Matt Query & Harrison Query | Old Country – Das Böse vergisst nicht

Matt Query & Harrison Query | Old Country – Das Böse vergisst nicht

Es war ein fremdartiges Gefühl von Furcht, wie eine Ansteckung, ein Panikvirus, der nicht aus dir selbst kommt, sondern sich von außen einen Weg in dein Bewusstsein bahnt. Ich spürte einen Druck auf meinen Ohren. (Auszug Seite 309)

Eine eigene kleine Farm in der weiten Natur, Ruhe in der ländlichen Abgeschiedenheit. Für das junge Paar Harry und Sasha Blakemore geht ein Lebenstraum in Erfüllung, als sie den Zuschlag für eine Ranch in Idaho bekommen. Voller Vorfreude machen sie sich mit Jagdhund Dash auf den Weg in die Abgeschiedenheit, weit weg von ihren Familien. In den Bergen angekommen sind sie überwältigt von der traumhaft schönen Landschaft direkt vor den Ausläufern der Rocky Mountains. Die nächsten Nachbarn Dan und Lucy Steiner wohnen einige Meilen entfernt. Das ältere Ehepaar steht mit Rat und Tat zur Seite und hilft den Neuankömmlingen, sich in das Leben als Farmer einzufinden.

Das Grauen in der Idylle
Als sie die Blakemores allerdings mit einem uralten Geist konfrontieren, der in jeder Jahreszeit in unterschiedlicher Manifestation die Bewohner des Tals heimsucht, sind Harry und Sasha mehr als skeptisch. Es gibt genaue, auch schriftlich fixierte Anleitungen, um den Geist in Schach zu halten. Wenn die beiden Neufarmer sich an diese Anweisungen halten und die Rituale genauestens befolgen, würde ihnen nichts passieren. Besonders Harry weist die bevorstehenden Heimsuchungen brüsk als abwegige Spinnerei ab und fühlt sich veräppelt. Doch während Harry und Sasha sich langsam einrichten, zum Reiten, Fischen und zur Moorhuhnjagd gehen, bricht das Grauen über die Idylle herein.

Die Handlung ist in 5 Abschnitte unterteilt und folgt der Dramaturgie der Jahreszeiten. Die Perspektive, die kapitelweise zwischen Harrys und Sashas Sicht hin und her wechselt, ist in der Ich-Form verfasst. Dadurch entsteht eine dichte Psychologisierung des jungen Paares. Die Figuren sind sympathisch und authentisch, nahbar und mit Hintergrund gezeichnet. Harry ist ein Afghanistan-Veteran, in Rückblenden erfahren wir viel über die traumatischen Geschehnisse, die er auch noch nicht endgültig verarbeitet hat. Selbst mit seiner Frau, zu der er eine sehr innige und intensive Beziehung pflegt, spricht er nicht über seine Zeit als Marine in den Kriegsgebieten. So liebevoll Harry zu seiner Frau und dem Golden Retriever ist, kann er aber auch schon mal sehr hitzig und impulsiv handeln und wenn er Gefahr für seine Liebsten wittert, fühlt er sich schnell provoziert.

„Ich habe bereits Menschen erschossen, Lucy. Echte Menschen. Dass dieser verdammte … Geist echt ist, beunruhigt mich weit mehr, als einen Kerl abzuknallen, der meine Frau und mein Zuhause bedroht.“ (Auszug Seite 158)

Old Country ist ein mystischer Spannungsroman mit Gruselelementen, wobei die gruseligen Abschnitte doch überschaubar waren. Dabei schleichen sich die schaurigen Szenen langsam an und waren für mich eher skurril als gänsehauterzeugend. Das vorhersehbare Regelwerk konterkariert unweigerlich den Spannungsbogen. Das liegt daran, dass wir aufgrund der Anleitung von Dan und Lucy ja immer schon genau wissen, was passiert. Auch wenn durch Harrys teilweise ungestümes Verhalten das ein oder andere Unvorhergesehene passiert, werden die Gefahren allzu gleichförmig erzählt. Die Zeit zwischen den übernatürlichen Ereignissen war mit detaillierten Beschreibungen des alltäglichen Lebens, traumatischen Erinnerungen und Rückblenden gefüllt.

Horror im Winter
Im letzten Drittel wächst die Bedrohung und das Tempo zieht an. Die Horror-Momente im Winter werden sehr bildhaft und plastisch geschildert und zumindest meine Nackenhaare stellten sich auf. Als klar wird, dass kein Entkommen möglich ist, die Farm verlassen und irgendwo anders neu anzufangen, keine Option darstellt, spitzt sich alles zu.

Old Country ist gradlinig in einer gefälligen Sprache und einer fast heimeligen Erzählweise geschrieben. Der weitläufige Schauplatz wird anschaulich geschildert, die Verbundenheit zur Natur ist omnipräsent. Die Brüder Matt und Harrison Query nehmen sich viel Zeit für Setting und Charaktere. Ich habe immer wieder gerne zum Buch gegriffen, auch wenn es sich eher um eine gemütliche, zurückhaltende Spannung mit einer subtil bedrohlichen Aura handelt. Eine Verfilmung kann ich mir gut vorstellen und das Erfolgsteam Shawn Levy und Dan Cohen, die Macher von Stranger Things, sollen schon ihr Interesse bekundet haben.

 

Foto und Rezension von Andy Ruhr.

Old Country – Das Böse vergisst nicht | Erschienen am 15. Februar 2023 im Heyne Verlag
ISBN 978-3-45332-231-8
432 Seiten | 15.- Euro
Originaltitel: Old Country | Übersetzung aus dem Amerikanischen von Michael Pfingstl
Bibliografische Angaben & Leseprobe

 

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