Andreas Hultberg | Der Tod vergisst nie
„Tick, tack, tick, tack, tick, tack – meine Zeit läuft ab. Ich habe keine Chance, den Lauf der Dinge aufzuhalten, denn ich bin längst auf meine ganz persönliche Zielgerade eingebogen. Aber bevor ich abtrete, gibt es noch etwas verdammt Wichtiges für mich zu erledigen. (Auszug Seite 286)
In einem Architekturbüro wurden drei Menschen erschossen. Kaltblütig und aus nächster Nähe. Bei den ermordeten Personen handelt es sich um Dr. Bock und zwei seiner Sekretärinnen. Die ersten Befragungen der Ermittler Lina Bredow und Christoph Zeller ergeben, dass Dr. Bock Affären mit vielen Frauen hatte und auch vor seinen Mitarbeiterinnen und Praktikantinnen keinen Halt gemacht hat. Außerdem weiß er, wie seine Firma viele lukrative Aufträge erhält. Wenn nötig auch durch Erpressung und Korruption.
Bei der Ermittlung finden sich schnell Theorien für ein handfestes Mordmotiv: Eifersucht der vielen Frauen, die sich mehr erhofft haben. Oder Rache seiner geschiedenen Frau. Oder Wut von Peter Steffler, ein ehemaliger Partner von Bock & Partner, der gegangen worden ist und dadurch innerhalb kürzester Zeit von ganz oben nach ganz unten gefallen ist. Die Ermittlungen laufen auf Hochtouren, aber es ergeben sich keine Indizien und Beweise. Sogar der Staatsanwalt macht schon Druck. Dann werden zwei weitere Leichen entdeckt. In einem Ferienhaus, mit derselben Waffe erschossen, aber fast bis zur Unkenntlichkeit verbrannt. Udo Greiling und seine Enkelin. Auch er hegte vermutlich Groll gegen Bock, da seine Firma durch ihn fast vor der Insolvenz stand. Und dann erfolgt ein völlig neuer Denkansatz und die Ermittlungen nehmen wieder Fahrt auf.
Die ermittelnde Mordkommission besteht aus fünf Mitgliedern, wobei Lina Bredow und Christopher Zeller die Hauptpersonen sind. Die beiden haben kein sehr gutes Verhältnis zueinander, arbeiten aber professionell zusammen. Als Christopher einen Alkoholabsturz hat und fast aus den Ermittlungen ausgeschlossen wird, stärkt ihm Lina den Rücken. Die Kollegen reden sehr umgangssprachlich miteinander, wie beispielsweise „für n Appel und n Ei“ oder „übern Nuckel gezogen“. Das finde ich recht erfrischend, ehrlich gesagt. Zeller gibt oft sarkastische und ironische Kommentare von sich und ist bei Zeugenbefragungen sprichwörtlich auch schon mal der Elefant im Porzellanladen.
Das gespaltene Verhältnis von Christopher und Lina liegt auch daran, dass Lina befördert wurde und jetzt Christophers Vorgesetzte ist. Der Posten hätte eigentlich ihm zugestanden, aber er hat seine Chance vertan. Dann trifft er unerwartet auf einem Mann, der ihm den ersehnten beruflichen Aufstieg verspricht, wenn der Fall schnell gelöst wird und zwar zu Gunsten des Unbekannten. Christopher ist geneigt den Versprechungen zu glauben, aber als er zur Besinnung kommt und erkennt, dass es sich dabei um Korruption handelt und dadurch ein unschuldiger Mensch lebenslänglich im Gefängnis landen kann, wird das Angebot zur Erpressung. Vielleicht auch dadurch entwickelt Christopher oft ziemlich abenteuerlichen Fantasien, was das Mordmotiv oder den Tathergang betrifft.
Der Tod vergisst nie von Andreas Hultberg hat mir sehr gut gefallen. Es ist ein typischer Krimi, in dem es in erster Linie um die Suche nach dem Mörder geht. Das Privatleben der beiden Kommissare wird selten und nicht sehr ausführlich beschrieben. Dadurch hatte ich als Leser nicht das Gefühl, sehr vertraut mit ihnen zu sein. Das hat der Lesefreude insgesamt aber keinen Abbruch getan. Die Ermittlungen sind plausibel geschildert und lesen sich flüssig. Die Geschichte wird aus der Perspektive von vielen handelnden Personen geschildert und die Kapitel enden oft mit einer wichtigen Erkenntnis, ohne dass sie dem Leser verraten wird. Dadurch bleibt es spannend und ich konnte das Buch nicht zur Seite legen, ohne zu wissen, was es ist. Der Prolog hat scheinbar erstmal gar nichts mit dem Fall zu tun und ich hatte ihn schon fast wieder vergessen, als das Ende mit zwei unerwarteten Wendungen überraschte, mit denen ich wirklich nicht gerechnet habe. Der Regionalkrimi aus Erfurt ist perfekt für freie Stunden im Sommer, da in der Geschichte gerade hochsommerliche Temperaturen herrschen und es kaum brutalen Schilderungen gibt.
Andreas Hultberg wurde 1963 geboren, ist verheiratet und Vater zweier Kinder. Hauptberuflich arbeitet der Autor als Zahnarzt und in seiner Freizeit widmet er sich dem Schreiben. Dieser Krimi ist sein erstes erschienenes Buch. Zuvor hat er mehrere Fachpublikationen veröffentlicht.
Rezension und Foto von Andrea Köster.
Der Tod vergisst nie | Erschienen am 3. März 2016 im Divan Verlag
ISBN 978-3-86327-034-7
352 Seiten | 12,90 Euro
Bibliographische Angaben & Leseprobe
One Reply to “Andreas Hultberg | Der Tod vergisst nie”
Klingt spannend! Der Auszug hätte auch super als Klappentext funktioniert. Also für mich zumindest 🙂