Tag: 9. Februar 2019

Mara Pfeiffer | Im Schatten der Arena

Mara Pfeiffer | Im Schatten der Arena

Es dauert eine gefühlte Ewigkeit, bis Jo in der Lage ist, die Worte aus ihrem Mund zu drängen, die in ihrem Kopf wild umeinanderrasen. Schließlich deutet sie schluchzend auf den flackernden Monitor, der das Aufmacherfoto der dritten Lokalseite zeigt: einen völlig zertrümmerten Corsa, so eng an einem Baum geschmiegt, als wolle er ihn zum Abschied umarmen.
„Das ist Jonas‘ Auto!“ (Auszug Seite 45)

Journalistin Johanna, genannt Jo, lebt als alleinerziehende Mutter in Mainz und arbeitet bei der lokalen Zeitung. Ihr bester Kumpel und Kollege Jonas kommt bei einem Autounfall ums Leben. Doch Jo glaubt nicht an einen Unfall. Sie glaubt, dass Jonas an einer brisanten Geschichte gearbeitet hat, die ihm schließlich das Leben gekostet hat. Sie verschafft sich Zugang zu seinen Dateien und Unterlagen und versucht, die Geschichte zu rekonstruieren. Der Polizist Hans, dem Jo im Laufe der Geschichte immer näher kommt, übergibt ihr Unterlagen, die nahelegen, das Jonas bedroht wurde. Auch sie könnte unter Beobachtung stehen. Ein unbekannter Mann spricht ihren sechsjährigen Sohn vor ihrer Haustür an. Sie durchforstet fieberhaft die Recherchen von Jonas – bis sie auf ein mögliches Motiv stößt: Homophobie im Profifußball.

Autorin Mara Pfeiffer arbeitet als freiberufliche Journalistin, Autorin und Lektorin. Im Schatten der Arena ist ihr erster Roman. Zuvor hat sie Sachbücher und Kurzgeschichten für Anthologien verfasst. Sie betreibt außerdem den Blog Wortpiratin. In ihrem ersten Roman verbindet sie Fußball und Lokalkolorit mit gesellschaftlichen Themen im Rahmen einer Kriminalhandlung.

Ich habe leider zwei größere Kritikpunkte bei diesem Roman. Zum einen die Krimihandlung. Die kommt für meinen Geschmack etwas kurz, denn die Handlung wird auf vielen Seiten von Jo und ihrem Leben dominiert: Trauer, Wut, Erziehungsfragen, Beziehungsstress oder normaler Alltag. Nichts gegen eine gut beschriebene Hauptfigur, aber wenn nur 250 Seiten vorhanden sind, hätte ich mir mehr Krimihandlung gewünscht. Diese besteht nämlich zu einem großen Teil in eher mäßig spannender Recherche. Als sich dann das Motiv offenbart, geht alles ein wenig hopplidahopp. Das wirkte auf mich etwas unrund und auf zu wenig Seiten gebracht. Hier komme ich zu dem seltenen Eindruck, dass ein wenig mehr Seiten dem Buch gut getan hätten.

Zum anderen geht es mir um eines der zentralen Themen des Buches: Homophobie (im Fußball). Natürlich hat das Buch mehr Facetten, aber dieses Thema ist auch entscheidend für den Kriminalfall. Ein wichtiges, interessantes Them – aber die Art der Behandlung hat mich nicht überzeugt. Es gibt im Buch im Rahmen der Recherche zu Jonas‘ Tod ein Interview mit Musiker Marcus Wiebusch, der vor einigen Jahren das Lied „Der Tag wird kommen“ zu dem Thema verfasste. Dieses Interview umfasst fünf Seiten im Buch, Jos Treffen mit dem homosexuellen Fußballer, um den es letztlich geht, gerade mal zwei. Hier wurde meines Erachtens eine Chance vertan, tiefer in die Materie einzudringen, beispielsweise, indem der Fußballer mehr Raum im Buch hätte, dass seine Ängste und den Druck, der auf ihm lastet, präziser aufgezeigt würden. So bleibt die Darstellung des Themas lediglich an der Oberfläche.

Bei aller Kritik möchte ich auch die positiven Aspekte des Buches nicht verschweigen. Da wäre die auf jeden Fall interessante, weil komplizierte Hauptfigur Jo. Daneben ist der Lokalkolorit sicherlich ein Highlight, denn die Autorin verwendet (so weit ich das beurteilen kann) weitgehend Originalschauplätze und lässt auch Vereinspolitik des FSV Mainz 05 einfließen. Eine wunderbare Szene war für mich, wie Jo ihrem Sohn erklärt, warum man an einem Kunstprodukt wie RB Leipzig sein Fanherz nicht verlieren sollte. So denke ich, dass so mancher Leser hier sich durchaus gut unterhalten fühlen könnte, allein ich war aufgrund der erwähnten Punkte nicht ganz zufrieden.

 

Rezension und Foto von Gunnar Wolters.

Im Schatten der Arena | Erschienen am 16. Mai 2018 im Societäts Verlag
ISBN 978-3-95542-288-2
252 Seiten | 14.- Euro
Bibliografische Angaben & Leseprobe