Leonora Christina Skov | Das Inselhaus
„Robin wurde mit einem Mal heiß und kalt. Transparenz machte verletzlich, die Wenigsten schienen zu begreifen, wie sehr eigentlich und das Letzte, was sie wollte, war in Gesellschaft von sechs wildfremden Menschen und einem Hauswart mit einer höchst zweifelhaften Ausstrahlung verletzlich zu sein.“ (Seite 79)
Sieben Künstler erhalten eine Einladung zu einem vierwöchigen Arbeitsaufenthalt auf einer privaten Insel in Dänemark. Als die Künstler auf die Insel kommen, sehen sie, dass sie in einem Haus komplett aus Glas wohnen. Diese fehlende Privatsphäre und die völlige Abgeschiedenheit bringen den ersten Missmut unter den Bewohnern. Doch dann geschehen merkwürdige Dinge und alle werden immer misstrauischer. Was soll dieser Arbeitsaufenthalt wirklich bezwecken?
Unentschlossene Meinung
Das Inselhaus von Leonora Christina Skov lässt mich etwas unentschlossen zurück, muss ich sagen. Den Anfang der Geschichte fand ich ein bisschen schwierig, weil über die Hälfte des Buches vor allem der Vorstellung der Künstler gewidmet ist. Dabei wird die Perspektive immer wieder gewechselt und einerseits ist es interessant, welche Sorgen und Nöte alle mit sich herumtragen und dass der Schein ganz oft trügt, aber besonders spannend fand ich es nicht. Zum Ende hin, wenn sich das Dickicht etwas lichtet, was es mit dem gemeinsamen Aufenthalt auf sich hat und die ersten Gemeinsamkeiten auftauchen, wird es dann wirklich fesselnd und ich konnte nicht aufhören zu lesen.
Sieben unsympathische Protagonisten
Bei den sieben Protagonisten bin ich mir auch nicht ganz schlüssig, wie ich sie finde. Am Anfang aus der eigenen Perspektive klingen alle Entscheidungen des bisherigen Lebens für mich nachvollziehbar und ich kann mich gut in sie hineinversetzen. Aus der Perspektive der anderen Bewohner finde ich sie dann nicht mehr so sympathisch und zum Ende hin mag ich keinen mehr. Das hatte ich so bewusst auch noch bei keinem Buch.
Die Idee dahinter
Die Grundidee der Geschichte finde ich sehr gut, obwohl sie auch nicht neu erfunden ist, wie die Autorin in der Danksagung erwähnt. Denn die Idee ist aus mehreren anderen Romanen „zusammengeschustert“. Besonders gefallen mir Handlungsorte auf Inseln und in einem Glashaus zu wohnen ist bestimmt interessant, würde ich als Urlaubsunterkunft allerdings nicht buchen.
Was bleibt?
Wie lässt mich der Roman zurück? Unschlüssig, wie schon oben beschrieben und mit der Einsicht, dass alle Sichtweisen und Erlebnisse sehr subjektiv sind. Und dass wohl jeder eine Leiche im Keller hat. Meine kenne ich nicht. Vielleicht kommt sie noch oder ich erhalte demnächst eine dubiose Einladung auf eine unbekannte Insel.
Leonora Christina Skov, geboren 1976, ist in ihrer Heimat Dänemark für ihre sarkastische Literaturkritik und ihre bissige Kolumne in der Wochenzeitung Weekendavise bekannt. Für ihre Romane Das Turmzimmer und Der erste Liebhaber wurde sie von der dänischen Kritik gefeiert. Leonora Christina Skov lebt in Kopenhagen. (Verlagsinfo)
Rezension und Foto von Andrea Köster.
Das Inselhaus | Erschienen am 9. Januar 2018 bei btb
ISBN: 978-3-442-71424-7
416 Seiten | 10.- Euro
Bibliografische Angaben & Leseprobe
23. Mai 2018