Vera – Ein ganz spezieller Fall | Staffel 2 ►
Ohne die erste Staffel Vera gesehen zu haben, habe ich mir Staffel 2 vorgenommen und alle vier Filme angesehen. Mein Fazit in knapp vorab: Der Untertitel „Ein ganz spezieller Fall“ ist wirklich doppeldeutig zu verstehen und passt wunderbar!
Detective Chief Inspector Vera Stanhope klärt ihre Kapitalverbrechen in Northumberland und North Tyneside im Norden Englands auf. Passend zur herben Landschaft besitzt auch Vera Stanhope einen eher schwer zugänglichen Charakter: Vera ist ruppig, kratzbürstig, eigenwillig und ungestüm. Ein wenig zu kurz und stämmig geraten (ihr Vater nannte sie „knubbelig“), macht sie diese „Mankos“ jedoch durch eine große Klappe, untrüglichen Spürsinn und ihre kompromisslose Hartnäckigkeit wieder wett. Vera ist zwar oftmals zu schroff, zeigt aber auch ihre einfühlsame Seite und trägt ihr Herz am rechten Fleck.
Vera wirkt sehr ambivalent. Einerseits ist sie eine herzensgute Frau mit viel Wärme, die sie auch gibt, dies jedoch „wohl dosiert“ und eher in Krisensituationen. In eine solche gerät sie unmittelbar im ersten Film der zweiten Staffel mit dem Titel „Phantomschmerzen“. Ihr erster Sergeant befindet sich mit Verletzungen im Krankenhaus. Er hatte seine Tochter aus dem brennenden Haus gerettet. Sie liegt im selben Krankenhaus im Koma, wird beatmet und ihre Chancen stehen schlecht. Eine Situation, mit der ihr Vater gar nicht umgehen kann, fühlt er sich doch verantwortlich, da er sein Kind nicht beschützen konnte. Vera versucht ihm zur Seite zu stehen, muss jedoch mit ansehen, wie er sich das Leben nimmt.
Unterstützt wird Vera Stanhope bei ihren unkonventionellen Ermittlungen von einem kompetenten – und durchaus leidensfähigen! – Mitarbeiterteam, allen voran ihr junger, attraktiver Kollege DC Joe Ashworth, mit dem sie auch über den Job hinaus ein freundschaftliches Verhältnis pflegt – soweit ihre unnahbare Art dies überhaupt zulässt.
Bezogen auf den ersten Fall versucht Joe Ashworth Vera in dieser schwierigen Situation zur Seite zu stehen, doch sie gibt sich unnahbar, obwohl sie im selben Moment merkt, dass dies wiederum verletztend wirkt. Sie hadert im Grunde selbst mit ihrer Art; jedenfalls kam es mir im Verlauf der Staffel so vor.
In jeder Folge befassen sich Vera und Joe mit einem anderen Fall. Ein Fall handelt von einem ermordeten Kollegen, der gerade erst pensioniert wurde. Ein weiterer von einem jungen Drogenopfer und in dem für mich spannendsten Fall um den Tod einer Sozialarbeiterin, die im Bereich der Familien beziehungsweise Pflegekind- / Pflegefamilienvermittlung arbeitete. Einer ihrer Schützlinge verlor sein Leben, worin Vera einen ersten Ermittlungsansatz erkennt.
Die Titelrolle der resoluten Vera Stanhope wird ideal verkörpert durch die wunderbare, vielfach preisgekrönte englische Schauspielerin Brenda Blethyn (u. a. Little Voice, Grasgeflüster, Grabgeflüster,Stolz Und Vorurteil, Abbitte), die sogar im Jahr 2003 für ihre Verdienste um das britische Theater mit dem „Order Of The British Empire“ ausgezeichnet wurde, der ja von bereits erwähnter Monarchin verliehen wird.
Der Zuschauer lernt insbesondere die Protagonistin Vera im Verlauf stückchenweise besser kennen, erfährt Einzelheiten aus ihrer Kindheit und Jugend, so dass sich ein Ansatz von Verständnis für ihre derbe Art entwickeln kann. Aber man muss sie ja nicht unbedingt ins Herz schließen, um zu sehen, dass sie eine feine Ermittlerin ist, wenn es auch erheblich an Teamwork mangelt. Da sie aber ohnehin die meiste Zeit mit Sergeant Ashworth unterwegs ist, verschafft dies den anderen eine Atempause zwischen kurz gebellten Arbeitsaufträgen und Dienstanweisungen zwischen Tür und Angel.
Was die Serie insgesamt betrifftt, muss sie sich wahrscheinlich mit ähnlich gelagerten britischen Serien wie Inspector Barnaby oder Lewis – Der Oxford Krimi messen lassen, welche in Deutschland wesentlich populärer sind. Aber eben auch deutlich anders. Sind diese Serien im beschaulichen (fiktiven) Midsomer (DCI Barnaby) und der Universitätsstadt Oxford (Lewis) angelegt, so hat es Vera im rauen Norden nicht so leicht und sonnig. Die Bilder sind wesentlich düsterer, nebeliger. Es finden keine Cricketturniere und Sommerfeste statt und es wird auch nicht per se der ungeliebte Nachbar bespritzelt und mit der Mitgabel abgemurkst. Ich würde sagen, Vera ist ernster angelegt, erfordert etwas mehr Konzentration aber bietet durchaus viel Spannung und gute Unterhaltung.
Vera – Ein ganz spezieller Fall 2 | Erschienen am 24. Juli 2015 bei Edel Motion
4 Folgen
4 DVDs | zirka 31,- Euro
Laufzeit: 356 Minuten
FSK 12
Trailer
One Reply to “Vera – Ein ganz spezieller Fall | Staffel 2 ►”
Deutlich raueres Klima – in jeder Hinsicht – als bei Barnaby und Lewis.