Camilla Läckberg | Die Schneelöwin
Ein junges Mädchen läuft schwerverletzt auf die Landstraße. Sie wird von einem Auto erfasst und stirbt wenig später im Krankenhaus. Ihr Körper zeigt Zeichen schwerster Misshandlungen. Weitere Mädchen werden vermisst. Auf der Suche nach dem Täter bittet Kommissar Patrik Hedström seine Frau, Schriftstellerin Erica Falck, um Hilfe. Für ihr nächstes Buch interviewt sie im Gefängnis regelmäßig eine Frau, die 1975 ihren Mann tötete, einen ehemaligen Löwenbändiger, der mit einem Zirkus nach Fjällbacka gekommen war. Ihr Mordmotiv: Er hatte die gemeinsame, ungewöhnlich wilde Tochter im Keller angekettet, weil er ihrer nicht Herr wurde. Patrik erhofft sich Hinweise auf die Psyche von Menschen, die in der Lage sind, Kindern so etwas anzutun. Doch je länger Erica mit der Verurteilten spricht, um so deutlicher wird, dass die Dinge damals anders gewesen sein müssen. Erica verfolgt der Gedanke, bei ihr irgendetwas übersehen zu haben.
Die junge Viktoria verschwand vor Monaten spurlos von einem Reiterhof. Als sie jetzt plötzlich wieder auf einer Straße auftaucht, wird sie von einem Auto erfasst und erliegt ihren schweren Verletzungen. Da ihr Körper zahlreiche schlimme Misshandlungen aufweist und die Polizei Verbindungen zu anderen vermissten Mädchen entdeckt, laufen die Ermittlungen nach einem Serientäter auf Hochtouren. Dieser schaurige Prolog und das für Schweden-Krimi typische, aufwendig gestaltete Cover einer eisigen Winterlandschaft versprach einen spannenden Lesegenuss.
Die Schneelöwin ist bereits das neunte Buch einer Krimi-Reihe, das die schwedische Erfolgsautorin Camilla Läckberg um den Kommissar Patrik Hedström und seine Ehefrau, die Schriftstellerin Erica Falck, erneut in ihrer Heimatstadt Fjällbacka ansiedelt.
Während Patrik und sein Team sich um die Aufklärung der verschwundenen Mädchen bemühen, interviewt Erica eine seit Jahren inhaftierte Frau für ihr neues Buch über reale Kriminalfälle. Laila verbüßt eine langjährige Haftstrafe wegen der Ermordung ihres Mannes, der die schwierige Tochter im Keller ankettete, hat sich aber bisher zu ihrer verzweifelten Tat nicht geäußert.
Action-Szenen sind nicht das Metier der Autorin. Sie baut vielmehr Spannung auf, indem sie den Leser neugierig auf die ungewöhnlichen Geschehnisse macht. Ihre Stärken liegen in der Beschreibung verschiedener komplizierter Familienverhältnisse und der Zeichnung einer Vielzahl von Personen. Die einzelnen Charaktere sind teilweise sehr klischeehaft, beispielsweise ist der unfähige Vorgesetzte Millberg für meinen Geschmack in seiner Faulheit und Eitelkeit viel zu dick aufgetragen.
Die Sprache ist einfach und manche Formulierungen schrammen das ein oder andere Mal am Kitsch vorbei, zum Beispiel ist immer mal wieder vom Kind die Rede, ‚dass das Böse in sich trägt‘. Auch einige Dialoge sind derart hölzern und scheinen nur zur Information für den Leser kreiert zu sein.
Wie in den Vorgängerbänden sorgt Erica mit ihren Alleingängen für die nötige Dramatik. Camilla Läckberg versteht es immer wieder, dramatische Familiengeschichten in einen spannenden Thriller zu verpacken. Auch in Die Schneelöwin geht sie nach diesem bewährten Schema vor, sie spinnt die privaten Themen ihrer Figuren weiter. Hier liegt auch das große Problem des Romans:
Die privaten alltäglichen Sorgen im Leben der Protagonisten nehmen einen großen Teil ein. Neueinsteiger, die die Entwicklung des Stammpersonals bisher nicht verfolgten, tun sich eventuell schwer in die Geschichte hineinzukommen. Der Roman ist vordergründig ein Familien-Roman mit Thriller-Elementen, bei dem die Beziehungskisten und die Kinder im Vordergrund stehen, aber das schätzen, lieben und erwarten ihre zahlreichen Fans ja.
Neben dem Hauptstrang gibt es immer wieder recht kurze Blicke in die Vergangenheit von Laila, die aufgrund ihrer Knappheit recht fesselnd sind und Raum für Spekulationen lassen. Der Krimiplot ist recht verzwickt angelegt und bietet zum Schluss noch einige überraschende Wendungen. Dass nicht alle offenen Fragen geklärt werden, wird nicht jedem Leser gefallen. Das Zielpublikum sind sicherlich junge Frauen, bestenfalls mit Kindern.
Rezension und Foto von Andy Ruhr.
Die Schneelöwin | Erschienen am 2. Januar 2016 bei List
ISBN 978-3-47135-106-2
448 Seiten | 19,99 Euro
Bibliographische Angaben & Leseprobe
2 Replies to “Camilla Läckberg | Die Schneelöwin”
Der letzte Satz der Rezension schreckt mich nicht ab.
Gut so! Andy hatte auch noch ein zwinkerndes Smiley angefügt.