Bernhard Aichner | Bösland
„Komm mit ins Bösland, hatte er immer gesagt. Mitten in der Nacht, morgens, nachmittags, immer wenn ihm danach war. Ich hatte keine Wahl, nie hatte ich eine gehabt. Und meine Mutter hatte es geduldet. Sie hatte nichts getan, um es zu verhindern. Sie half mir nicht, hielt ihn nie davon ab, mich vor sich her die Treppe nach oben zu treiben.“ (Auszug Seite 11)
Ben wird im Alter von 13 Jahren beschuldigt, seine Freundin Matilde ermordet zu haben. Darauf folgen mehrere Jahre Aufenthalt in einer Psychiatrie, bis ihn seine jetzige Therapeutin in den Alltag zurück entlässt. Dreißig Jahre später entdeckt Ben durch Zufall ein Foto seines Jugendfreundes Krux, den er seit dem Mord nicht mehr gesehen hat, und beginnt mit der Aufarbeitung der Vergangenheit. Allerdings läuft das nicht so, wie Ben sich das gedacht hat.
Ben ist inzwischen 43 Jahre alt und Besitzer eines Fotoladens. Nachdem er aus der Psychiatrie langsam wieder in einen Alltag fand, begann er in diesem Laden zu arbeiten und übernahm ihn später, als der vorherige Besitzer in Rente ging. Er hat sich in seinem Leben mit seinen ereignislosen Tagesabläufen eingerichtet, er kommt mit seinem Leben zurecht. Die Liebe hat er noch nicht gefunden, aber das schwierige Verhältnis zu seinen Eltern in der Kindheit spielt ihm in dieser Hinsicht nicht gerade in die Karten.
Meine Meinung zum Protagonisten
Zu Beginn der Geschichte war mir der Protagonist sympathisch, ich konnte mich in ihn hineinversetzen und fand positiv, dass er trotz seines Schicksals in jungen Jahren jetzt ein normales und gutes Leben führt. Als er dann zur Aufarbeitung seiner Vergangenheit Krux aufsucht, finde ich ihn nervig. Und anschließend nur noch dumm. Es wird nicht klar, was genau sich Ben erhofft hat, aber es verläuft völlig anders.
Die anderen Thriller des Autors
Ich habe von Bernhard Aichner bereits die Totenfrau-Trilogie (Totenfrau, Totenhaus und Totenrausch) gelesen und war restlos begeistert. Die Max Broll-Reihe (Die Schöne und der Tod) konnte mich hingegen nicht so packen. Anhand der Aufmachung und des Klappentextes von Bösland habe ich mich auf rasantes Lesevergnügen wie bei der Trilogie gefreut. Leider wurde ich enttäuscht und habe das Buch im letzten Drittel abgebrochen.
Rasante Erzählweise und nur das Wesentliche
Die Handlung wird in der Tat sehr rasant erzählt und man fliegt nur so durch die Seiten, was daran liegt, dass die Kapitel sehr kurz sind und der Autor sich ausschließlich um das Wesentliche bemüht. Nichts ist überflüssig und trotzdem verliert man nicht den Überblick. Dieser Schreibstil gefällt mir sehr gut. Die Kapitel werden mit kurzen Sätzen angekündigt, die jeweils auf einer separaten Seite gedruckt sind, dadurch kommen auch schnell die über vierhundert Seiten zusammen. Abwechselnd gibt es einen Dialog und einen Text aus Bens Sicht.
Spannung kann nicht gehalten werden
Im ersten Drittel kommt es zu einer Wendung, die ich persönlich tatsächlich nicht erwartet habe, was mich erst einmal gepackt hat. Einige Seiten später gab es eine Ankündigung des weiteren Verlaufs der Handlung, bei der ich kurz innehalten musste. Und dann kam nichts mehr, was die Geschichte weiterhin spannend gemacht hat, es plätscherte nur noch so vor sich hin und wurde unnötig brutal. Mit dem Abbruch des Buches habe ich erst noch gehadert, hatte aber immer weniger Lust weiterzulesen und habe es dann aufgegeben.
Fazit: Ich bin leider sehr enttäuscht und habe viel mehr erwartet.
Bernhard Aichner wurde 1972 geboren und lebt als Schriftsteller und Fotograf in Innsbruck. Er schreibt Romane, Hörspiele und Theaterstücke. Der Autor ist verheiratet und hat drei Kinder.
Rezension und Foto von Andrea Köster.
Bösland | Erschienen am 1. Oktober 2018 bei btb
ISBN 978-3-442-75638-4
448 Seiten | 20.- Euro
Bibliografische Angaben & Leseprobe
Auch bei uns: Rezension zur Thriller-Trilogie Totenfrau (Bd.1), Totenhaus (Bd.2) und Totenrausch (Bd.3) sowie des Thrillers Die Schöne und der Tod des Autors Bernhard Aichner.
2 Replies to “Bernhard Aichner | Bösland”
Also inhaltlich sind wir bei dem Buch sehr einer Meinung und doch unterscheidet sich unsere Gesamtwertung etwas, wobei deine nachvollziehbarer ist. Ich habe mich dann mehr mittig entschieden, einfach weil sich die Geschichte gut und schnell lesen lässt. Aber ich finde auch das Aichner nicht überraschen konnte zum Ende hin, mir wäre ein Kammerspiel in diesem Haus – oder eben ein leiserer Verlauf zwischen Ben und seiner Therapeutin und ein darauf aufbauendes entblättern seiner Geschichte auch weitaus lieber gewesen!
Mukkelige Grüße,
Janna
PS: euch fehlt ein Kommi-Abo, ich werde definitiv vergessen hier nochmal vorbeizuschauen, ob eine Antwort kam ;D
Danke für deinen Kommentar. Aichner hat sein Pulver hier zu schnell verschossen. Vielleicht hatten wir aber auch einfach zu hohe Erwartungen. 😉 Und ich bin mir nicht sicher, ob ich weiteren Büchern von ihm noch eine Chance gebe, obwohl ich den Schreibstil ebenfalls mag und von der Blum-Trilogie begeistert war. Viele Grüße, Andrea