Volker Kutscher | Lunapark, Bericht von der Lesung in Fröndenberg

Volker Kutscher | Lunapark, Bericht von der Lesung in Fröndenberg

Zahlreiche Fans waren am 8. November 2016 nach Fröndenberg zur Kulturschmiede gekommen, um Bestseller-Autor Volker Kutscher und die Vorstellung seines neuen Kriminalromans Lunapark zu erleben. Die Lesung fand im ausverkauften Kettenschmiedemuseum statt, das sich in einem Landschaftspark direkt am Ruhrufer befindet. Das Besondere: Der Autor las bereits vor der offiziellen Buchvorstellung, die am 10. November 2016 natürlich in Berlin stattfand, aus seinem 6. Band um den Berliner Ermittler Gereon Rath. In der sehr erfolgreichen Krimi-Reihe begleiten wir den aus dem Rheinland stammenden Kommissar, der 1929 nach Berlin zog, und seine Ermittlungen in der zu Ende gehenden Weimarer Republik. Dabei versteht es der Autor hervorragend, fiktive und historische Wahrheiten zusammenlaufen zu lassen.

Nach einer kurzen Begrüßung las der 53-jährige Volker Kutscher einen größeren Abschnitt vor, in dem der ermittelnde Kommissar Gereon Rath nach dem Fund eines ermordeten SA-Mannes auf seinen früheren Kollegen Reinhold Gräf trifft. Dieser arbeitet mittlerweile für die Geheime Staatspolizei und ist damit karrieremäßig an Rath vorbeigezogen. Rath empfindet leichte Neidgefühle, als Gräf ihn in der beschriebenen Szene in seinem großen Licht durchflutetem Büro empfängt. Im Laufe der Geschichte wird eine Spur in den kürzlich geschlossenen Lunapark führen, einst Europas größter Vergnügungspark. Auch der Unterweltboss Johann Marlow wird wieder eine Rolle spielen. In einem zweiten kürzeren Auszug geht es um Raths Ehefrau Charlie, die von ihrem Hausfrauendasein gelangweilt, heimlich alleine einer untergetauchten Kommunistin hilft und sich in Gefahr begibt.

Kutscher gehört wahrscheinlich nicht zu den besten Vorlesern und ist bestimmt kein großer Entertainer, was er aber mit einer großen Erzählfreude und einer sympathischen Art wieder wettmachte. Er hatte sichtlich Spaß an der Kommunikation mit dem Publikum und bewies viel Geduld bei Fragen, die ihm bestimmt schon tausendmal gestellt wurden. So erfuhr das gut vorbereitete Publikum, dass Kutscher zirka zwei Jahre für einen neuen Rath-Roman benötigt. Schreiben und Recherche brauchen ihre Zeit, auch das Lektorat ist sehr wichtig. Inzwischen hat er Helfer für die akribische Recherchearbeit, viele Hinweise findet er beim Lesen von Zeitungen der damaligen Zeit, wie zum Beispiel die Vossische.

Die Welt der 20er und 30er Jahre in Berlin hat ihn schon als Kind beim Lesen von Erich Kästner und später bei Döblins Berlin Alexanderplatz fasziniert. Eine Vorliebe für die amerikanischen Gangstergeschichten aus dieser Zeit beispielsweise von Raymond Chandler brachte ihn auf die Idee, beides zu verknüpfen und so entstand Der nasse Fisch, der 1. Band der Reihe. Mittlerweile entwickeln seine Figuren während des Schreibens auch schon mal ein Eigenleben, während er bei den ersten Bänden bereits am Anfang alles durchgeplottet hatte.

Besondere Erheiterung kam auf, als gerade ein Mann sich für die Liebesbeziehung des Kommissars interessierte und unbedingt erfahren möchte, wie es denn mit Charlie und Gereon weiterginge. Kutscher erzählte, dass es schwierig zwischen den beiden bleiben wird, denn eine glückliche Ehe wäre ja langweilig, also zumindest in der Literatur beeilte er sich hinzuzufügen. Eigentlich hatte er die Reihe auf acht Bände angelegt und wollte mit der Olympiade 1936 enden. Jetzt wird es aber doch noch einen 9. Band geben, in dem der bis dahin politisch uninteressierte Gereon Rath erkennt, dass auch er sich positionieren muss.

Und dann berichtet der zurückhaltende Kutscher noch stolz von dem anstehenden Filmprojekt „Babylon Berlin“. Der deutsche Filmregisseur Tom Tykwer ist mit der Verfilmung seiner Romane beauftragt. Aus dem ersten Band Der nasse Fisch wird mit enormen Aufwand eine Fernsehserie gemacht, die geplant in 2017 zuerst auf dem Pay-TV-Sender Sky ausgestrahlt werden soll und später dann in der ARD zu sehen sein wird. Mit einem Budget von fast 40 Millionen Euro ist es die bislang teuerste Fernsehproduktion.

Während einer Pause konnten die Besucher des 8. Krimifestivals Mord am Hellweg sich ihre Exemplare signieren lassen.

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Zwei Stunden lang begeisterte der hoch aufgewachsene, inzwischen in Köln lebende Autor sein Publikum, bevor ein Angestellter des Kulturbetriebes sich herzlich bedankte und sogar von einem magischen Moment sprach.

 

Bericht und Fotos von Andy Ruhr

 

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Dieser Text erscheint im Rahmen unseres Mord am Hellweg Lesungs-Spezial.

 

Weiterlesen:

Andys Rezension zum 1. Band der Gereon Rath-Reihe Der nasse Fisch
Kurts Rezension zum 2. Band der Gereon Rath-Reihe Der stumme Tod

Wikipedia-Seite zum Lunapark

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