Tag: 30. April 2020

Ellen Sandberg | Das Erbe

Ellen Sandberg | Das Erbe

„Mona folgte seinem Blick. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite entdeckte sie ein wunderschönes Jugendstilhaus. Über mehrere Etagen Stuck, geschwungene Formen, florale Elemente, vergoldete Verzierungen und in der Rosette am Giebel ein Schwanenpaar, das die Köpfe Höcker an Höcker legte. Ein beeindruckendes und liebevoll instand gehaltenes Gebäude.
„Ihre Tante hat beinahe ihr ganzes Leben im Schwanenhaus gelebt“, sagte Sander.“ (Auszug Seite 23)

Mona Lang erfährt durch einen Brief, dass sie die Alleinerbin von Klara Hacker ist, der Großcousine ihrer Mutter. Mona hat Klara das letzte Mal vor einigen Jahren bei dem siebzigsten Geburtstag ihres Vaters gesehen und wusste nicht mal, dass sie verstorben ist. Klara geht davon aus, dass sie ein sehr wertvolles Gemälde geerbt hat und ist dann völlig überrascht, als sie beim Treffen mit Klaras Steuerberater erfährt, dass sie jetzt das Schwanenhaus in München besitzt. Das Haus ist 12 Millionen Euro wert und somit ist Mona reich. Sie hat sich noch gar nicht ganz an ihr neues Leben gewöhnt, da lässt Monas Mutter eine Bemerkung fallen, die Mona nicht nur ins Grübeln bringt, sondern die sie auch über Moral nachdenken lässt und sie weit in die Vergangenheit zieht. Welche Geheimnisse verbirgt dieses Haus?

Die Spannung nimmt stetig zu

Das Erbe von Ellen Sandberg ist der dritte Spannungsroman der Autorin Inge Löhnig unter diesem Pseudonym. Die ersten beiden Bücher (Die Vergessenen und Der Verrat) haben mir bereits sehr gut gefallen und auch dieses hat mich nicht enttäuscht. Bereits nach den ersten Seiten war ich mitten in der Geschichte, die sich leicht und flüssig liest und mit dem Kommentar von Monas Mutter stetig an Spannung zunimmt. Bei den knapp fünfhundert Seiten ist keine zu viel, beim Lesen gab es für mich keine Längen.

Blick in die Vergangenheit

Die Geschichte ist in drei Stränge unterteilt: Das Leben von Mona, Sabine und Klara, wobei von Klara in der Vergangenheit berichtet wird, angefangen 1938 bei ihrer Kindheit im Schwanenhaus, denn dort wohnte sie ihr gesamtes Leben. Es werden ziemlich viele Namen erwähnt und in der Mitte des Buches war es für mich nicht mehr ganz so einfach alle richtig zuzuordnen, da musste ich mich etwas mehr konzentrieren.

Protagonistin mit moralischem Kompass

Mona ist mir sehr sympathisch. Quasi mit dem Erbe hat sich ihr langjähriger Freund getrennt und so zieht sie von Berlin nach München ins Schwanenhaus. Dort gönnt sie sich von ihrem Reichtum dann auch etwas, aber ohne zu großspurig zu werden. Da sie einen „moralischen Kompass“ hat, hat Klara sie als Alleinerbin eingesetzt, doch dieser Kompass bringt Mona immer weiter an ihre Grenzen und eine Entscheidung fällt ihr, in Bezug auf das Haus und die Ergebnisse ihrer Recherchen dazu, sehr schwer. Beim Lesen habe ich mich auch immer wieder gefragt, wie ich in dieser Situation reagiert hätte.

Hartz IV-Klischees

Bei Sabine werden ziemlich viele Klischees bedient: Sie wohnt in Hamburg-Harburg in einer Sozialwohnung mit ihren beiden Kindern, sie ist von ihrem Mann getrennt, lebt von Hartz IV, nimmt ab und zu einen Job an, um sich dann aber gleich wieder in der Probezeit kündigen zu lassen, fühlt sich grundsätzlich von allen und jedem benachteiligt und verbringt ihre Tage zu Hause mit Dosenbier und Zigaretten. Trotzdem empfinde ich die Darstellung von Sabine als nicht überzogen.

Fazit: Klare Empfehlung! Eine Reise in die Vergangenheit des zweiten Weltkrieges und seine Folgen und eine spannende Frage der Moral.

 

Rezension und Foto von Andrea Köster.

Das Erbe | Erschienen am 28. Oktober 2019 im Penguin Verlag
ISBN 978-3-328-10402-5
512 Seiten | 15.- Euro
Bibliographische Angaben & Leseprobe

Auch bei uns: Rezensionen zu den Romanen Die Vergessenen und Der Verrat von Ellen Sandberg.