Sheila Bugler | Nebelspiel

Sheila Bugler | Nebelspiel

„Ich hasse ihn.
Trotzdem will ich versuchen nett zu ihm zu sein. Wenn ich mich richtig anstrenge, lässt er mich vielleicht aus dieser blöden rosa Hütte raus. Vielleicht lässt er mich sogar nach Hause gehen.
Manchmal wird er wütend. Zum Beispiel, wenn er wissen will, ob mir die Videos gefallen, und ich sage, sie waren ein bisschen babyhaft. Ich hab das nicht mal gemein gesagt oder so, aber er hatte diesen Ausdruck in seinen Augen, und ich bekam schreckliche Angst. Also sage ich, die Videos sind doch nicht so babyhaft und entschuldige mich. Danach war es gut.“ (Auszug Seite 231)

Auf den letzten Metern zur Schule wird ein 10-jähriges Mädchen entführt. Auf dem Weg liegt nur noch ihre Schultasche, Hefte und Bücher daneben verstreut. Der Schock ist bei allen groß. Detective Inspector Ellen Kelly übernimmt die Suche nach Jodie Hudson. Der erste Tatverdächtige ist der Stiefvater Kevin Hudson. Er ist arbeitslos und kümmert sich um die beiden Kinder seiner Frau Helen, während diese arbeitet und das Geld verdient. Kevin ist vorbestraft, er hat einen 15-jährigen Jungen verprügelt. Da kommt schnell der Verdacht auf, dass er jetzt auch der kleinen Jodie etwas angetan hat, da er auch kein Alibi hat.

Ellens Vorgesetzter Ed Baxter ist felsenfest davon überzeugt, dass nur Kevin Hudson der Täter sein kann. Ellen bleiben Zweifel. Sie erinnert sich eher an den Fall vor drei Jahren, als auch ein Mädchen entführt wurde. Molly York. Leider konnte sie nicht lebend wiedergefunden werden. Sie wurde schwer misshandelt und erstickt. Der damalige Hauptverdächtige Brian Fletcher hat ein Alibi, ihm konnte nichts nachgewiesen werden. Da Ellen von Ed so gar keine Erlaubnis für ihre Ermittlungen in diese Richtung bekommt, macht sie sich eigenmächtig auf die Suche nach Hinweisen. Als die Presse von der Entführung berichtet und ein Interview mit dem Vater von Molly veröffentlicht, ist es nicht mehr weit, bis sie von dem Hauptverdächtigen Kevin erfahren. Diese Information, dass der Täter gefunden wurde, der wahrscheinlich auch damals seine geliebte Molly qualvoll umgebracht hat, macht ihn rasend und er will Rache.

Ellen Kelly ist selbst Mutter von zwei Kindern. Sie ist nach einer längeren Freistellung von der Arbeit zurückgekehrt und Jodie Hudson ist ihr erster Fall danach. Die Freistellung musste sie nehmen, da sie bei ihrem letzten Fall den Täter erschossen hat und in psychologischer Behandlung ist, um damit zurechtzukommen. Jetzt, nach dem Wiedereinstieg, kommen auch die alltäglichen Sorgen wieder, nämlich Job und Kinder unter einen Hut zu bekommen. Ellen kann sich glücklich schätzen, dass ihre Eltern sie tatkräftig unterstützen. Außerdem hat Ellen noch eine viel größere Last zu tragen. Ihr Ehemann Vinny wurde vor drei Jahren bei einem Autounfall mit Fahrerflucht getötet. Der Verlust ihres Mannes ist immer noch stark, aber jetzt beginnt bei Ellen so langsam die Zeit, in der sie leichte verliebte Gefühle für ihren alten Schulkameraden Dai Davies entwickelt. Dai ist indirekt in die Suche nach Jodie involviert, da er auch ein Freund der Familie Hudson ist. Leider wird Ellen ihr Glück mit Dai nicht gegönnt.

Schon zu der Zeit von Vinnys Tod hat Ellen damit begonnen, den Schmerz am Abend mit Wein zu betäuben. Bei dem stressigen Fall wird es nicht weniger, Ellen fängt auch wieder an zu rauchen. Und nachdem sie Dai verliert, sind es auch mal zwei Flaschen in einer Nacht.

In dem Thriller geht es insgesamt viel um Verlust von geliebten Menschen. Ellen hat in ihrer Kindheit ihre kleine Schwester verloren. Grausam in der Badewanne ertränkt durch die leibliche Mutter. Danach wurde Ellen adoptiert. Dann folgen Vinny und Dai. Rob York verliert erst seine Frau und dann auch noch seine Tochter Molly und zerbricht daran völlig. Brian Fletchers Mutter stirbt in seiner Kindheit und später lässt ihn sein Vater allein und nimmt auch seine kleine Schwester mit. Und Ed Baxter ist schwer krebskrank und hinterlässt Frau und Kind. Das ist schon sehr erdrückend.

Nebelspiel von Sheila Bugler finde ich sehr kurzweilig. Für den Leser ist gleich am Anfang klar, wer der Täter ist. Gerade das macht einerseits die Spannung aus, andererseits aber auch nicht, da ich nicht dieses Gefühl bekommen habe, unbedingt wissen zu wollen, wer der Täter ist. Teilweise wäre ich aber fast verrückt geworden, wenn die Ermittlungen in die falsche Richtung gehen und Ed Baxter so stur ist. Die Kapitel wechseln zwischen der Suche nach dem Mädchen, den Gedanken des Täters und Jodies Erinnerungen und Hoffnungen ab.

Weshalb der Titel „Nebelspiel“ gewählt wurde, erschließt sich mir nicht eindeutig. Vielleicht hat es mit dem Gefühl von erdrückendem Nebel zu tun, der sich bei solchen Verlusten über alles legt oder es geht um die nebelverhangene Moorlandschaft, die auf dem Buchrücken beschrieben wird, von der in der Geschichte dann aber nicht mehr viel zu lesen ist.

Sheila Bugler hat Psychologie studiert. Die Autorin lebt mit ihrem Mann und den zwei Kindern in London. Nebelspiel ist ihr Debütroman. Der nächste Thriller um die Ermittlerin Ellen Kelly ist auch bereits erschienen und heißt Schattenfänger.

 

Rezension und Foto von Andrea Köster.

 

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Nebelspiel | Erschienen am 11. Januar 2016 bei Droemer Knaur
ISBN 978-3-426-51655-3
416 Seiten | 9,99 Euro
Bibliographische Angaben & Leseprobe

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