf. Ein hoffnungsvoller Schrei entfuhr ihr: „Florian!?“
Eine kräftige Hand legte sich über ihren Mund und drückte sie ins Kissen zurück. (Auszug Seite 14)

Eine Frau wird in ihrer Ferienwohnung tot aufgefunden, nachdem sie sich mit ihrem Freund gestritten hat. Alles deutet erst auf eine Beziehungstat hin, doch dann kommt es zu einem zweiten Tötungsdelikt, wieder eine Frau in ihrer Ferienwohnung. Das Auffällige an beiden Opfern ist, dass sie ein Tattoo trugen, das ihnen der Täter herausgeschnitten hat. Liegt hier das Motiv? Mitten in den Ermittlungen schaltet sich das BKA ein, denn es gab außerhalb von Ostfriesland schon weitere Morde mit diesem Muster. Ann Kathrin Klaasen hat es nun nicht nur mit einem Tatverdächtigen zu tun, sondern auch mit dem BKA, das ihre Theorien zum Fall durchsetzen will und außerdem noch mit ihrem Mann Frank Weller, der glaubt, dass seine Tochter mit ihrem neuen Freund in Gefahr ist. Plötzlich droht alles in einer Katastrophe zu enden.

Der dreizehnte Fall

Ostfriesennacht von Klaus-Peter Wolf ist bereits der dreizehnte Fall für Ann Kathrin Klaasen. Die Protagonistin ist bekannt dafür, dass sie außergewöhnliche Ermittlungsmethoden hat, mit denen sie im gesamten Land bekannt geworden ist und die sie zuverlässig zum Erfolg führen. Ich persönlich kann mich in einige Vorgehensweisen nicht so hineinversetzen und finde sie eher albern und bin froh, dass es in diesem Fall nicht so ausufert. Sie besucht ausschließlich die Tatorte, nachdem der erste Trubel vorüber ist, und versucht die Stimmung zu erfassen.

Spannung bis zur letzten Seite

Dieser Kriminalroman liest sich meiner Meinung nach sehr flüssig und ich habe ihn in kürzester Zeit verschlungen. Ich konnte gut in die Geschichte hineinfinden und auch nach einer Lesepause hatte ich keine Probleme mich an die Handlung zu erinnern. Man kann das Buch unabhängig von allen anderen Fällen davor lesen. Und das besonders Spannende an der Geschichte ist, dass der Täter wirklich erst auf den letzten zehn Seiten bekannt wird. Charmant finde ich immer wieder, dass der Autor echte Personen mit in die Handlung einbezieht, unter anderem seine Frau Bettina Göschel. Und dass handelnde Personen die eigenen Romane des Autors im Buch kaufen und lesen.

Durchwachsene Mitte

In der Mitte der Geschichte fand ich die Handlung etwas absurd, da es auf einmal gleich zwei Tatverdächtige gab: einen, den das BKA präsentiert und einen den Ann Kathrin Klaasen und ihr Team verfolgen und bei beiden konnte ich nicht wirklich glauben, dass es einer davon sein soll. Immer wieder gab es auch Passagen, in denen der Täter zu Wort kommt und wenn ich das mit den Ermittlungen verglichen habe, war ich gespannt, wie die Geschichte dann endet. Zu allem Überfluss hat Wellers Tochter einen neuen Freund, ausgerechnet der Versicherungsmakler, mit dem Weller auch schon zur Schule gegangen ist und der ihm vor Jahren eine Versicherung für seine Tochter verkauft hat, die jetzt, wo er sie dringend in Anspruch nehmen muss, völlig unnütz ist. Das schaukelt sich so hoch, dass er den Freund nicht nur missbilligt, sondern seine Tochter in regelrechter Gefahr sieht und um sie zu schützen, setzt er sich über sämtliche Dienstvorschriften hinweg, bringt sie gegen sich auf und ist am Ende kurz davor eine wirkliche Dummheit zu begehen. Auch das fand ich etwas übertrieben und Frank Weller kam mir in dieser Phase mehr als verrückt vor.

Fazit: Es gibt Höhen und Tiefen, wer aber leichten Lesegenuss mit Nordsee-Flair sucht, wird belohnt.

Klaus-Peter Wolf wurde 1954 geboren und lebt als freier Schriftsteller und Drehbuchautor in Norden (Ostfriesland). Er schreibt nicht nur Regionalkrimis, sondern auch Romane und Kinder- und Jugendbücher. Außerdem hat er unter anderem Beiträge für die Reihen „Polizeiruf 110“ und „Tatort“ geschrieben. Der Autor ist mit Bettina Göschel, einer Kinderliedermacherin, verheiratet.

 

Rezension und Foto von Andrea Köster.

Ostfriesennacht | Erschienen am 20. Februar 2019 bei Fischer Buchverlage
ISBN 978-3-596-29921-8
480 Seiten | 10.99 Euro
Bibliografische Angaben & Leseprobe

Auch bei uns: Weitere Rezensionen zu Klaus-Peter Wolfs Ostfriesenkrimis.

Katharina Peters | Fischermord Bd. 8

Katharina Peters | Fischermord Bd. 8

„Kurz darauf ging Romy zu Max hinüber und stellte sich mit verschränkten Armen neben seinen Schreibtisch. „Ich brauche ein bisschen mehr zu Fischer.“
Er wandte den Kopf und sah sie an.
„Buhl hat eine Winzigkeit entdeckt, die nicht ins Bild passt“, fuhr sie fort. „Das reicht aber nie im Leben für weitergehende Ermittlungen, da kann ich dreimal mit Jan verheiratet sein und noch so viele Steine im Brett haben beim Staatsanwalt.“ (Auszug Seite 25)

Die Ehefrau findet ihren Mann Torsten Fischer erhängt im Stall. Alles deutet auf einen Suizid hin, auch wenn sich das keiner erklären kann, denn Fischer war einfach nicht der Typ dazu. Außerdem gibt es einen weiteren, allerdings sehr schwachen, Hinweis darauf, dass es vielleicht doch kein Selbstmord war. Dieser Hinweis lässt Romy Beccare keine Ruhe. Sie setzt sich bei ihrem Vorgesetzten und seit kurzem auch Ehemann Jan Riechter durch und beginnt zu ermitteln. Dabei bekommt sie Unterstützung von Ruth Kranold, mit der Romy schon in einem früheren Fall zusammenarbeitete, die sich dann aber aus dem Polizeidienst zurückgezogen hat und nun wieder einsteigt. Schon bald entdecken beide Spuren, die auf Geheimnisse in Fischers Leben hindeuten und nach und nach wird das Lügenkonstrukt immer größer, bis es eine zweite Leiche gibt.

Ermittlungen ohne viel Drumherum

Fischermord von Katharina Peters ist der achte Fall um die Polizistin Romy Beccare auf Rügen. Nichtsdestotrotz kann der Regionalkrimi grundsätzlich auch ohne Kenntnis der vorherigen Bände gelesen werden. In der Geschichte geht es fast ausschließlich um den Fall und die Ermittlungen, nur ganz selten bekommt der Leser etwas von den handelnden Personen geschildert. Das finde ich einerseits sehr gut, denn dadurch wird sich auf das Wesentliche konzentriert und es gibt keine störende Nebenhandlung, andererseits bleiben die Protagonisten auch sehr flach. Am Ende des Buches gibt es ein Personenregister des Ermittlerteams mit kurzen Beschreibungen und in diesen stehen mehr Informationen, als in der Geschichte mitgeteilt werden. Mag daran liegen, dass es eben nicht der erste Fall ist, aber ich hätte mir ein paar private Einblicke gewünscht.

Ein sehr komplexer Fall

Am Anfang der Ermittlungen habe ich gedacht, dass die Hinweise, denen Romy und Ruth nachgehen, doch schon wirklich dünn sind und im wahren Leben wäre dem bestimmt keiner nachgegangen. Es lohnt sich aber, denn die beiden behalten Recht und es steckt mehr hinter dem vermeintlichen Suizid. Der Fall wird sehr komplex mit vielen Querverbindungen und Personen, die alle irgendwie miteinander zu tun haben. Zwischenzeitlich bin ich mit den Namen nicht mehr mitgekommen und musste immer wieder überlegen, wer das denn jetzt noch war und in welcher Beziehung er steht. Die Geschichte ist meiner Meinung nach also nicht ganz einfach zu lesen und man sollte schon konzentriert bei der Sache sein. Ansonsten liest sie sich aber flüssig und spannend.

Ende & Fazit

Das Ende mit der Auflösung ist dann wenig aufregend, was mir gefällt. Ganz sachlich wird zu Ende ermittelt und alles aufgelöst, ohne dass jemand spektakulär in Gefahr gerät, wie es oft bei anderen Krimis der Fall ist. Also insgesamt ein Kriminalroman, der sich auf die Ermittlungen konzentriert, ohne viel Schnickschnack.

Katharina Peters ist das Pseudonym für die Autorin Manuela Kuck. Sie wurde 1960 in Wolfsburg geboren und hat Germanistik und Kunstgeschichte studiert. Heute lebt Manuela Kuck mit ihrer Partnerin, zwei Hunden und vier Katzen als freie Autorin im südöstlichen Berliner Umland und veröffentlicht Regionalkrimis, Romane, Frauenliteratur und Kurzgeschichten. Außerdem ist sie zehnfache Berlin-Marathon-Finisherin und begeistert sich für Aikido, eine japanische Kriegskunst.

 

Rezension und Foto von Andrea Köster.

Fischermord | Erschienen am 15. Februar 2019 im Aufbau Verlag
ISBN 978-3-7466-3446-3
336 Seiten | 9.99 Euro
Bibliografische Angaben & Leseprobe

Auch bei uns: Rezensionen zu den Krimis HerztodTodesstrandTodeswoge und Leuchtturmmord (Bd. 5) aus der selben Reihe wie obige Rezension.

Ruth Ware | Wie tief ist deine Schuld

Ruth Ware | Wie tief ist deine Schuld

„Anstatt zu antworten, steht sie auf und geht zu dem Stapel Zeitungen, die zum Anzünden der Holzscheite neben dem Ofen liegen. Ganz oben liegt der Salten Observer, den sie uns wortlos entgegenhält. Aus ihrem Gesicht spricht all die Angst, die sie während dieses langen, weinseligen Abends verborgen gehalten hat.“ (Auszug Seite 86)

Isa bekommt eine Nachricht von ihrer Schulfreundin Kate, die sie seit vielen Jahren nicht gesehen hat, in der nur drei Worte stehen: „Ich brauche dich“. Sofort fährt Isa mit ihrer sechs Monate alten Tochter zu Kate nach Salten. In Salten waren die beiden mit Thea und Fatima vor siebzehn Jahren auf dem Internat, bis an einem Abend etwas Schreckliches passiert ist und alle vier der Schule verwiesen wurden. Dieses Geschehnis, das zu einem Geheimnis geworden ist und alle vier untrennbar miteinander verbindet, droht sie nun einzuholen und in Gefahr zu bringen. Kommt nun alles ans Licht und verliert jeder von ihnen damit seine Existenz?

Vorfreude und Erwartungen

Wie tief ist deine Schuld von Ruth Ware ist der zweite Roman der Autorin, den ich gelesen habe. Von Women in Cabin 10 war ich recht angetan und hatte mich deshalb auf diesen Thriller gefreut. Meine Vorfreude wurde nicht enttäuscht und dennoch wurden meine Erwartungen nicht ganz erfüllt. Es handelt sich hier um eine sehr flüssig zu lesende Geschichte mit kurzen Kapiteln aus Sicht von Isa. Abwechselnd befindet sich Isa in der Gegenwart oder erinnert sich an das Schuljahr in Salten. Ich bin insgesamt gut durch die Seiten gekommen und habe gern darin gelesen, dennoch hat mir eine wirklich packende Wendung gefehlt. Das Blatt dreht sich im Laufe der Geschehnisse, aber nicht so, dass es mich völlig aus den Socken gehauen hätte.

Vier Frauen

Die vier Freundinnen könnten unterschiedlicher nicht sein: Isa ist in einer festen Beziehung, mit einem sicheren und gut bezahlten Job als Juristin im Innenministerium und nun Mutter; Fatima ist verheiratet, Mutter zweier Kinder und Ärztin und seit kurzem streng buddhistisch; Thea ist mager- und alkoholsüchtig, arbeitet in einer Spielhalle und ist recht unstet in ihrem Leben und Kate, die nach dem Vorfall in dem kleinen Ort geblieben ist und sich mit den Vorurteilen und Gerüchten der Bewohner all die Jahre herumgeschlagen hat, versucht mit Malerei an Geld zu kommen. Ich persönlich kann mich mit Isa am ehesten identifizieren, aber auch die anderen sind mir nicht unsympathisch. Da das Buch aus Sicht von Isa geschildert wird, wird von ihr auch am meisten erzählt. Denn das Geheimnis hat sie in all den Jahren begleitet und das Lügengerüst, das da herum erbaut wurde, droht jetzt auch ihre Beziehung zu beeinflussen.

Eine wenig fesselnde Wendung

Am Anfang gewinnt die Geschichte an Spannung, da dem Leser noch nicht verraten wird, um was es sich genau handelt und warum die vier sich so überstürzt treffen. Es gibt immer nur Andeutungen bis ungefähr zur Mitte, dann wird endlich Klartext geredet. Diese Offenbarung fand ich persönlich dann aber gar nicht so schockierend, zumal die Gründe für mich nachvollziehbar sind und sie eben erst fünfzehn Jahre alt waren. Im letzten Drittel wird geschildert, was genau für Isa tatsächlich auf dem Spiel steht, aber das war auch nicht von Anfang an der Fall. Zum Ende kommt dann tatsächlich die Wahrheit raus, aber auch die lässt mich nicht völlig fassungslos zurück.

Fazit: Ein gut und flüssig zu lesender Thriller, der zu empfehlen ist, wenn man keine großartigen Wendungen erwartet.

Ruth Ware wuchs im südenglischen Lewes auf und lebte nach ihrem Studium an der Manchester University eine Zeit lang in Paris. Sie hat als Kellnerin, Buchhändlerin, Englischlehrerin und Pressereferentin für einen großen Verlag gearbeitet und lebt mit ihrer Familie in der Nähe von Brighton.

 

Rezension und Foto von Andrea Köster.

Wie tief ist deine Schuld | Erschienen am 30. November 2018 bei dtv
ISBN 978-3-423-26208-8
448 Seiten | 15.90 Euro
Bibliografische Angaben & Leseprobe

Auch bei uns: Rezensionen zu den Thrillern Im dunklen, dunklen Wald und Woman in Cabin 10 von Ruth Ware.

Nele Neuhaus | Muttertag

Nele Neuhaus | Muttertag

„Es ist kein Zufall. Ich habe die Daten gecheckt“, ließ Kai sich vernehmen. „Alle Frauen verschwanden einen Tag vor Muttertag, mit Ausnahme von Rianne van Vuuren. Die verschwand am Muttertag selbst.“
„Theo Reifenrath hasste den Muttertag“, sagte Pia nachdenklich. „Vielleicht deshalb, weil seine Frau diesen Tag zelebrierte, als wäre Weihnachten.“ (Auszug Seite 196)

Eher durch Zufall wird die Leiche von Theodor Reifenrath in seinem Haus entdeckt. Pia Sander und Oliver von Bodenstein vom RKI Hofheim werden dazu geholt, da erst nicht klar ist, ob es sich um eine natürliche Todesursache handelt. Bei der Untersuchung des Grundstückes werden im Hundezwinger menschliche Knochen und zwei Leichen entdeckt. Pia und Bodenstein finden heraus, dass es sich um Frauen handelt, die schon vor langer Zeit als vermisst gemeldet wurden und nie wieder aufgetaucht sind. Nach den Obduktionen liegen die Todesursachen vor und plötzlich passen noch viel mehr ungeklärte Fälle in ganz Deutschland in dieses Muster. Auffällig dabei ist, dass alle vermissten Frauen am Tag vor Muttertag verschwunden sind. Und an dem Tag hat jährlich auch Theos Frau Rita auf dem Hof ein Fest gefeiert, zu dem sie ihre Pflegekinder eingeladen hat, die sie jahrelang bei sich aufzog. War Theo Reifenrath ein Serienmörder? Und besteht jetzt keine Gefahr mehr, weil er tot ist? Denn der nächste Muttertag ist nicht mehr lange hin…

Klassischer Krimi mit viel Ermittlungsarbeit

Muttertag ist der neunte Fall um Pia Sander und Oliver von Bodenstein von Nele Neuhaus. Es handelt sich um einen klassischen Kriminalroman, in dem es hauptsächlich um die Ermittlungsarbeit und das Lösen des Falls geht. Ab und zu kann man zwischendurch auch in das Privatleben der beiden Protagonisten blicken, aber eher unterschwellig. Beide Protagonisten haben ihre privaten Probleme, aber diese nehmen nicht die halbe Handlung ein, was mir gefällt. Für Pia wird es zum Ende hin noch persönlich und deshalb kommt von ihrem Privatleben etwas mehr zum Vorschein, aber das bringt eher die Spannung.

Gut recherchierte Geschichte

Besonders aufgefallen ist mir, dass in der gesamten Geschichte viele Fachbegriffe und Abkürzungen benutzt werden, die für den Laien ausreichend erklärt werden und den Lesefluss nicht stören. Dadurch kam mir die Handlung sehr gut recherchiert vor und ich hatte das Gefühl, einen tatsächlichen Einblick in den Alltag eines Polizeireviers zu bekommen. Im letzten Teil des Buches werden auch zwei Fachbereiche sehr detailliert beschrieben, mit denen man im „normalen Leben“ gar nicht in Berührung kommt und die ich sehr interessant und vor allem glaubwürdig fand.

Viele handelnde Personen

Die Krimis der Autorin haben meistens die Herausforderung, dass es sehr viele handelnde Personen gibt und man beim Lesen leicht durcheinander kommt. Dem wurde vorgegriffen, in dem es zu Beginn des Buches ein Personenregister gibt, mit dem man sich grob orientieren kann und ich habe das auch verwendet. Aber es fiel mir in dieser Geschichte nicht so schwer den Überblick zu behalten, da ich die Protagonisten und Kollegen aus dem Kommissariat schon kannte und mir nur noch die Verdächtigen und Befragten merken musste. An einer Stelle konnte ich einen Namen nicht mehr zuordnen und auch das Personenregister half nicht, aber aus dem Kontext hat sich für mich schnell ergeben, um wen es sich handelte. Amüsant finde ich, dass Pia sich mit ihrem Mann über die Ermittlungen unterhält und dabei bemerkt, dass sie mindestens vier Opfer und drei Tatverdächtige raus streichen müsste, würde sie einen Krimi über den Fall schreiben, damit der Leser nicht den Überblick verliert;-)

Spannendes, aber nicht übertriebenes Ende

Die Geschichte kam mir trotz ihrer über fünfhundert Seiten zu keiner Zeit langatmig vor und ich habe mich durchgängig gut unterhalten gefühlt. Das Ende wird dann nochmal etwas spannender, da die Zeit quasi über Leben und Tod entscheidet, aber keineswegs übertrieben nervenaufreibend ist. Meiner Meinung nach handelt es sich um einen soliden Kriminalroman, der sehr gut recherchiert ist und von mir eine klare Empfehlung bekommt.

Nele Neuhaus wurde in Münster/Westfalen geboren, zog aber schon als Kind mit ihren Eltern in den Taunus. Ihre ersten Bücher erschienen noch als Eigendruck, bis sie dann vom Ullstein-Verlag entdeckt wurde. Neben den Taunus-Krimis um Oliver und Pia schreibt die passionierte Reiterin auch Pferde-Jugendbücher und unter ihrem Mädchennamen Nele Löwenberg Unterhaltungsliteratur. Ihre Krimis erscheinen in über 30 Ländern und wurden sogar verfilmt.

 

Rezension und Foto von Andrea Köster.

Muttertag | Erschienen am 19. November 2018 bei Ullstein
ISBN 978-3-550-08103-0
560 Seiten | 22.- Euro
Bibliografische Angaben & Leseprobe

Auch bei uns: Rezensionen zu den Nele Neuhaus-Krimis Eine unbeliebte Frau und Im Wald.