Anja Marschall | Tod am Nord-Ostsee-Kanal

Anja Marschall | Tod am Nord-Ostsee-Kanal

Brunsbüttel 1894: Als sich ein tödlicher Unfall auf der Baustelle des Nord-Ostsee-Kanals ereignet, wird Kriminalinspektor Hauke Sötje an die Elbe geschickt, um den Vorfall zu untersuchen. War es ein Unfall oder gar Sabotage am prestigeträchtigsten Bauprojekt der Welt, das schon bald von Kaiser Wilhelm II. höchstpersönlich eröffnet werden soll? Ein Attentäter und die hübsche Tochter des Unternehmers Jennings verwickeln Sötje in einen Fall, der nicht nur das Leben Wilhelms II., sondern das gesamte junge Kaiserreich bedroht.

Mord am Nord-Ostsee-Kanal spielt 1894, in der Zeit der Fertigstellung des Nord-Ostsee-Kanals, kurz bevor Kaiser Wilhelm zur Eröffnung erwartet wird. Handlungsorte sind zum größten Teil Brunsbüttel und Rendsburg, der Beginn der Geschichte findet allerdings in Kiel statt. Hier wird Kriminalhilfssergant Hauke Sötje zur Observierung des Marktes eingeteilt, da ein Informant der Polizei mitgeteilt hatte, dass mehrere hundert Werftarbeiter einen aufrührerischen sozialistischen Aufmarsch in der Stadt planten. Dieser findet auch tatsächlich statt, die Demonstranten werden allerdings von Soldaten gestoppt und von einem Unteroffizier im Namen des Kaisers aufgefordert, die Zusammenrottung sofort aufzulösen, ansonsten würde Schießbefehl erteilt. Noch während ein Wortführer der Demonstranten zu vermitteln versucht, entdeckt Hauke einen Mann, der sich ziemlich verdächtig benimmt – und kurz darauf, bevor Hauke an ihn herankommt, den Wortführer der Demonstranten erschießt. Als daraufhin der Schießbefehl erteilt wird, kann der Mörder in dem allgemeinen Durcheinander entkommen. Hauke kann ihm zwar in eine Wohnung folgen und ihn stellen, wird jedoch niedergeschlagen; der Mörder entkommt.

Im weiteren Verlauf der Handlung wird Hauke von seinem Vorgesetzten in die Nähe von Brunsbüttel abberufen, dort soll er einen Unfall protokollieren, bei dem durch einen Sturz in die im Bau befindliche Schleuse des Nord-Ostsee-Kanals ein Ingenieur umgekommen ist. Ausdrücklich weist sein Vorgesetzter ihn an, dass er nur einen Unfall, nichts anderes, zu protokollieren habe, da der Tote ein Österreicher war und es nicht zu einem Politikum in Verbindung mit dem nicht nur positiv aufgenommenen Bau des Nord-Ostsee-Kanals kommen dürfe.

Bei seiner Ankunft stellt Hauke jedoch fest, dass die Umstände bei der Auffindung der Leiche eher auf einen Mord hindeuten. Der Neffe eines Arbeiters hat die Leiche noch vor deren Abtransport gesehen und bemerkt, dass die Schuhsohlen des Toten vollkommen sauber waren, ein Ding der Unmöglichkeit, wenn er selbst durch den Matsch bis zu Schleuse gegangen wäre. Die Schlussfolgerung von Hauke gefällt allerdings dem für den Bau der Schleuse zuständigen Bauunternehmer Jennings überhaupt nicht. Hauke lässt sich jedoch nicht beirren und beginnt entgegen den Anweisungen eines Vorgesetzten mit seinen Ermittlungen. Hierbei sichert er sich die Unterstützung von Karl, dem jungen Mann, der die Beobachtungen an der Schleuse gemacht hat.

Hauke beginnt seine Untersuchung im Haus von Jennings, da dieser ihm mitgeteilt hatte, dass seine älteste Tochter mit dem Ingenieur verlobt gewesen war. Diese kann allerdings ebenso wie ihre ebenfalls anwesende Schwester nicht viel zur Aufhellung des Ganzen beitragen. Sie erzählt jedoch von Drohungen, die durch die Arbeiter gegenüber Strasser geäußert wurden, weil dieser immer wieder für ungerechtfertigte Lohnabzüge verantwortlich war. Um die Todesursache genauer feststellen zu können, ordnet Hauke eine Obduktion des Toten an. Als dabei eine Kopfwunde entdeckt wird, in der noch eine Scherbe aus weiß glasiertem Ton steckt, ist endgültig klar, dass hier kein Unfall vorlag.

Die weitere Handlung lässt keinen Zweifel daran, dass Hauke nicht nur mit den Ermittlungen wegen des Mordes an dem Ingenieur zu tun hat, auch der ihm in Kiel entkommene Mörder hält sich an der Schleuse auf! Der Plan eines Attentats an dem zur Eröffnung erwarteten Kaiser kristallisiert sich heraus und Hauke gerät in Lebensgefahr.

Insgesamt ist das Buch spannend bis zur – nicht zu erwartenden – Auflösung des Mordes. Die zusätzlichen Informationen über die damalige Zeit und die Umstände bei dem Bau des Nord-Ostsee-Kanals, die Anja Marschall einstreut, sind ebenfalls spannend und bringen dem Leser zusätzlich die damaligen Lebensumstände der Arbeiter näher.

Eine schöne Idee finde ich auch die über jedem Kapitel eingestreuten Zeitungsartikel als zusätzliches Lokalkolorit, zum Beispiel aus der Kanalzeitung von 1894 (unter anderem über die Vergabe von Lieferungen von 70.000 Verblendsteinen für den Bau des Kanals), aber auch aus der Kieler Zeitung von 1894 (zum Beispiel über einen geplanten letzten Auftritt eines englischen Gedankenlesers).

Fazit: Ein gelungener Krimi nicht nur für Liebhaber von historischen Kriminalromanen, informativ und lesenswert bis zum Schluss.

 

Rezension und Foto von Monika Röhrig.

 

 

Mord am Nord-Ostsee-Kanal | Erschienen am 22. September 2016 bei Emons
ISBN 978-3-954519781
256 Seiten | 11,90 Euro
Bibliographische Angaben & Leseprobe

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