Kategorie: Gunnar Wolters

Zoran Drvenkar | Asa

Zoran Drvenkar | Asa

Du bist nicht zufällig hier gelandet.
Du hast instinktiv reagiert und Klarheit gesucht.
Sieh dich um, klarer geht es nicht.
Du befindest dich in einem zugefrorenen See, vier Meter unter dem Eis, und du hast keine Ahnung, wie es jetzt weitergeht. Du weißt nur, dass du nicht mit ihrer Gnade rechnen kannst. Nur wer Gnade erfahren hat, kann Gnade walten lassen. Das sind nicht deine Worte, das hat dein Vater zu Beginn deiner Ausbildung zu dir gesagt. Und da du noch nie mit Gnade in Berührung gekommen bist, erwartest du auch nicht, dass sich heute etwas daran ändert.
Und so löst du dich vom Seegrund und steigst auf. (Auszug E-Book Pos.19).

Autor Zoran Drvenkar macht keine Gefangenen, sondern beginnt seinen Roman mit zwei Paukenschlägen. Im 1. Kapitel führt er ein junges Mädchen ein – Asa Kolbert, 14 Jahre alt, wie wir später erfahren werden -, die sich offenbar einer monströsen Prüfung unterziehen muss. Sie ist auf der Flucht in einen zugefrorenen See gesprungen und sieht sich nun vier Jägern ausgesetzt, die vor dem Eisloch auf sie warten. In Kapitel 2 ist es dreißig Jahre später: Asa hat ein Treffen mit ihrem Paten, einem einflussreichen Rüstungsunternehmer, in einem Skilift in Finnland. Sie haben sich seit zwanzig Jahren nicht mehr gesehen, es gibt ein Zerwürfnis, es geht um den Tod von Asas Vater vor 29 Jahren. Am Ende der Begegnung ist Asas Pate tot und es ist klar: Asa ist auf einer Rachemission.

Und so beginnt ein Familienepos, das Drvenkar auf 700 Seiten genüsslich und detailliert ausbreitet. Wir erfahren schnell, dass Asas Vater ermordet wurde, dass sie selbst nur knapp mit dem Leben davonkam und was ihre Großeltern und der Rest der Familie damit zu tun haben. Doch das war noch längst nicht alles, das Bedürfnis nach Rache ist noch viel stärker und nach und nach werden weitere Hintergründe enthüllt. Große Zeitsprünge werden gemacht, bis in die Zeit vor und während des ersten Weltkriegs. Die Familiengeschichte der Kolberts spielt eine große Rolle in diesem Roman, zweimal hat die Familie großes Leid erfahren und hat daraus gelernt, dass man sich nur auf selbst verlassen kann und dass man sich wappnen muss, um in der Welt zu bestehen. Daraus resultierend werden die Kinder der Familie und befreundeter Sippen mit großer Härte einem Überlebenstraining inklusive realistischer Prüfung ausgesetzt. Ein Ritual, das die Überlebensfähigkeit der Teilnehmenden auch in Ausnahmesituationen herstellen soll, das aber mit großer Gewalt und Rücksichtslosigkeit einhergeht. Etwas, was Asa nicht mehr akzeptieren will.

Viel mehr sollte man über den Inhalt nicht verraten. Der Roman ist ein Epos, das mehr als 100 Jahre umspannt und bei dem es hin und her und vor und zurück geht. Um Asas Rachefeldzug zu verstehen, wird ganz tief in der Historie gekramt. Erzählt wird die Geschichte übrigens in weiten Teilen von Jasper, Asas Mann, sodass in Asas Kapiteln ungewöhnlicherweise in der 2. Person Singular erzählt wird. Ein Stilmittel, dass der Autor allerdings regelmäßig verwendet.

Du lächelst nicht. Ich weiß, warum du nicht lächelst. In den letzten Tagen ist dir bewusst geworden, dass es für dich kein Zurück mehr gibt. Alle Türen sind hinter dir zugefallen, als du dich bei dem Mord an deinem Paten hast filmen lassen. Damit hast du deine eigene Endlichkeit betreten. (Auszug E-Book Pos.3307)

Zoran Drvenkar hat sich lange Zeit gelassen, um wieder einen Roman für das erwachsene Publikum zu verfassen. Seit „Still“ vor etwa zehn Jahren wurde von ihm nichts mehr in diesem Bereich veröffentlicht, allerdings ist Drvenkar schon immer ein Kinder- und Jugendbuchautor gewesen und hat sich seitdem eher dort getummelt. „Asa“ ist nun ein echter Schinken geworden und kein Werk, das man mal so eben einordnen kann. Die hohe Schlagzahl zu Beginn zieht sich nicht durchs ganze Werk, das wäre auch schwer machbar, sodass der Thriller zwischendurch in ein Familiendrama wechselt und wieder zurück. So oder so entfaltet er eine ungeheure Wucht, ist ein fesselnder Pageturner. Spannend ist zudem Drvenkars Umgang mit seinen Figuren, denen er enorm viel Schmerz und Trauma zumutet und die eine gewisse Unnahbarkeit und Undurchschaubarkeit umgibt, obwohl man teilweise tief in ihre Seelen eindringt.

Die Kritiker sind jedenfalls begeistert und wählten „Asa“ direkt auf die Nummer 1 der Krimibestenliste. Auch ich kann diesen Roman über Familienbande, Traumata, Schmerz, Wut und Rache wärmstens empfehlen. Warum ich trotzdem nicht die Höchstwertung vergebe? Vor allem sind mir ein paar Details aus der Familienchronik dann doch zu konstruiert und außerdem hat mich eine Sache massiv irritiert. Die Familie Kolbert siedelt sich nach dem 1. Weltkrieg in der Uckermark an, die beschriebene Landschaft ist allerdings eher gebirgig und erinnert mich an einigen Stellen überhaupt nicht an die allerhöchstens hügelige Uckermark. Das hat mich permanent gestört. Aber möglicherweise hatte der Autor dazu einen Hintergedanken? Das wäre interessant zu erfahren.

 

Foto und Rezension von Gunnar Wolters.

Asa | Erschienen am 18.08.2025 im Suhrkamp Verlag
ISBN 987-3-518-47511-9
700 Seiten | 23,- €
Als E-Book: ISBN 978-3-518-78387-0 | 19,99 €
Bibliografische Angaben & Leseprobe

James Lee Burke | Clete (Band 24)

James Lee Burke | Clete (Band 24)

Das Attribut „lebende Legende“ wird allzu oft inflationär gebraucht. Im Krimigenre gibt es allerdings einen Mann, bei dem diese Ehrerbietung ohne Zweifel angebracht ist. James Lee Burke ist inzwischen 88 Jahre und scheinbar kein bisschen müde. Über vierzig Romane und Erzählbände hat er inzwischen veröffentlicht und auch im hohen Alter veröffentlicht er zuverlässig jedes Jahr einen neuen Roman. Hinzu kommt die weiterhin große Wertschätzung, die Burke unter den Leser:innen, Kritiker:innen und Kolleg:innen genießt. Sein historischer Roman „Flags On The Bayou“ (erscheint in wenigen Tagen in deutscher Übersetzung als „Im Süden“) gewann im letzten Jahr sogar einen Edgar Award, zum dritten Mal in seiner schriftstellerischen Karriere. Ebenfalls 2024 wurde er beim britischen Dagger für sein mit dem „Diamond Dagger“ für sein Lebenswerk ausgezeichnet.

Herausregend in Burkes Schaffen ist sicherlich die Reihe um den hartgesottenen Cop/Privatermittler Dave Robicheaux aus New Orleans und New Iberia in Louisiana. Die Reihe gehört auch zu meinen absoluten Favoriten und wurde hier auf dem Blog regelmäßig gewürdigt. Eigentlich war man davon ausgegangen, dass Band 23 „A Private Cathedral“ (Dt. „Verschwinden ist keine Lösung“) aus dem Jahr 2020 den Abschluss der Reihe bildet. Doch James Lee Burke hatte anderes im Sinn und hat sich eines oft vorgetragenen Wunsches von Fans der Reihe erinnert: Eine Geschichte aus der Sicht von Clete Purcel, des unerschrockenen, treuen Freundes von Dave. Wie Burke in einem Interview mit David Masciotra auf crimereads.com zugibt, war er immer davon ausgegangen, dass eine Geschichte mit Clete ohne Dave nicht funktioniert, weil beide zwei Seiten derselben Medaille seien. Auf das Offensichtliche, dass Dave gar nicht wegbleiben müsse, sei er lange gar nicht gekommen.

Nun hat dies nachgeholt und das Werk auch schlicht „Clete“ genannt. Es spielt chronologisch in den 1990ern, irgendwo angesiedelt bei den Bänden 5-10. Die Geschichte beginnt damit, dass irgendwelche schräge Typen Cletes Cadillac Eldorado auseinandernehmen, ehe Clete dazukommt und es in einer wüsten Prügelei endet. Der Eldorado war kurz zuvor in einer Autowäscherei und scheinbar hat sich irgendjemand den Wagen ausgeliehen, um etwas zu transportieren. Es ist nicht ganz klar, was da Illegales verschoben wurde, aber Clete ist vor allem alarmiert, weil ein Neonazi und Antisemit sowie ein neureicher Unternehmer in die Sache verwickelt scheinen. Irgendwann schaltet sich auch ein Ermittler des FBI ein, der Clete und Dave eröffnet, dass es wohl um einen hochgradig tödlichen Kampfstoff handelt, den diese Gruppe offenbar freisetzen will.

Ohne eigenes Zutun, was in meinem Leben selten genug vorkam, war ich zu einem Ziel geworden. Ich hatte einfach nur meinen Eldorado Cadillac in Eddys Waschanlage gebracht, und jetzt könnten unschuldige Menschen deswegen verletzt oder getötet werden. Wie konnte das sein? Es war, als hätte man sich einen Kaugummi aus einem Automaten gezogen und dabei versehentlich eine Zyanidkapsel erwischt. (Auszug S. 98-99)

Die ganze Geschichte ist – wie üblich bei Burke – natürlich etwas verzwickter, es spielen noch diverse Frauen eine Rolle, eine female sheriff, eine undurchsichtige Nachtclubtänzerin, eine verschleppte, asiatische Drogenabhängige, eine Filmproduzentin – und Jeanne d’Arc. Denn bei James Lee Burke ist auch auf eines Verlass, es geht immer auch ein Stück mystisch und transzendent zu. Von Dave Robicheaux ist das ja bekannt, doch diesmal wird Clete Purcel regelmäßig von Visionen der Jungfrau von Orleans heimgesucht.

Obwohl der Roman in den 1990ern spielt, bleiben die Themen hochaktuell. Drogenhandel, Sexhandel, Hassverbrechen und insbesondere Antisemitismus. Ein Thema, bei dem Clete Purcel ganz allergisch reagiert, hat er doch als Mahnung ein aus einer Zeitschrift herausgerissenes Foto immer bei sich, dass eine Mutter mit ihren Kindern auf dem Weg in ein Konzentrationslager zeigt. James Lee Burke erzählt in dem Interview, dass er sich Sorgen um sein Amerika macht, den Hass auf Einwanderer, eine Tendenz in Richtung Faschismus, geschürt von Donald Trump, den er offen einen Psychopaten nennt.

Stilistisch ist „Clete“ tatsächlich einen Tick anders erzählt, ein wenig geradliniger und weniger lyrisch, Clete als Ich-Erzähler ist direkter, spricht mehr mit dem Leser. Trotzdem bleibt es eine starke, kraftvolle „hardboiled novel“, die sich in der Reihe nicht verstecken muss. Und auch wenn Clete nun der Ich-Erzähler ist, bleibt es ein Robicheaux-Roman, denn die beiden, sowas wie Don Quijote und Sancho Panza Louisianas, die Jugend von heute würde einfach Ehrenmänner sagen, gehören einfach fest zusammen.

Dave kratzte sich am Hals und blieb einfach stehen.
„Was ist los?“ „Ich ertrage diesen Kerl nicht. Ich bleibe draußen.“
„Weißt du noch, was du über Pronomen gesagt hast?“, fragte ich. „Es gibt kein ‚du‘ und kein ‚ich‘. Es gibt nur die Bobbsey Twins von der Mordkommission.“ (Auszug S. 43)

 

Foto und Rezension von Gunnar Wolters.

Clete | Erschienen am 03.09.2025 im Pendragon Verlag
ISBN 987-3-86532-908-0
346 Seiten | 24,- €
Originaltitel: Clete | Übersetzung aus dem Englischen von Jürgen Bürger
Bibliografische Angaben & Leseprobe

Weiterlesen I: Weitere Rezensionen zu Romanen von James Lee Burke
Weiterlesen II: Interview mit James Lee Burke auf crimereads.com

Sara Paretsky | Wunder Punkt (Band 22)

Sara Paretsky | Wunder Punkt (Band 22)

Ich persönlich war die Verantwortung so leid. Ich war nicht Privatdetektivin geworden, um die Bürde von anderer Leute Sorgen zu tragen, sondern weil es mich reizte, die Hintergründe bestimmter Verbrechen aufzudecken. Mehr noch, ich genoss es, wenn ich für etwas Gerechtigkeit sorgen konnte. (Auszug S. 34)

V.I. Warshawski ist eine echte Veteranin. 1982 ermittelte die Privatdetektivin aus Chicago zum allerersten Mal in „Indemnity Only“ (Dt. „Schadenersatz“). Gibt es eigentlich eine aktuelle Ermittlerfigur, die länger permanent im Einsatz ist? Jedenfalls ist Vic Warshawski scheinbar unverwüstlich, denn in „Wunder Punkt“ schickt sie ihre Schöpferin Sara Paretsky in ihren 22. (!) Einsatz. Doch auch an Veteraninnen geht nicht alles spurlos vorüber.

Einer ihrer letzten Fälle hat Vic nämlich schwer mitgenommen. Für ihren Partner Peter spürte sie eine Studentin auf, eine Transfrau, die sich vor ihren Eltern versteckte. Diese wiederum beschuldigten Peter, für die Situation verantwortlich zu sein. Zwar schwieg Vic über den Aufenthaltsort, doch ein zweiter Detektiv spürte sie ebenfalls auf. Der Vater kam mit einer Waffe, er erschoss sein Kind und sich selbst. Vic kam zu spät, um das Blutbad zu verhindern. Doch die Tat hat sie schwer mitgenommen, zudem kam es zum Zerwürfnis mit Peter, der sich als Archäologe zu einer längeren Ausgrabung in Europa angeschlossen hat.

In dieser Situation war es für ihr Quasi-Patenkind Bernie schwer, Vic zu einem Trip nach Lawrence, Kansas zu überreden, um ihrer Mitbewohnerin Angela, einer erfolgreichen College-Basketballerin, bei einem Spiel zuzusehen. Und noch schwerer ist es, Vic am Morgen nach dem Spiel zu bitten, nach einer anderen Kommilitonin, Sabrina, zu suchen, die ebenfalls als Fan mitgekommen ist, aber nun in der Nacht verschwunden ist. Widerwillig nimmt sich Vic der Sache an, erfährt, dass Sabrina in einer Krise steckte und sucht in der begrenzten Drogenszene von Lawrence. In einem heruntergekommenen Haus außerhalb der Stadt, das offenbar für Drogenpartys genutzt wird, findet sie schließlich Sabrina in kritischem drogenberauschtem Zustand. Ihre Mutter, Angestellte eines hochrangigen Unternehmens in der Rüstungsbranche, beauftragt Vic, mehr herauszufinden. Also sieht sich Vic nochmal im Drogenhaus um und findet die Leiche einer Frau im Keller, die sie mehreren Tagen vermisst wurde. Inzwischen gerät Vic selbst ins Visier der Behörden, darf das County nicht mehr verlassen, sogar das FBI taucht in Lawrence auf.

Die Getötete Clarina Coffin hatte mehrfach für Aufsehen gesorgt, da sie sich in den Geschichtslehrplan an der Schule eingemischt hatte und Ungerechtigkeiten zu Zeiten der Staatsgründung von Kansas angeprangert hatte. Doch wer hatte ein Motiv, sie zu ermorden? Vic wird immer noch selbst verdächtigt und hat wenig Vertrauen in die örtlichen Ermittler. Somit nimmt sie selbst die Ermittlungen in die Hand, fast allein, nur eine hochmotivierte Lokaljournalistin und zwei alte Freunde, die einen Schrottplatz betreiben, stehen ihr zur Seite. Vic gräbt tief und begibt sich in große Gefahr, denn sie macht sich in Lawrence einige Feinde, denn die Machenschaften reichen bis in höhere Kreise.

Das alles wird zu einem (nicht ungewöhnlich für V.I. Warshawski) sehr komplexen Fall, in dem es um Landraub, illegale Grundstückgeschäfte und viel Geld in der Zukunft geht, sodass Besitzansprüche aus alten Zeiten eher lästig sind. Neueinsteiger in die Serie (der Einstieg ist durchaus möglich) sollten wissen, dass die Story sehr dezidiert und kleinteilig entwickelt wird, auf wohl dosierte Spannungsmomente muss allerdings keinesfalls verzichtet werden. Kenner schätzen allerdings die ausgereifte Entwicklung des Plots, die starken Dialoge und generell den Biss der unbeugsamen Privatschnüfflerin.

Verlegerin und Übersetzerin Else Laudan hat am Ende noch ein ausführliches Glossar angelegt, um die wichtigsten Begriffe nochmal für den Leser detaillierter zu erläutern. Denn Sara Paretsky greift hier Themen auf, die von der Gründung des Staates Kansas und seiner ambivalenten Rolle in Fragen der Sklavenhaltung bis hin zu Serverfarmen und Bitcoinmining reichen. Ein wenig hätte man die Geschichte vielleicht straffen können, aber sei es drum. „Wunder Punkt“ ist ein starker gesellschaftskritischer Krimi aus dem Herzen der Vereinigten Staaten, in dem die angeschlagene Vic Warshawski auch im 22.Fall unerschütterlich und mit großem persönlichem Einsatz für Gerechtigkeit einsteht. Die Autorin kommt im September übrigens nach längerer Zeit mal wieder nach Deutschland zu einer Lesetour, die Termine sollte man sich merken.

 

Foto & Rezension von Gunnar Wolters.

Wunder Punkt | Erschienen am 10.06.2025 im Argument Verlag
ISBN 987-3-86754-281-4
500 Seiten | 25,- €
Originaltitel: Pay Dirt | Übersetzung aus dem Englischen von Else Laudan
Bibliografische Angaben & Leseprobe

Weiterlesen: Weitere Rezensionen zu Romanen von Sara Paretsky

Vor 24 Jahren: 2001 in Crime Fiction (Teil 2)

Vor 24 Jahren: 2001 in Crime Fiction (Teil 2)

Unseren zweiten Teil des Rückblicks auf die Kriminalliteratur und den Kriminalfilm im Jahr 2001 beginnt mit den Autoren, die leider in diesem Jahr verstarben. Hier ist vor allem ein Name prominent: Am 12.März verstarb 73jährig in Florida der amerikanische Thrillerautor Robert Ludlum. Ludlum arbeitete zunächst am Broadway, produzierte lange Jahre Bühnenstücke, bevor er 1971 seinen ersten Roman veröffentlichte („Das Scarletti-Erbe“). Ludlums Romane sind meisten sehr lange Thriller, in denen eine Einzelperson es regelmäßig mit größeren Machtapparaten oder Verschwörungen aufnehmen muss. Nicht unbedingt die feinste Klinge, dafür durchaus actionlastig. Er ist vor allem für die Jason Bourne-Reihe bekannt. Ludlum selbst veröffentlichte drei Romane mit dem weitgehend auf sich allein gestellten Geheimagenten. Nach dem Erfolg der Verfilmungen ab 2002 („Die Bourne Identität“) wurde die Reihe von anderen Autoren fortgesetzt. Bemerkenswert ist, dass alle 22 zu seinen Lebzeiten veröffentlichten Romane die Nr.1 der New York Times-Bestsellerliste erreichten.

Preisträger gibt es natürlich auch so einige, wenngleich die Bücher meist in den Vorjahren veröffentlicht wurden. Den Dagger gewann 2001 – natürlich – Henning Mankell mit „Die falsche Fährte“. Mankell war auch einer der Gewinner des Deutschen Krimipreises international, mit so prominenten und bis heute wertgeschätzten Kollegen wie Jean-Claude Izzo, Michael Connelly – und Dennis Lehane. Sieger des Edgar wurde Joe R. Lansdale mit „Die Wälder am Fluss“. Bei den deutschsprachigen Autoren gewannen übrigens Ulrich Ritzel, Anne Chaplet und Sam Jaun den Deutschen Krimi Preis. Ebenfalls bis heute kreativ ist der Gewinner des Glauser 2001: Horst Eckert gewann damals für „Die Zwillingsfalle“.

Was gibt es sonst noch für bemerkenswerte Kriminalromane des Jahres 2001, die bisher nicht genannt wurden? Ein Gegenpart zu Ludlum ist sicherlich John Le Carré, der 2001 den bemerkenswerten Roman „Der ewige Gärtner“, ein Politthriller mit dem ungewöhnlichen Thema von illegalen Arzneimitteltests in Afrika. Erwähnenswert ist sicherlich auch Dominique Manottis Roman „Roter Glamour“, eine Abrechnung mit den Mitterrandjahren und mein persönlicher Lieblingsroman der sehr politischen französischen Autorin. Äußerst interessant in der Konstellation war auch die Alternativweltgeschichte „Der 21. Juli“ von Christian v. Difturth, in dem er Hitler an dem Attentat vom 20. Juli 1944 sterben lässt, eine Koalition aus SS und den damaligen Verschwörer um Carl Goerdeler die Macht übernimmt und große Anstrengungen übernimmt, mit dem Bau der Atombombe die drohende Niederlage im Krieg abzuwenden. Unbedingt erwähnenswert ist außerdem eine Autorin aus Frankreich, die 2001 einen weiteren Roman veröffentlicht und damit ihren Status als eine der erfolgreichste nichtenglischsprachigen Krimiautoren untermauert.

Fred Vargas | Pars vite et reviens tard (Deutscher Titel: Fliehe weit und schnell)

Die französische Historikerin und Archäologin Frédérique Audoin-Rouzeau hatte sich unter dem Pseudonym Fred Vargas national bereits einen großen Namen gemacht. International und in Deutschland begann erst so richtig mit der Jahrtausendwende und der Übersetzung „Die schöne Diva von Saint-Jacques“ aus der Reihe um die „Evangelisten“. Diese spielen auch 2001 im Original erschienenen „Fliehe weit und schnell“ eine kleine Nebenrolle. Protagonist ist allerdings zum vierten Mal der ziemlich kauzige Pariser Kommissar Adamsberg.

Dieser hat einen zunächst sehr seltsamen Fall am Hals. In verschiedenen Pariser Wohnhäusern werden Wohnungstüren mit einem seltsamen Zeichen, einer spiegelverkehrten 4, markiert. Doch nicht alle, manche bleiben unmarkiert. Zeitgleich erhält Adamsberg Kenntnis von dem Bretonen Le Guern, der in seinem Viertel die alte Tradition des Ausrufers wiederbelebt hat und mehrmals am Tag Nachrichten und Annoncen verkündet, die für ihn in einem Kasten hinterlegt werden. Unter diesen Nachrichten befindet sich mehrere seltsame Mitteilungen, die kommendes Unheil ankündigen. Adamsberg findet heraus, dass sich hierbei um alte Beschreibungen der Pest handelt und die markierten Türen galten damals als Schutz vor der Epidemie. Wenig später wird hinter einer der unmarkierten Türen ein Toter gefunden. Ist in Paris die Pest ausgebrochen?

Ein ungewöhnlicher Kriminalroman, der zwar im modernen Paris spielt, aber viele Anleihen in die Vergangenheit hat. Das Ganze ist komplex und wird durchaus mit großem Anlauf erzählt, der Leser bleibt aber am Ball dank der ungewöhnlichen Figuren, ausgehend vom Kommissar bis hin zu den kleinsten Nebenfiguren. Eine ungewöhnliche Krimireihe, die bis heute erfolgreich besteht.

Im internationalen Film gab es 2001 bei uns nur noch wenige Krimis, Thriller oder Gangsterfilme, die im Gedächtnis geblieben sind. Dazu zählt unter anderem die John Le Carré-Verfilmung „Der Schneider von Panama“ unter der Regie von John Boorman mit den herausragenden Hauptdarstellern Pierce Brosnan, Geoffrey Rush und Jamie Lee Curtis. 2001 war auch der Deutschlandstart für Guy Ritchies zweiten Streich „Snatch – Schweine und Diamanten“, von den filmischen Motiven sehr eng an „Bube, Dame, König, grAS“ inklusive des Casts. Das tut dem Spaß beim Zusehen jedoch keinen Abbruch. Ebenfalls erst 2001 lief in Deutschland Christopher Nolans „Memento“ an, ein Kriminalfilm, in dem zwei Handlungsstränge chronologisch entgegengesetzt voneinander ablaufen. Bemerkenswert ist zudem ein Film von Regisseur Antoine Fuqua, in dem Hauptdarsteller Denzel Washington zum ersten Mal entgegen seinen bisherigen Rollen als Bösewicht, in diesem Fall als Bad Cop besetzt wurde.

Training Day

Jake Hoyt ist verdammt aufgeregt. Der Streifenpolizist des LAPD will seine Karriere vorantreiben und hat sich beim Drogendezernat beworben. Nun wird er dem erfahrenen Drogenermittler Alonzo Harris für einen Probetag („Training Day“) zugeteilt. Hoyt ist zu Beginn eingeschüchtert, aber auch etwas fasziniert von Alonzo, der mit einem extremen Selbstbewusstsein ausgestattet ist. Zwar kommen dem integren Hoyt erste Zweifel auf, als Alonzo ihn mehr oder weniger zwingt, eine Pfeife Marihuana zu rauchen oder zwei bereits Festgenommene misshandelt und dann laufen lässt, doch so schnell will er seinen Karrieretraum nicht beerdigen. Doch der Probetag dauert an und Alonzo entpuppt sich immer mehr als korrupter, brutaler und unberechenbarer Cop, der Hoyt unbarmherzig in seine schmutzigen Dinge involviert. Die Handlung eskaliert zusehends, weil Alonzo unter großem Druck steht, sich bis zum Ende des Tages bei der russischen Mafia freikaufen zu müssen, weil er im Streit in Las Vegas einen Russen getötet hat.

Das Geschehen spielt tatsächlich an einem einzigen Tag und überwiegend in Problemvierteln von Los Angeles. Die anfangs angedeuteten Motive des Films – das rechtschaffene Greenhorn und der alte Hase, der seine eigenen Gesetze macht und damit Erfolg hat – geraten allerdings spätestens zu Mitte in der Hintergrund, als klar ist, dass Alonzo nicht einfach nur ein Polizist ist, der das Recht dehnt, sondern dass er selbst zu einem Teil der Szene geworden ist, die er eigentlich bekämpfen soll. Letztlich bleibt bei diesem brutalen Thriller die essentielle Frage: Kommt er damit durch? Und was wird aus Hoyt?

Der ganze Film ist sehr stark auf seinen Hauptdarsteller ausgelegt. Denzel Washington bekommt viel Gelegenheit, mit seiner Figur den Raum zu füllen und das gelingt ihm auch hervorragend („To protect the sheep you gotta catch the wolf, and it takes a wolf to catch a wolf.“). 2022 erhielt Washington hierfür den Oscar als bester Hauptdarsteller. Ethan Hawke muss man angesichts von Washingtons Präsenz fast schon etwas bemitleiden. Dennoch gelingt auch einigen Nebendarstellern wie Scott Glenn, Macy Gray oder Snoop Dogg ein bemerkenswerter Auftritt. Kritisieren kann man sicherlich den an einigen Stellen doch recht unwahrscheinlichen Plot und ein paar Logiklöcher, dennoch ist „Training Day“ ein fesselnder Copthriller, der bis heute vor allem durch das Spiel des Hauptdarstellers einen festen Platz im Genre verdient.

 

Fliehe weit und schnell | Im Original erschien 2001 bei Èditions Viviane Hamy
Die gelesene deutsche Übersetzung erschien 2004 im Aufbau Verlag
Für die aktuelle Ausgabe im Blanvalet Verlag
ISBN 978-3-7341-1142-6
448 Seiten | 12,- €
Originaltitel: Pars vite et reviens tard | Übersetzung aus dem Französischen von Tobias Scheffel
Bibliografische Angaben & Leseprobe

Training Day | Kinostart am 6. Dezember 2001
Die Blue-Ray erschien am 17. November 2006 | 8,99 €
Laufzeit 2 Std. 2 Min. | FSK 16

Vor 24 Jahren: 2001 in Crime Fiction (Teil 1)

Vor 24 Jahren: 2001 in Crime Fiction (Teil 1)

Vor zwei Jahren haben uns schon einmal in einem Doppelbeitrag einem Krimijahr gewidmet. Damals war es 1998, nun springen wir drei Jahre weiter auf das Jahr 2001. Inzwischen hatte das Harry Potter-Fieber die ganze Welt erfasst, was sich auch auf die Literatur-Bestsellerlisten auswirkte (und auf die Leinwand, doch dazu später). So tauchten bei den Verkäufen aus dem Krimigenre nur Henning Mankell (mit gleich zwei Wallandern) und der Altmeister Ken Follett (mit „Das zweite Gedächtnis“) ganz vorne auf.

Wenn man einen Trend im Genre ausmachen will dann vielleicht von Forensic oder Medical-Thrillern. Das war zwar natürlich nicht völlig neu, man denke z.B. an Patricia Cornwell oder Michael Crinchton, doch zu Beginn des neuen Jahrtausends nahm dieses Subgenre immer mehr Fahrt auf. Auffällig ist, dass dabei sehr oft Frauen als Autorinnen eine Rolle spielten und auch Protoganistinnen in den Vordergrund stellten. Kathy Reichs startete ihre Reihe um die forensische Anthropologin Temperance Brennan einige Jahre früher. 2001 folgten dann mit großem Erfolg Karin Slaughter, die mit „Blindsighted“ (dt. „Belladonna“) ihre Serie um Dr. Sara Linton startete, und Tess Gerritsen (die freilich schon mit früheren Werken dieses Genre belebt hatte) mit ihrer Combo aus Polizistin Jane Rizzoli und Gerichtsmedizinerin Maura Isles („The Surgeon“, dt. „Die Chirurgin“).

Schon seit längerem einen Namen gemacht hatte sich ein Autor aus Boston, Massachusetts. Bereits 1990 verfasste Dennis Lehane seinen ersten Thriller, der 1994 dann auch endlich veröffentlicht wurde. „A Drink Before The War“ war der erste Band der Serie um die beiden Privatdetektive Patrick Kenzie und Angela Gennaro. Eine exzellente Serie, die bis heute nichts an Reiz verloren hat. Lehane stieg dann in die Bestsellerriege auf, als Präsident Clinton sich als Leser von „Prayers For Rain“, dem vierten Band der Reihe, outete. 2001 unterbrach Lehane die Reihe und legte erstmals einen Stand Alone vor.

Dennis Lehane | Mystic River – Spur der Wölfe

Namensgeber für den Roman „Mystic River“ des US-Amerikaners Dennis Lehane aus dem Jahr 2001 ist der Fluss Mystic River in Massachusetts in den USA. Er handelt von drei Jugendfreunden, deren Kindheit von einem Verbrechen überschattet wird. Während Jimmy Marcus, Dave Boyle und Sean Devine 1975 in East Buckingham, einem fiktiven rauen Arbeiterviertel in Boston auf der Straße spielen, locken zwei Männer, die sich als Ordnungshüter ausgeben, Dave in ihr Auto. Tagelang wird der 11-Jährige gefangen gehalten und missbraucht, bis er endlich seinen Peinigern entfliehen kann. Danach ist Dave wie gebrandmarkt und trägt für immer das Stigma des Opfers mit sich herum.

25 Jahre später haben alle drei Familien gegründet, treffen aber selten aufeinander. Jimmy, der ehemalige Kriminelle, führt nach dem Krebstod seiner ersten Frau einen Tante-Emma-Laden und wacht über das Privatleben seiner ältesten Tochter, der bildhübschen, lebenslustigen Katie. Sean ist Polizist geworden, lebt getrennt von seiner schwangeren Frau und versucht nach einer Suspendierung wieder im Morddezernat Fuß zu fassen. Dave, der nie über das Verbrechen in seiner Kindheit spricht, ist schwer gezeichnet, mit Jimmys Cousine verheiratet und hat einen Sohn.

Als eines Tages Katies Leiche in einem Park gefunden und Sean mit der Aufklärung des brutalen Mordes beauftragt wird, deuten einige Indizien auf Dave als Täter. Dieser war die Nacht davor blutüberströmt nach Hause gekommen und hatte seiner Frau eine unglaubwürdige Geschichte von einem Räuber erzählt, den er erschlagen hätte. Jimmy, der noch beste Kontakte zur kriminellen Unterwelt hat, schwört Rache und Sean versucht alles, Jimmy davon abzuhalten, das Gesetz in die eigene Hand zu nehmen.
„Mystic River“ ist kein Action-Thriller, sondern punktet mit exakten Milieuschilderungen und psychologisch äußerst nuancierten Charakterbeschreibungen der Menschen der Arbeiterklasse. Lehane schildert eindringlich die Welt zwischen den „Flats“ und dem „Point“, in der eine Straße die Grenze zwischen den Arbeitern und den besseren Leuten markiert und Herkunft eine große Rolle spielt. Der fesselnde Thriller rollt langsam an, um etwa ab der Hälfte so richtig Fahrt aufzunehmen und in einem spannenden Showdown zu enden. Durch den ganzen Roman zieht sich eine Trostlosigkeit, die das Sozialdrama zu einem extrem deprimierenden Roman macht.

Zwei Jahre später verfilmte Clint Eastwood den Roman unter dem Titel „Mystic River“, der mit 2 Oscars prämiert wurde.
Apropos Film, das Filmjahr 2001 wurde dominiert durch den Start zweier Filmreihen, die auch in den Folgejahren die Einspielergebnisse in die Höhe treiben werden. „Harry Potter und der Stein der Weisen“ und „Der Herr der Ringe – Die Gefährten“ zählen bis heute zu den hundert erfolgreichsten Filmen aller Zeiten. In Deutschland startete außerdem „Der Schuh des Manitu“ und nach diesen dreien kam 2001 lange nichts. Bei den Oscars 2001 gewann nur ein Genrefilm eine renommierte Kategorie, nämlich für die beste Regie Steven Soderberghs episodischer Drogenthriller „Traffic – Macht des Kartells“ aus dem letzten Jahr.

Ansonsten haben wir uns beim Recherchieren zu den Kriminalfilmen und Thrillern aus dem Jahr 2001 etwas schwer getan. Erwähnenswert ist sicherlich die Verfilmung von Jean-Christoph Grangés „Die purpurnen Flüsse“ von Mathieu Kassovitz mit Jean Reno und Vincent Cassel in den Hauptrollen. Der Film kam zwar 2000 in Frankreich heraus, aber erst 2001 in die deutschen Kinos. Bei den deutschen Filmen stehen zwei zum Thema Linksterrorismus heraus: Zum einen der Dokumentarfilm „Black Box BRD“, der die Biografien und Alfred Herrhausen und Wolfgang Grams nebeneinanderstellt und zum anderen „Die innere Sicherheit“ von Regisseur Christian Petzold (Erscheinungsjahr 2000, aber Kinostart erst 2001) über ein terroristisches Ehepaar, dessen Leben im Untergrund durch die Teenagertochter in Frage gestellt wird. Ein Thriller eher alter Schule ist hingegen Tony Scotts „Spy Game“.

Spy Game | Der finale Countdown

Im Jahr 2001 kam der spannende Agenten-Thriller „Spy Game“ vom britischen Regisseur Tony Scott in die Kinos. Robert Redford spielt den verdienten CIA-Agenten Nathan D. Muir am letzten Tag vor seinem Ruhestand. Während sein Büro bereits leer geräumt wird, erfährt der Altgediente, dass sein ehemaliger Schüler Tom Bishop bei einer Befreiungsaktion in China verhaftet wurde und binnen 24 Stunden hingerichtet werden soll. Um ein kurz vor dem Abschluss stehendes Handelsabkommen zwischen den USA und China nicht zu gefährden, entscheidet sich die Führung der CIA, nicht einzugreifen und Bishop zu opfern, zumal dieser eigenständig aus unbekannten Gründen handelte.

Der erfahrene Muir berichtet seinen Vorgesetzen in der CIA-Zentrale von seinem Verhältnis zu Bishop. Dadurch will der Spionage-Profi Zeit und Möglichkeit gewinnen, Bishop doch noch zu retten. In ausschweifenden Rückblenden wird geschildert, wie Muir den von Brad Pitt gespielten Hitzkopf, einen Scharfschützen der US-Marines in den 70ern im Vietnamkrieg rekrutierte und ihm im geteilten Berlin der 80er sowie im zerstörten Beirut in den 90ern alle Kniffe beibrachte.

Tony Scott, auch als König der Werbeästhetik bekannte jüngere Bruder von Ridley Scott entführt uns in die Welt der verdeckten Missionen, Verschwörungen und Intrigen, präsentiert sich hier aber ruhig, abgeklärt und besonnen. Die Inszenierung ist zurückhaltend, die wenige Action fällt verhalten aus, es geht um die Beziehung zwischen dem ausgefuchsten CIA-Pensionär, einem Veteran alter Schule und dem ungestümen, hochmoralischen Nachwuchs-Spion sowie um Verrat und Loyalität. Dabei werden die Zuschauer die ganze Zeit auf eine unpersönliche Distanz zum Schicksal der Figuren gehalten. Dafür bleiben die Charaktere einfach die ganze Zeit zu unnahbar und spröde. Gleichwohl nahm mich der charismatische Ausnahmeschauspieler Robert Redford vollständig für mich ein, wenn er souverän den mit allen Wassern gewaschenen Muir mimt, wie er taktierend die eigenen Leute überlistet und dabei für seine Zwecke instrumentalisiert. In einem fesselnden Katz- und Maus-Spiel bietet er all seine Raffinesse auf, um den jugendlichen Heißsporn vom Tode zu retten. Der zentrale Konflikt des Films ist der Widerstreit des angehenden Ruheständlers Muir mit dem eigenen System.

 

Mystic River | Das Original erschien im Februar 2001 bei William Morrow and Company
Das TB erschien am 29. Oktober 2014 bei Diogenes
ISBN 978-3-257-24300-0
624 Seiten | 14,00 Euro
Originaltitel: Mystic River | Übersetzung aus dem Englischen von Sky Nonhoff
Bibliografische Angaben & Leseprobe

Spy Game | Kinostart (US) am 21. November 2001 (in Deutschland am 12. März 2002)
Die Blu-ray erschien am 07. Februar 2013
Laufzeit 2 Std. 5 Min. | FSK 12 | 10,79 €