Stephen King | Das Institut ♬

Stephen King | Das Institut ♬

Im aktuellen Thriller von Stephen King steht ein ganz normaler 12-jähriger Junge im Fokus, der von seinen Eltern wohlbehütet in einer ruhigen Vorortsiedlung von Minneapolis aufwächst. Allerdings ist der hochintelligente Luke Ellis mit einem fotografischen Gedächtnis ausgestattet und freut sich riesig, demnächst als jüngster Student an das MIT, das Massachusetts Institut of Technology, zu gehen. Daraus wird aber nichts, denn eines Nachts dringen maskierte Verbrecher lautlos in Lukes Elternhaus ein. Kaltblütig und ohne zu zögern werden seine Eltern ermordet und der betäubte Junge aus dem Bett entführt.

Telepathie und Telekinese

Luke wacht am nächsten Morgen in einem Zimmer auf, das seinem Kinderzimmer sehr ähnlich sieht, nur die Fenster fehlen. Später kristallisiert sich heraus, dass er sich in einem geheimen Lager für Jugendliche und Kinder mit übernatürlichen Kräften befindet. Die Anstalt liegt versteckt in den Wäldern des Bundesstaates Maine. Die mit ihm internierten Kids, die alle auf unterschiedliche Weise telepathisch oder telekinetisch begabt sind, werden rundum bewacht. Laufend kommen neue Kinder an, die sich dann im sogenannten „Vorderbau“ des Institutes befinden und es werden teils grausame Experimente an ihnen durchgeführt. Das war für mich teilweise schwer zu ertragen, denn die Jungen und Mädchen werden nicht nur gequält sondern, man kann es nicht anders sagen, regelrechten Folterungen ausgesetzt. Ich fand es erschütternd, mit welcher Selbstverständlichkeit und Gleichgültigkeit die Angestellten unter der Direktorin die Jugendlichen misshandeln und teilweise zu extrem brutalen Bestrafungen greifen. Dabei musste ich tatsächlich immer an die Konzentrationslager der Nazis denken und mir standen die Haare zu Berge. Man leidet und fiebert mit den Kids mit und die Hoffnung, dass sie irgendwann zurückschlagen und sich wehren, macht die Story sehr intensiv und aufwühlend.

Bisher verschwand jedes Kind nach einiger Zeit in den „Hinterbau“ und wurde nie wieder gesehen. Der verzweifelte Luke beschließt, zu fliehen, was angesichts Überwachungskameras und Chip im Ohr schier unmöglich scheint. Er wäre der Erste, dem dieses gelänge. Diese Passagen waren für mich an Dramatik und Spannung kaum zu überbieten. Ab diesem Punkt fesselte mich die Geschichte sehr, die jetzt an ein aufregendes sowie rasantes Jugendabenteuer erinnert und es fiel mir schwer mit dem Hören aufzuhören.

Der Nachtklopfer

In den Anfangskapiteln geht es nämlich erst mal King-typisch in einem ruhigen Erzählfluss los und wir lernen Tim Jamison kennen, einen Ex-Cop, den es in das kleine Städtchen Duprey verschlagen hat. Hier in der Provinz will er sich ein neues Leben aufbauen und verdient sein Geld als Nachtklopfer, das heißt, er läuft nachts im Auftrag des County Sheriffs durch die Gegend und kontrolliert bei den Bürgern, ob alles in Ordnung ist. Das bietet King die Möglichkeit, einige der skurrilen Bewohner des Kaffs auf seine unnachahmliche Art vorzustellen. Da dieser Teil aber wirklich sehr viel Raum einnimmt, fragt man sich schon, ob das so lang sein muss, denn der Autor nimmt sich viel Zeit die Geschichte aufzubauen und die Charaktere einzuführen. Ich möchte hier nicht von Längen sprechen. Denn im Hörbuch nimmt man das gar nicht so wahr.

Fan der Hörbücher

Ob mich die Printversion auf die gleiche Art eingenommen hätte, weiß ich gar nicht. Ich bin absolut ein Fan der Hörbuch-Formate, denn seit längerem spricht David Nathan fast alle King-Werke ungekürzt ein. Nathan, eine Klasse für sich, tut das mit einer unglaublichen Professionalität und Lebendigkeit. Ihm gelingt es glaubhaft, auch eher unspektakuläre Gegebenheiten so zu erzählen, dass man nie das Gefühl hat, etwas würde unnötig in die Länge gezogen. Und Kings bildhafte Erzählweise, mit der er den Hörer in seine Welt zieht, ist wie für dieses Medium gemacht. Dazu kommt, dass der Autor das macht, was er am besten kann: Er kreiert authentische Figuren, die einem am Herzen liegen. Das ist zum Beispiel Luke, der zwar ein Genie aber trotzdem, aus kleinen Verhältnissen stammend sehr bodenständig und emphatisch ist und schnell neue Freunde im Institut findet.

Mir hat die Geschichte um ein Menschen verachtendes System, das Kinder mit paranormalen Fähigkeiten für militärische Zwecke missbraucht, sehr gut gefallen. Am Ende kommt es zu einem spektakulären und actionreichen Showdown im Institut. Unnötig und schlecht gelöst fand ich, wenn schlussendlich noch der Oberschurke lang und breit seine Motivation darlegt und sich die wahren Dimensionen des Instituts offenbaren. Natürlich dürfen auch zahlreiche Spitzen gegen US-Präsident Trump nicht fehlen.

 

Rezension und Foto von Andy Ruhr.

Das Institut | Das Hörbuch erschien am 9. September 2019 bei RandomHouse Audio
ISBN 978-38371-4700-1
3 mp3 CDs | 26.- Euro
Laufzeit der ungekürzten Lesung: 21 Stunden 2 Minuten
Original-Titel: The Institute (Scribner)
Sprecher: David Nathan
Bibliographische Angaben & Hörprobe

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