Paul Cleave | Zerschnitten

Paul Cleave | Zerschnitten

„Und dann hast du wieder Sandras Namen vergessen. Einfach so. Das war, als ihr Formulare für den Reisepass ausgefüllt habt. Und du sagtest… jetzt halt dich fest, man weiß nicht, ob man lachen oder weinen soll, aber du sagtest zu ihr: Warum schreibst du Sandra in das Namenskästchen? Denn das tat sie – natürlich tat sie das -, jede Sandra würde das tun. Du hast sie das gefragt, weil du in dem Moment keine Ahnung hattest, wie sie heißt.“ (Auszug Seite 37)

Jerry Grey wohnt mit seiner Frau Sandra in Christchurch, hat eine Tochter und ist erfolgreicher Krimiautor. Sein Leben ist gut, bis er mit knapp fünfzig Jahren an Demenz erkrankt. Die Krankheit verläuft langsam und doch unaufhaltsam. Jerry, der seine Bücher unter dem Pseudonym Henry Cutter veröffentlicht, kann seinen letzten Roman nicht beenden, da er sich nicht mehr lange genug konzentrieren kann und wird schlussendlich in ein Pflegeheim eingewiesen. Dort gesteht er mehrmals Morde, von denen er fest überzeugt ist, dass er sie begangen hat, die er aber nur in seinen Büchern beschrieben hat.

Häufig klettert er auch aus dem Fenster seines Zimmers im Pflegeheim, um einen Spaziergang zu unternehmen und wacht dann an einem völlig anderen Ort auf, ohne dass er sich erinnern kann, was genau geschehen ist. Seltsamerweise passieren genau zu diesen Zeiten Morde an Frauen in der Nachbarstadt des Pflegeheimes. Kann es wirklich sein, dass er die Frauen getötet hat und sich nicht mehr daran erinnert? Und was genau ist eigentlich bei und nach der Hochzeit seiner Tochter passiert?

Wenn man Jerry fragt, wie man einen guten Krimi schreiben soll, rät er immer wieder: „Schreibe über das, was du kennst, und den Rest erfindest du dazu.“ Beim Schreiben sitzt Jerry an seinem Schreibtisch in seinem Arbeitszimmer und hört ohrenbetäubend laut Musik. Aus diesem Grund ist das Zimmer auch schallisoliert. Er ist heimlicher Star Trek-Fan und hat eine Schwäche für Gin Tonic.

Zerschnitten von Paul Cleave hat mir sehr gut gefallen. Die Geschichte liest sich flüssig und sehr spannend. Teilweise ist es aber auch anstrengend, weil ich die Zusammenhänge erfassen wollte, dem Leser aber auch nur das mitgeteilt wird, an was sich Jerry erinnert und das ist aufgrund seiner Krankheit durcheinander, unvollständig und immer wieder anders.

Der Thriller wird in zwei Teilen erzählt, die sich kapitelweise abwechseln. Jerry schreibt nach der offiziellen Diagnose ein Protokoll, eine Art Tagebuch, in der er sich ironisch und sarkastisch mit seinem späteren Ich unterhält. Dort wird erzählt, wie alles anfängt und sich entwickelt. Der zweite Teil startet im Pflegeheim bei dem Geständnis einer Tat aus seinem Krimi und berichtet von da an weiter, immer aus der Sicht von Jerry. Interessant und ungewöhnlich finde ich das Thema Alzheimer. Dieses Buch verdeutlicht sehr, wie schwierig und nervenaufreibend es für Betroffene ist, aber auch für Angehörige. Ich konnte das Buch nur schwer aus der Hand legen, weil ich unbedingt wissen wollte, wie alles tatsächlich miteinander zusammenhängt.

Paul Cleave wurde 1974 in Christchurch, Neuseeland, geboren. Der Autor begann schon zu Schulzeiten düstere Kurzgeschichten zu schreiben, arbeitete dann als Pfandleiher und verkaufte schließlich sein Haus, um sich ganz dem Schreiben zu widmen. Mit seinem Debütroman „Der siebte Tod“ gelang ihm auf Anhieb ein internationaler Bestseller, der in Deutschland monatelang auf den Bestsellerlisten stand. Alle seine Bücher spielen in Christchurch. Dieser Thriller ist der neunte, der veröffentlicht wurde und das erste Buch, das ich von dem Autor gelesen habe. In der Danksagung steht, dass es sein bisher persönlichster Roman ist.

 

Rezension und Foto von Andrea Köster.

 

zerschnitten

Zerschnitten | Erschienen am 8. August 2016 bei Heyne
ISBN 978-3-45343-855-2
496 Seiten | 9,99 Euro
Bibliographische Angaben & Leseprobe

Diese Rezension erscheint im Rahmen der Blogkooperative Australien & Neuseeland-Spezial.

One Reply to “Paul Cleave | Zerschnitten”

  1. Das ist ein Einzelband?! Paul Cleave wurde mir schon öfters ans Herz gelegt – vor allem mit seiner bekannten Reihe, welche mit „Der siebte Tod“ startet. Doch irgendwie konnt ich mich nie durchringen die dicken Schinken zur Hand zu nehmen. Hier reizt mic vor allem der Inhalt – Mal schauen, ob ich Cleave mit diesem Büchlein eine Chance gebe 🙂

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