Kategorie: Andrea Köster

Tim Herden | Süderende Bd. 6

Tim Herden | Süderende Bd. 6

Wieder Kopfschütteln. Auch von Möselbeck. „Die Eltern von Isabel Ganzow wohnen in Vitte, in Süderende“, klärte er sie auf. „Sie kommt eigentlich von der Insel, war früher auch meine Patientin. Und da war sie gesund. Vielleicht eine leichte Neigung zur Hypertonie, aber nicht schlimm. Aber sie wohnt schon lange nicht mehr auf der Insel, sondern auf Rügen.“ (Auszug Seite 16)

Im Hotel Wiesenweg in Vitte auf der Insel Hiddensee wird Isabel Ganzow tot in ihrem Zimmer gefunden. Sofort beginnt Nelly Blohm, die Inselpolizistin, mit den ersten Befragungen und bekommt schnell Unterstützung von der SoKo Ostseeküste aus Stralsund. Der Begleiter der Toten, Harry Teichmüller, ist Tourismuschef auf der Nachbarinsel Rügen und verschwindet am folgenden Tag beim Insellauf spurlos. Er ist bis dahin der Hauptverdächtige. Neben den üblichen Ermittlungen läuft die Fahndung nach Teichmüller auf Hochtouren, trotzdem können weitere Opfer nicht verhindert werden. Was sind die Motive der Morde?

Polizeiliche Umstrukturierungen

Süderende von Tim Herden ist der sechste Inselkrimi um Stefan Rieder, der in den ersten Büchern Polizist auf Hiddensee war und nun der Chef der Soko Ostseeküste ist. Die Soko hat sich Rieder unter anderem aus Kollegen zusammengestellt, mit denen er in früheren Fällen auf der Insel bereits gute Erfahrungen gemacht hat und die sich nun um Fälle vom Fischland bis nach Usedom beschäftigen. Nelly Blohm hat in einem früheren Fall bereits mit Rieder zusammengearbeitet, als sie noch im Revier in Bergen auf der Insel Rügen arbeitete. Nach dem letzten Fall war nicht ganz klar, ob es überhaupt einen weiteren Krimi geben wird und so freue ich mich nun umso mehr über diesen Roman.

Besuchbare Schauplätze

Die Geschichte liest sich wie gewohnt sehr flüssig und es geht hauptsächlich um die Ermittlungsarbeit. Private Szenen kommen ebenfalls vor, aber wohl dosiert und auch eher von den Protagonisten. Der Fall ist ziemlich verstrickt, immer wieder ergeben sich Indizien, aber keine handfesten Beweise und immer wieder rücken andere Personen in den Fokus als Tatverdächtige. Rieder ist sich auch nicht zu schade, auf „freie Mitarbeiter“ zu setzen, beispielsweise seinen Nachbarn oder den Parkplatzwächter, um sich umzuhören. Besonders haben mir wieder die sehr detaillierten Beschreibungen einzelner Schauplätze auf Hiddensee gefallen. Ich konnte mir jeweils genau vorstellen, wo sich die Kommissare aufhielten und Ecken, die mir bisher unbekannt waren, werden im nächsten Urlaub besucht.

Spannung bis zum Schluss

Die Spannung hält sich konstant und wirklich bis zur letzten Seite. Die letzte Seite lässt außerdem auf einen weiteren Krimi hoffen. Einziger Wermutstropfen für mich ist, dass die Handlung nicht ausschließlich auf Hiddensee spielt, sondern leider mindestens zur Hälfte auf Rügen. Außerdem hätte ich die italienische Mafia auch nicht unbedingt in der Geschichte gebraucht.

Fazit: Gewohnt spannende Ermittlung, die leider etwas viel auf der Insel Rügen spielt.

 

Rezension und Foto von Andrea Köster.

Süderende | Erschienen am 26. Februar 2020 im Mitteldeutschen Verlag
ISBN 978-3-963-11307-3
336 Seiten | 14.- Euro
Bibliographische Angaben & Leseprobe

Extra: 14-minütige Lesung von Tim Herden auf YouTube

Auch bei uns: Andreas Rezensionen zu den Romanen Harter Ort und Schwarzer Peter des Autors Tim Herden.

Peter Scheer | Ostsee-Intrige

Peter Scheer | Ostsee-Intrige

„Jetzt waren es schon fast zwei Monate, dass Ignaz Blumenfeld entlang der Lagunen fuhr. Morgens von Glowe nach Breege auf der Schaabe und nachmittags zurück. Manchmal wollte er ein Lied pfeifen, aber da er nicht pfeifen konnte und wenn er pfiff, dann falsch, hörte er die Musik lieber im inneren Ohr. Der Weg war nicht lang. 9,7 Kilometer, flach, manchmal Gegenwind.“ (Auszug Seite 7)

Kommissar Horst Lüdewitz aus Stralsund bekommt den Auftrag in einer Kinderklinik auf Rügen den dortigen Chefarzt Professor Ignaz Blumenfeld zu befragen, da er sich bei einem Kindstod mitschuldig gemacht hat, weil er diesem Kind die Behandlung verweigert hat. Schon nach dem ersten Gespräch wird Lüdewitz dieser Auftrag wieder entzogen, stattdessen wird Blumenfeld zufällig Zeuge einer Autodiebesbande, in der Lüdewitz nun ermittelt und die ihn nach Österreich führt.

Schachtelsätze vom Feinsten

Ostsee-Intrige von Peter Scheer habe ich aufgrund des Schauplatzes Rügen ausgewählt, aber ich fand bereits den Einstieg in die Geschichte schwierig, weil ich mich sehr konzentrieren musste, um alles zu erfassen. Der Autor arbeitet mit einer Mischung aus Schachtelsätzen und kurzen Sätzen und diesen Schreibstil konnte ich zu Beginn nicht so eben weglesen. Im Laufe der Seiten habe ich mich aber „eingelesen“ und konnte den Text einfacher erfassen.

Abgebrochen!

Trotzdem habe ich das Buch nach etwa 130 Seiten abgebrochen, da mir weder der Protagonist sympathisch war noch Spannung aufkam. Leider geht es bereits nach der ersten Befragung schon nicht mehr um den Kindstod und die Verfolgung einer Autoschieberbande ist nicht das Thema, das ich persönlich in einem Krimi lesen möchte. In einer anderen Rezension habe ich gelesen, dass der Schauplatz nach der Hälfte des Buches auch ausschließlich in Österreich stattfindet und da hat mich dann die Motivation gänzlich verlassen.

… but first coffee!

Kommissar Horst Lüdewitz steht kurz vor der Pension und genau so ist auch sein Arbeitsstil. Wenn er die Wahl hat, sich zwischen der Verfolgung eines flüchtigen Zeugen und einer Tasse Kaffee zu entscheiden, gewinnt der Kaffee. Zwischendurch werden Beobachtungen und Ansichten des Protagonisten ausgeschlachtet, die den Fall in keiner Weise weiterbringen, sondern eher aufhalten. Es geht dabei unter anderem um Zitate aus Büchern oder Gedichte und Meinungen zu Politik. Aus dem Grund kommt für mich auch leider gar keine Spannung auf. Schade!

Fazit: Sehr behäbiger Kommissar, keine Spannung und schwieriger Schreibstil.

Der in Tel-Aviv geborene Peter Scheer ist im Alter von drei Jahren nach Österreich gekommen. In Wien studierte er Medizin und Philosophie. Der Kinder- und Jugendarzt, der auch als Managementtrainer tätig ist, lebte viele Jahre in Wien, bevor er nach Graz gerufen wurde. Dort baute er die Abteilungen Psychosomatik und Psychotherapie an der Universitätsklinik für Kinder und Jugendliche auf. Wissenschaftliche Papers waren seine tägliche Arbeit, persönlich gehaltene Sachbücher das Zubrot. Ostsee-Intrige ist Scheers Krimi-Debüt.

 

Rezension und Foto von Andrea Köster.

Ostsee-Intrige | Erschienen am 17. April 2019 im Gmeiner Verlag
ISBN 978-3-83922-415-1
345 Seiten | 13.- Euro
Bibliographische Angaben & Leseprobe

Abgehakt | März 2020

Abgehakt | März 2020

Unsere Kurzrezensionen zum Quartalsende 1/2020

 

Alan Parks | Tod im Februar Bd. 2

Detective Harry McCoy wird zu einem blutigen Tatort auf dem Dach eines Hochhaus-Rohbaus gerufen. Dort wurde ein junger Mann abgeschlachtet, zusätzlich eine Nachricht in seine Brust geritzt. Der Mann war Spieler bei Celtic Glasgow – und mit Elaine Scooby verlobt, Tochter eines lokalen Gangsterbosses. Schnell ist ein Verdächtiger gefunden: Ein ehemaliger Mitarbeiter Scoobys und angeblich ein verschmähter Verehrer der Tochter. Doch als weitere Morde geschehen und ein Kampf in der Glasgower Unterwelt beginnt, dämmert es McCoy, dass noch einiges mehr dahintersteckt.

Tod im Februar ist der zweite Teil der Reihe um den Glasgower Polizisten Harry McCoy und spielt nur wenige Wochen später als Teil 1 Blutiger Januar im Februar 1973. Es gibt Wiedersehen mit Harrys Kollegen Wattie, seinem väterlichen Vorgesetzten Murray und Cooper, ebenfalls Gangsterboss und Harrys Freund aus Tagen im Kinderheim. Die Atmosphäre ist wiederum düster, das Setting in Glasgow in den 70ern ist rau und schmuddelig, voller Drogen und Alkohol. Während des Falles kommt zudem Harrys und Coopers traurige Vergangenheit wieder hoch, die sie nie ganz hinter sich lassen können und die auch ihre Handlungen in der Gegenwart beeinflussen. Harry ist ein waschechter hardboiled Cop, empathisch für die Gebeutelten, grimmig gegenüber den Bösen. Seine Beziehung zu Cooper ist als Cop natürlich hochproblematisch. Und diesmal wandelt Harry nicht nur auf der Grenze zwischen hell und dunkel, diesmal wird er sie auch überschreiten.

Insgesamt ein wirklich guter, souverän erzählter, hartgesottener Krimi mit einem sehr gelungenen Schauplatz. Hoffentlich hält die Qualität der Reihe an.

 

Tod im Februar, erschienen am 28. Oktober 2019 bei Heyne Hardcore
ISBN 978-3-453-27198-2
432 Seiten | 16.- Euro
Originaltitel: February’s Son
Bibliographische Angaben & Leseprobe

Genre: Noir/ Hardboiled
Wertung: 4.0 von 5.0

Auch bei uns: Rezension zum 1. Teil der Reihe Blutiger Januar

 

Oliver Buslau | Feuer im Elysium

Wien im April/Mai 1824: Die Stadt fiebert der Aufführung der neuesten, der neunten Sinfonie vom alten Meister Ludwig van Beethoven entgegen. Lange Zeit hat man von ihm nichts mehr gehört, doch das neue Werk soll etwas ganz besonderes sein. Geradezu revolutionär. Ein Wort, dass man in Wien in diesen Tagen nicht gerne hört. Und so ist vielen Reaktionären in Adel und Beamtenschaft die Uraufführung ein Dorn im Auge. In diesen Tagen kommt der junge Sebastian Reiser in die Stadt. Er sollte die Schlossverwaltung des Edlen von Sonnberg übernehmen und später vielleicht die Tochter des Hauses heiraten. Doch nach dem Unfalltod des Edlen wurde er vom Erben des Schlosses verwiesen und muss in Wien neu anfangen. Dort trifft er auf seinen alten Musiklehrer, Teilnehmer des Premierenorchesters, und einen alten Studienfreund in Diensten der Staatsmacht, der ihn als Spitzel anheuert. Reiser soll sich in die Orchestergruppe der Uraufführung einschleusen und Umstürzler und Revolutionäre denunzieren. Doch Reiser wird von der Kraft von Beethovens Symphonie mitgerissen und befindet sich längst – zunächst ohne es zu ahnen – in der Mitte einer großen Verschwörung.

Ludwig van Beethovens Geburtsjahr jährt sich in diesem Jahr zum 250. Mal. Zeit für eine große kulturelle Vermarktung des Komponisten. Warum dann nicht auch ein Beethoven-Krimi/Thriller? Für Autor Oliver Buslau, Musikjournalist, Amateurmusiker und Krimiautor (mehrere im Umfeld klassischer Musik), lag das förmlich auf der Hand. Am überzeugendsten ist dieser historische Thriller, in dem Beethoven selbst zwar nicht so häufig, aber doch regelmäßig auftritt, wenn es um die klassische Musik und den Schauplatz und die historische Lage im Deutschen Bund und im Kaiserreich geht. Der Wiener Kongress hatte die Restauration der alten Verhältnisse zur Folge, liberales oder gar revolutionäres Gedankengut wurde verfolgt. Starker Mann war der österreichische Kanzler Metternich, der ein umfangreiches Spitzelsystem etablierte. Dagegen fallen manche Teile des Plots etwas ab. Die Hintergrundgeschichte des Sebastian Reiser überzeugt nicht so ganz, vor allem die Auflösung des Komplotts erscheint arg konstruiert. Dennoch war es insgesamt unterhaltend, weitgehend spannend und mit zahlreichen interessanten Fakten versehen.

 

Feuer im Elysium | Erschienen am 23. Januar 2020 im Emons Verlag
ISBN 978-3-7408-0616-3
496 Seiten | 22.- Euro
Bibliographische Angaben & Leseprobe

Genre: Historischer Thriller
Wertung: 3.0 von 5.0

James Lee Burke | Straße ins Nichts Bd. 11

Die junge Letty Labiche wartet auf ihre Hinrichtung. Sie hatte einen Mann ermordet, der auf sie und ihre Schwester in der Kindheit öfters aufgepasst hatte. Dave Robicheaux kannte die Beteiligten und verdächtigte den Mann des sexuellen Missbrauchs, ohne dass dies zu beweisen war. Er will Letty vor der Hinrichtung bewahren und recherchiert ihren Hintergrund. Dabei stößt er zufällig auf einen alteingesessenen Zuhälter, der behauptet zu wissen, dass Daves lange verschollene Mutter von Polizisten ermordet wurde. Daves Mutter hatte ihre Familie verlassen, dennoch hat ihm die Ungewissheit, was mit ihr geschehen ist, lange zugesetzt. So setzt er nun alles daran, diese Spur weiterzufolgen und macht sich dadurch natürlich einige Feinde. Dave steht irgendwann vor der Frage, ob die Verantwortlichen mit normalen Mitteln zu belangen sind oder ob er selbst für Gerechtigkeit sorgen muss.

Straße ins Nichts oder Purple Cane Road im Original erschien vor genau zwanzig Jahren als elfter Band der beliebten Reihe um Dave Robicheaux, der wie immer mit seinem besten Kumpel Clete Purcel in New Orleans und Louisiana für Gerechtigkeit sorgen will und dabei in der Wahl der Mittel ein ums andere Mal die Grenzen überschreitet, was ihn allerdings für den Leser umso interessanter macht. Dieses Mal ist der Fall sogar noch eine Spur persönlicher als sonst. Autor James Lee Burke erzählt dies wie immer kraftvoll, mit vielen interessanten Figuren, eingebettet in präzisen und bildlichen Beschreibungen der Natur und Landschaft Lousianas. Es gibt sicher noch stärkere Bände der Reihe, aber Burke ist dennoch eine sichere Bank, immer empfehlenswert.

 

Straße ins Nichts | Erstmals erschienen 2000
ISBN 978-3-86532-675-1
Die Neuauflage erschienen am 15. Januar 2020 im Pendragon Verlag
436 Seiten | 20.- Euro
Originaltitel: Purple Cane Road
Bibliographische Angaben & Leseprobe

Genre: Krimi
Wertung: 3.5 von 5.0

Auch bei uns: Rezensionen zu weiteren Titeln des Autors James Lee Burke

 

Oyinkan Braithwaite | Meine Schwester, die Serienmörderin

Korede ist Krankenschwester, stammt aus einer relativ wohlhabenden Familie aus Lagos in Nigeria. Korede hat auch noch eine jüngere Schwester, Ayoola. Diese ist eine absolute Schönheit und daher auch bei den Männern sehr beliebt. Im Gegensatz zu Korede. Es gibt aber ein Problem: Ayoola hat schon drei ihrer Verehrer umgebracht.
Korede ist dann die Cleanerin, sie reinigt den Tatort und lässt die Leiche verschwinden. Dass ihre Schwester in Notwehr gehandelt hat, wie sie behauptet, kauft Korede ihr schon längst nicht mehr ab, aber an die Polizei will sie sie auch nicht ausliefern. Da ergibt sich eine neue Situation: Korede ist schon länger in einen Arzt aus ihrem Krankenhaus verliebt, ohne dass es zu einem Date oder Weiterem gekommen wäre. Doch als Ayoola sie auf der Arbeit besucht, springt der Arzt direkt auf Ayoola an und beginnt, mit ihr auszugehen.

Zwei völlig unterschiedliche Schwestern, die eine die Unscheinbare, Vernünftige, die andere die Schöne, Unbekümmerte und Tödliche. Dennoch gilt die alte Regel vom Blut, das dicker als Wasser ist, was im Laufe der Geschichte aber sehr auf die Probe gestellt wird. Autorin Oyinkan Braithwaite erzählt diese Geschichte ausschließlich aus der Perspektive von Korede, was einerseits seinen Reiz hat, andererseits die Perspektive einschränkt und keinen vollen Blick auf die Dinge erlaubt. Immer wieder werden auch Rückblicke eingestreut, die teilweise einiges erhellen, so etwa das schwierige Verhältnis zum nicht liebevollen Vater, was die Schwestern zusammengeschweißt hat. Überhaupt ist dies eine ausgesprochen feminines Buch (feministisch sogar? Ich weiß nicht.), sind doch die Männer weitgehend nur Randfiguren.

Meine Schwester, die Serienmörderin war im englischsprachigen Raum bereits äußerst erfolgreich und war gar für den Man Booker Price nominiert. Die Geschichte ist durchaus reizvoll und unterhält gut. Den Hype halte ich dennoch nur bedingt für gerechtfertigt, denn ich hatte den Eindruck, dass überall noch ein paar Prozente herauszuholen gewesen wären. So schwankt die Autorin für meinen Geschmack zu sehr in der Frage, ob sie die Geschichte eher schwarzhumorig-pulpig oder mit ernsthafter Tiefe erzielen will. Dann wäre aber mehr Tiefe in der Figur der Ayoola wünschenswert gewesen. Dennoch ist dieser Roman absolut keine Enttäuschung, sondern gut geschrieben und mit originellem Plot.

Meine Schwester, die Serienmörderin | Erschienen am 10. März 2020 bei Blumenbar im Aufbau Verlag
ISBN 978-3-351-05074-0 | ISBN 978-3-841-21898-8 (eBook)
240 Seiten | 20.- Euro, 14.99 Euro (eBook)
Originaltitel: My Sister, the Serial Killer
Bibliographische Angaben & Leseprobe

Genre: Psychothriller
Wertung: 3.5 von 5.0

Rezension 1 bis 4 sowie die dazugehörigen Fotos von Gunnar Wolters.

 

Caroline Eriksson | Die Beobachterin

Elena ist Schriftstellerin und vorübergehend in ein Reihenhaus eingezogen. Während sie dort am Küchentisch sitzt und arbeitet, kann sie die Familie im gegenüberliegenden Haus beobachten und ihr fallen merkwürdige Szenen auf, die sie einerseits für ihr neues Buch nutzt, die sie andererseits aber auch immer fester davon überzeugen, dass dort bald etwas Schreckliches passiert, das sie verhindern muss.

Es handelt sich hier meiner Meinung nach um einen Thriller, der sich flüssig und auch spannend liest und der zum Ende hin einige Wendungen aufweisen kann, mit denen ich nicht gerechnet habe. Aber insgesamt fesselt er mich nicht so sehr, wie ich es mir gewünscht hätte.

 

Die Beobachterin | Erschienen am 12. November 2018 im Penguin Verlag
ISBN 978-3-328-10043-0
336 Seiten | 13.- Euro
Originaltitel: Hon som vakar
Bibliographische Angaben & Leseprobe

Genre: Thriller
Wertung: 3.0 von 5.0

Rezension und Foto von Andrea Köster.

Inge Löhnig | Unbarmherzig Bd. 2

Inge Löhnig | Unbarmherzig Bd. 2

„Einen Moment hoffte sie noch, dass das Bild vor ihren Augen verschwimmen und ihr am Ende nichts als Kies zeigen würde. Doch dort lag unverkennbar ein Oberkiefer mit Zähnen, der Unterkiefer daneben. Knochenfragmente rundherum. Der Anblick war nicht eklig oder schaurig, er machte Ella nur unendlich traurig.“ (Auszug Seite 14)

In dem Dorf Altbruck, in der Nähe von München, werden achtzig Jahre alte Knochen gefunden. Aufgrund der Verjährungen soll es dazu keine Ermittlung geben, aber Gina Angelucci, die bei der Kripo an ungelösten Fällen arbeitet und gerade aus der Elternzeit zurück ist, verbeißt sich in dem Fund und ermittelt schließlich doch. Ihre Recherche führt sie in die Vergangenheit des zweiten Weltkrieges und zur Heeresmunitionsanstalt, die damals ganz in der Nähe von Altbruck stand. Kann Gina die Identitäten nach so langer Zeit noch klären und gar den Tathergang rekonstruieren?

Elternzeit und Hausmann

Unbarmherzig von Inge Löhnig ist Gina Angeluccis zweiter Fall (Fall 1: Gedenke mein). Nach zwei Jahren Elternzeit tauscht sie nun die Rollen mit ihrem Mann Tino, der ebenfalls bei der Kripo in München arbeitet (Kommissar Konstantin Dühnfort, mit dessen Fällen die Autorin bekannt wurde). Diesen Teil finde ich schon mal sehr sympathisch, dass eben auch der Vater Elternzeit nimmt, sogar ein ganzes Jahr. Das ist ja bislang noch eher ungewöhnlich. Die Tochter der beiden, Chiara, wurde mit Down-Syndrom und schwerem Herzfehler geboren, entwickelt sich nun aber gut. Dieses Thema hätte für meinen Geschmack gern noch etwas vertieft werden können, aber das Privatleben und die Feierabende von Gina nehmen nicht zu viel Raum ein, der Fall steht im Vordergrund.

Verschiedene Perspektiven

Ein weiterer Handlungsstrang besteht aus einer Frau, die Gina und ihre Familie offensichtlich stalkt. Tino geht der Sache nach und versucht vor allem Chiara zu schützen. Meiner Meinung nach trägt dieser Strang nicht zur Spannung bei und lenkt eher von Ginas Ermittlungen ab, ich finde ihn komplett überflüssig. Der Spannungsbogen ist eher gleichbleibend unaufgeregt, aber trotzdem empfand ich die Geschichte nicht als langatmig. Sie wird aus der Perspektive der Ermittlungen, aus Sicht zwei verfeindeter Familien im Dorf und Tagebucheinträgen geschildert. Durch diese Abwechslung bekommt der Leser genügend Einblicke, um sich nach und nach einen Reim auf alles zu bilden, was mir sehr gefallen hat. Auch das Ende ist eher unaufgeregt, was der Lösung des Falls aber keinen Abbruch tut.

Fazit: Eine interessante Ermittlung, die unaufgeregt ist und mich gut unterhalten hat.

Schon als Kind verfügte Inge Löhnig über so viel Fantasie, dass ihre Geschichten noch heute in der Familie legendär sind. Neben dem Beruf als Grafik-Designerin war Schreiben lange ein Hobby. Erst mit dem Erscheinen der Reihe um den Münchner Kommissar Konstantin Dühnfort wurde daraus die neue Profession. Die Kriminal-Romane von Inge Löhnig sind ebenso regelmäßig auf der Bestsellerliste zu finden, wie die spannenden Familien-Romane, die sie unter dem Pseudonym Ellen Sandberg veröffentlicht. Die Autorin lebt mit ihrer Familie in der Nähe von München.

 

Rezension und Foto von Andrea Köster.

Unbarmherzig | Erschienen am 31. Mai 2019 bei Ullstein
ISBN 978-3-548-29097-3
384 Seiten | 12.99 Euro
Bibliographische Angaben & Leseprobe

Auch bei uns: Rezension zum Titel Deiner Seele Grab der Autorin (nicht Bd. 1 der Serie) sowie zu den Romanen Die Vergessenen und Der Verrat von Ellen Sandberg, dem Alter Ego von Inge Löhnig.

Klaus-Peter Wolf | Ostfriesenhölle Bd. 14

Klaus-Peter Wolf | Ostfriesenhölle Bd. 14

„Ann Kathrin lief ein Schauer den Rücken runter. Die aufgescheuchten Vögel kamen ihr vor wie Vorboten einer Katastrophe. Eine Ahnung breitete sich in ihr aus wie eine Sickerblutung: Das hier war der Anfang von etwas Bedrohlichem. Sie kam in Kontakt mit einer dunklen Kraft. Mit etwas Bösem. Es ging nicht nur darum, den Jungen und die Frau zu finden. Sie musste verstehen, was hier wirklich los war.“ (Auszug Seite 47)

Auf Langeoog wird ein Jugendlicher vergiftet und stirbt vor den Augen seiner Mutter. Diese vermutet, dass sein Kumpel Marvin daran Schuld ist und versucht ihn zu entführen. Nun ist Marvin auf der Flucht und Hauptkommissarin Ann Kathrin Klaasen, die den Fall übernimmt, ist sich nicht sicher, ob sie einen Mörder oder ein Opfer sucht. Das alles ist aber nur der Anfang eines viel größeren und sehr verstrickten Falles, dessen Ausmaße an dieser Stelle gar nicht erahnt werden können und bei dem die Lösung noch einige Opfer bringen wird.

Ungewöhnliche Vorgehensweise

Ostfriesenhölle von Klaus-Peter Wolf ist bereits der vierzehnte Fall um die Kommissarin Ann Kathrin Klaasen, die sich mit ihrer unkonventionellen Ermittlungsweise, mit der sie sich nicht selten über alle Regeln und Vorschriften hinwegsetzt, mittlerweile einen Namen im ganzen Bundesgebiet gemacht hat. Auch in diesem Fall kann sie nicht nach „Schema F“ aus dem Polizeihandbuch vorgehen, um Marvin zu finden, sondern geht ihren ganz eigenen Weg und bezieht darin nur ihre engsten Vertrauten ein, was nicht ausschließlich ihre Kollegen sind, sondern auch Freunde und Nachbarn.

Konstante Spannung

Die Geschichte beginnt bereits mit einer ziemlich wilden Verfolgungsjagd, der Leser wird also gleich in das Geschehen hinein katapultiert, nichts entwickelt sich auf den ersten Seiten gemächlich. Mit gut fünfhundert Seiten ist dieser Krimi ein richtiger Schinken, aber ich empfand keinerlei Längen, die Spannung hält sich sehr konstant. Die gesamte Handlung entwickelt sich zudem recht schnell und in eine politische Richtung. Letzteres ist nicht unbedingt mein literarisches Lieblingsthema, ist hier aber interessant geschildert. Der Autor beschreibt Situationen und handelnde Personen sehr ausführlich, aber auch das brachte mir als Leser die Stimmung nur noch besser rüber. Auch eine gewisse Portion Humor fehlt nicht, das aber wohl dosiert.

Umfangreicher Fall

Der Fall insgesamt ist wirklich sehr komplex, aber doch so strukturiert und detailreich beschrieben, dass ich gut mitgekommen bin und nicht den Überblick oder die Zusammenhänge verloren habe. Die Ermittlungen stehen absolut im Vordergrund, private Baustellen der Kommissare gibt es so gut wie gar nicht, wenn man von kleineren alltäglichen Problemen absieht, was ich sehr angenehm finde. Der Schauplatz bekommt in allen Beschreibungen meiner Meinung nach genügend Raum, sodass man sich die Umgebung gut vorstellen kann.

Fazit: Spannung von der ersten bis zur letzten Seite und sehr detaillierte Beschreibungen, so dass man den Wind der Nordsee förmlich selbst spüren kann.

Klaus-Peter Wolf, 1954 in Gelsenkirchen geboren, lebt als freier Schriftsteller in der ostfriesischen Stadt Norden, im selben Viertel wie seine Kommissarin Ann Kathrin Klaasen. Wie sie ist er nach langen Jahren im Ruhrgebiet, im Westerwald und in Köln an die Küste gezogen und Wahl-Ostfriese geworden.

 

Rezension und Foto Andrea Köster.

Ostfriesenhölle | Erschienen am 20. Februar 2020 bei Fischer
ISBN 978-3-596-29928-7
528 Seiten | 12.- Euro
Bibliographische Angaben & Leseprobe

Auch bei uns: Weitere besprochene Titel von Klaus-Peter Wolf.