Zygmunt Miloszewski | Warschauer Verstrickungen
Er schaute ihm in die Augen und hielt dem Blick stand. Der Staatsanwalt hatte ein junges Gesicht, aber von einer jugendlichen Attraktivität konnte man nicht sprechen, eher von einer zurückhaltend männlichen. Der Sanftheit seiner Gesichtszüge widersprachen die leicht gerunzelten Brauen und die unangenehm kühlen grauen Augen. Das war nicht das Gesicht eines Mannes, der oft lacht. In wenigen Wochen wurden er sechsunddreißig, aber viele hätten ihn für jünger gehalten, wären da nicht die dichten weißen Haare gewesen. Der Kontrast mit den schwarzen Augenbrauen verlieh ihm etwas Strenges, leicht Beunruhigendes. Er war perfekt monochrom, nur schwarz, grau und weiß. Keine Farbe verdarb die Komposition. Schließlich wandte der Staatsanwalt seinen Blick langsam ab, ohne auch nur einmal mit der Wimper gezuckt zu haben. Dieser Beamte, dachte er, macht keine Kompromisse. (Auszug Seite 258-259)
Staatsanwalt Teodor Szacki wird an seinem freien Sonntag zu einem ungewöhnlichen Tatort gerufen: In den Räumlichkeiten eines ehemaligen Klostergebäudes liegt ein Teilnehmer einer Therapiegruppe ermordet, mit einem Grillspieß, der durchs Auge ins Gehirn gestoßen wurde. Höchstverdächtig sind die drei weiteren Teilnehmer und der Therapeut. Die Gruppe hat an einer durchaus umstrittenen Therapieform teilgenommen, der sogenannten Familienaufstellung. Teodor Szacki hat alle Hände voll zu tun, die Konstellationen zu entwirren und gerät letztlich auch an einen alten Mordfall aus dem Jahr 1987.