Kategorie: komischer Krimi

Stefan Nink | Treffinger und der Mörder aus der letzten Reihe

Stefan Nink | Treffinger und der Mörder aus der letzten Reihe

Morde am laufenden Band – und das alles auf einer Busfahrt durch das schöne Irland.

Thomas Treffinger, Busfahrer bei einem Reiseunternehmen und bisher nur auf Touren (Tages- bzw. höchstens Wochenendfahrten) im Inland unterwegs, wird von seinem Chef auf eine mehrwöchige Irland-Reise geschickt, die Route sorgfältig vorgeplant und in Gesellschaft einer Reiseleiterin, die seinen Gästen bei den vorgesehenen Stops die Sehenswürdigkeiten näher bringen soll.

Während der Reise, die aufgrund der Zusammensetzung der Reisegruppe (die aus teilweise ziemlich schrägen Typen besteht) für Treffinger und Mara, die Reiseleiterin, eine ziemliche Herausforderung wird, ereignen sich merkwürdige Todesfälle, die von der jeweiligen örtlichen Polizei zunächst als Unfälle eingestuft werden. Treffinger ist allerdings irritiert, weil immer wieder an von ihm angefahrenen Reisestops ein Toter aufgefunden wird. Kann es sein, dass er einen Mörder in seinem Bus transportiert?

Dieser Verdacht verstärkt sich mit der Zeit: ein Passagier, Heiko Tamm, verhält sich seiner Meinung nach besonders verdächtig und er beschließt, ihn im Auge zu behalten. Seine Reiseleiterin Mara, mit der er sich mittlerweile angefreundet hat, unterstützt ihn bei seinen Ermittlungen, ist jedoch leider gehandicapt, weil sie kurz nach Beginn der Reise einen Unfall hatte und nun mit einem Gipsbein unterwegs ist. Allerdings gibt es auch noch andere merkwürdige Verhaltensweisen bei seinen Reisegästen, unter anderem ist da ein weiblicher Reisegast, Josefine Weber, die anscheinend sehr religiös ist, von Stimmen spricht und – wie sich später herausstellt – einen Reisealtar in ihrem jeweiligen Zimmer aufbaut. Josefine verschwindet nach einem Ausflug, bei dem sie vorzeitig die Gruppe verlassen hatte. Treffingers Tante Emmy, die auch bei der Reise dabei ist, und Mara finden Josefine dann in einem Beichtstuhl wieder, wo sie anscheinend am Abend vorher in einen Erstarrungszustand verfallen ist.

Die Reise geht ohne sie und nach Anweisung von Treffingers Chef mit veränderter Route weiter. Das bringt Heiko Tamm dazu, Treffinger mit Konsequenzen zu drohen, sollte das Reiseende nicht wie vorgesehen stattfinden. Nun ist Treffinger erst recht überzeugt, dass Tamm einen mörderischen Plan verfolgt. Die Auflösung des Ganzen ist ziemlich überraschend und bringt Treffinger noch in Gefahr, hier spielen Josefine Weber und seine Tante Emmy eine entscheidende Rolle.

Aufgrund des Titels und des Klappentextes wollte ich das Buch unbedingt lesen und bin nicht enttäuscht worden. Auch wenn sich die Spannung erst langsam aufbaut, ist die gesamte Handlung (und die Macken der verschiedenen Reiseteilnehmer) sehr vergnüglich geschildert und vor allem mit einer wunderbaren Reisebeschreibung der „grünen Insel“ versehen. Wer immer schon mal nach Irland wollte, erhält hier einen sehr schönen Überblick, man fühlt sich fast wie ein Teilnehmer der Reise. Es scheint so, dass der Autor an den geschilderten Orten selbst schon gewesen ist, so einprägsam werden die Sehenswürdigkeiten der Reiseroute und die Orte, an denen Halt gemacht wird, beschrieben.

Fazit: Alles in allem ein gelungener Roman mit ansprechendem Schreibstil, man fühlt sich gut unterhalten und wartet gespannt darauf, wie das ganze ausgeht.

Stefan Nink, geboren 1965, studierte Politikwissenschaften, volontierte später beim SWF (heute SWR) und schrieb lange ausschließlich über Musik. Ab 1991 begann er, Reisegeschichten zu schreiben, seine Reportagen wurden in 17 Sprachen übersetzt und mehrfach ausgezeichnet. Es existieren zahlreiche Reiseführer und Bildbände, außerdem hat er bereits mehrere humorvolle Bücher geschrieben.

 

Rezension von Monika Röhrig (Foto: Nora).

Treffinger und der Mörder aus der letzten Reihe | Erschienen am 24. Juni 2019 bei Limes
ISBN 978-3-8090-2683-9
398 Seiten | 15.- Euro
Bibliographische Angaben & Leseprobe

Cornelia Leymann | Kiel Ahoi!

Cornelia Leymann | Kiel Ahoi!

In Kiel schwimmt eine Leiche im Olympiahafen – und trotzdem kommt beim Lesen dieses Buches, dem vierten „Küstenkrimi“ von Cornelia Leymann, kein Gänsehautgefühl auf, sondern eher ein Schmunzeln auf dem Gesicht des für solche Krimis empfänglichen Lesers auf. Man kann davon ausgehen, dass die Autorin genau das beabsichtigt; wer die vorherigen Bücher kennt, kann schon ahnen, was hier auf ihn zukommt.

Nachdem ihn seine Ehefrau mal wieder aus (hier noch unbegründeter) Eifersucht aus dem Schlafzimmer ausgesperrt hat, verzieht sich Uwe Grossmann, seines Zeichens Mathelehrer, auf sein Boot im Kieler Olympiahafen und tröstet sich mit dem dort reichlich vorhandenen Rumvorrat. Frühmorgens, geweckt durch ein Klopfgeräusch am Schiffsrumpf, entdeckt er im Wasser neben seinem Boot die Leiche einer Frau. Uwe alarmiert die Polizei per Handy. Da dieses dabei ins Wasser fällt, er sich mangels mitgeführter Papiere gegenüber Kommissar Schneider auch nicht ausweisen kann und seine Frau Sonja nicht zu Hause ist und ihn daher nicht identifizieren kann, landet er erst mal im Knast.

Wie sich im Laufe der Ermittlungen herausstellt, war die Tote die Putzfrau der Grossmanns, Frau Heinze. Für Kommissar Schneider dreht sich nun das Karussell der Verdächtigen munter um Uwe, Sonja und Herrn Heinze, der als Masseur in einem Fitnessstudio arbeitet und gerade versucht, sich über „Heimarbeit“ zusätzliche Finanzen zu beschaffen. Der Kommissar ist schwer beschäftigt und Uwe gibt der Eifersucht seiner Frau neue Nahrung, als er sich näher mit seiner Lehrerkollegin (Französisch) Vanessa Koslowski befasst.

Als weitere Figuren in diesem Spiel kommen noch zwei Schüler, Manu und Tommi, hinzu. Erstere war verliebt in Uwe und endet ebenfalls als Wasserleiche. Der Schluss der Handlung ist überraschend und genauso ungewöhnlich wie der ganze Plot.

Die Autorin hat wieder mal eine sprachlich sowohl humorvolle als auch ironisch geschilderte Geschichte entwickelt, fast mehr Komödie als Krimi. Der Schreibstil ist ungewöhnlich, da sie immer wieder die Leser direkt anspricht – gefällt vielleicht nicht jedem, vor allem, wenn man einen der üblichen Krimis erwartet. Ich finde es aber gut, da es mal etwas anderes ist.

Fazit: Alles in allem ist Kiel Ahoi! wieder ein Lesevergnügen der besonderen Art, als Urlaubskrimi bestens geeignet!

Cornelia Leymann, geboren 1951 in Hannover, hat dort erst Pädagogik und Verkehrsingenieurswesen studiert und ist nach einigen Umwegen in Kiel hängen geblieben, wo sie als EDV-Spezi in Kieler Großbetrieben arbeitete. Heute widmet sie sich neben ihrer großen Liebe Bridge nur noch dem Schreiben und Malen.

 

Rezension und Foto von Monika Röhrig.

Kiel Ahoi! | Erschienen 2018 bei Emons Verlag GmbH, Köln
ISBN 978-3-7408-0422-0
208 Seiten | 10.90 Euro
Bibliographische Angaben & Leseprobe

Auch bei uns: Rezensionen zu den Romanen Moin, Moin und Dumm Tüch von Cornelia Leymann.

Gabriella Wollenhaupt | Grappas Gespür für Schnee

Gabriella Wollenhaupt | Grappas Gespür für Schnee

Grandi musterte mich neugierig. Ich machte keinerlei Anstalten, mich vorzustellen. Leider wusste Kleist, was sich gehörte, und nannte meinen Namen. „Sie sind Frau Grappa?“ Sie lachte. Es klang, als würde sich eine Katze erbrechen. (Auszug Seite 46)

Maria Grappa ist rasende Investigativ-Reporterin beim örtlichen Brierstädter Tageblatt, dort hauptsächlich mit kommunalpolitischer Berichterstattung betraut. Ihr zur Seite steht der Pressefotograf Pöppelbaum, der ihre scharfzüngigen Artikel bebildert. Jansen, der Chef der Tageszeitung, weiß um Marias Verbissenheit und journalistischen Qualitäten. Sie selbst zweifelt etwas an ihrem Lebensentwurf, ist sie doch inzwischen in den Fünfzigern, nicht verheiratet und kinderlos und offiziell auch in keiner Beziehung. Allerdings hat sie eine nicht näher definierte intime Beziehung zum Bierstädter Hauptkommissar der Mordkommission, Dr. Friedemann Kleist, mit dem sie auch beruflich eng zusammenarbeitet.

Grappas Gespür für Schnee (aus dem Jahr 2009) ist bereits der 19. Band dieser gerade erst von mir zufällig bei einem Bücherflohmarkt entdeckten Krimireihe. Ich war ganz schön erstaunt ob der Schreibfreudigkeit der Autorin Gabriella Wollenhaupt, hat sie doch von 1993 bis dato immerhin 30 Teile dieser hervorragend spitzbübischen Krimis veröffentlicht, dazu alle im selben Verlag. Doch ich war auch erfreut, denn ich muss sagen, dass ich von der ersten bis zur letzten Seite ausgezeichnet unterhalten wurde. Gabriella Wollenhaupt tut sich humoristisch nicht durch derbe Plattitüden und abgedroschene Phrasen hervor, sondern hat einen augenzwinkernden, intelligenten Blick auf die Spezies Mensch und vermag es, Ihren Figuren Leben einzuhauchen, so dass sie für den Leser Gestalt annehmen. Ich vermute, dass, liest man weitere Bände, sich ein sukzessiv verfeinernder Eindruck der wiederkehrenden Charaktere einstellen wird.

Im vorliegenden Titel geht es zuerst nur um ein Gerücht, nämlich dass im Rathaus, insbesondere im Umfeld des Oberbürgermeisters Nagel, gekokst wird. Grappa begibt sich auf Spurensuche und stolpert ziemlich rasch unverhofft über die Tote Jessica Brühl, die im Büro des OBs Dienst tat, bis sie zwei Wochen zuvor entlassen wurde. Auf dem Handy der Toten finden sich eindeutige Fotos der Bierstädter Politprominenz bei ausgelassenen Orgien mit leicht bekleideten Damen in eindeutigen Posten und es stellt sich die Frage, ob im Rathaus von Bierstadt freizügige Orgien auf Staatskosten abgehalten wurden. Als kurz darauf ein junges Brautpaar unmittelbar nach der Trauung vor dem Rathaus erschossen wird und sich herausstellt, dass die tote Braut Sekretärin im SPD-Parteibüro war und hoch abgefunden wurde, ist Grappa nicht mehr zu bremsen. In einem Wettlauf mit der schräg aufgedonnerten und unmöglich wirkenden Milva Grandi – Konkurrentin bei der BILD – folgt sie ihren Instinkten und beißt sich an der Story fest.

Als Tatortermittler kommt Dr. Friedemann Kleist ins Spiel und ich muss sagen, dass ich die Scharmützel der beiden ziemlich amüsant fand. Es gibt, wie schon gesagt, die berufliche und die private Ebene zwischen den beiden. Und es wird deutlich, dass beide sich aus Angst in Zurückhaltung üben, wobei die Hintergründe in diesem Buch nicht offenbart wurden. Doch ich hatte den deutlichen Eindruck, dass Dr. Kleist nicht erst in Band 19 installiert wurde. Für gewöhnlich finde ich all zu ausufernde private Nebenschauplätze lässlich bis störend, aber es gelingt der Autorin, dass die Gemengelage homogen aufgeht.

Gabriella Wollenhaupt glänzt durch Wortwitz, Menschenkenntnis, Recherchevermögen und einem sehr angenehmen flüssigen Schreibstil. Kategorisieren würde ich den Krimi als humorvolle Geschichte, komischen Krimi. Aber er zeichnet auch ein sehr bekanntes Bild von lokalpolitischem Filz, weshalb man als Politikinteressierter einmal mehr auf seine Kosten kommt. Grappas Gespür für Schnee ist ein leichter Krimigenuss, der nicht durch Blödeleien und Flachwitze langweilt und dessen Auflösung man entgegenfiebert! Für mich ist „Grappa“ eine wunderbare Entdeckung, die ich gerne weiterempfehle.

 

Rezension und Foto von Nora.

Grappas Gespür für Schnee | Erschienen am 19. Mai 2009 im Grafit Verlag
ISBN 978-3-89425-359-2
252 Seiten | 8.95 Euro
Bibliografische Angaben & Leseprobe

Jörg Maurer | Im Schnee wird nur dem Tod nicht kalt

Jörg Maurer | Im Schnee wird nur dem Tod nicht kalt

Im elften Band der Jennerwein-Reihe geht Autor Jörg Maurer die Sache mal ganz anders an; kein: wer war der Täter? Sondern: wie können wir die Tat verhindern? Der Plot von Im Schnee wird nur dem Tod nicht kalt ist typisch Maurer, mit hohem Spannungsfaktor, aber auch jeder Menge kabarettreifer Szenen ausgestattet.

Jennerwein hat zu Weihnachten sein gesamtes Team – verstärkt durch die im Rollstuhl sitzende, von ihrem anscheinen neuen Freund begleitete Gerichtsmedizinerin Verena Vitzthum sowie Polizeioberrat Dr. Rosenberger, der auch noch einen Überraschungsgast ankündigt – in seine Berghütte eingeladen. Die Gäste treffen nach und nach ein, teilweise mit Autos (wobei Nicole Schwattke ihren Jeep fast zum Absturz bringt), andere per Pedes auf unterschiedlichen Routen. Jennerweins Kollege Stengele kann es sogar nicht lassen, aus Sicherheitsgründen klettertechnisch die steile Felswand hinter der Hütte abzuchecken. Allerdings sind auch noch weitere Gestalten auf der verschneiten Strecke unterwegs: u.a. eine dunkle, leicht mitgenommene Gestalt mit Fernglas und Waffe, mehrere Snowboarder (die uns Lesern die Kunst des Snowboardens näher bringen und zum Ende hin durchaus eine bedeutsame Rolle spielen) und eine Informantin, die aufgeflogen und daher äußerst misstrauisch ist. Außerdem spielt eine Drohne, die Spurensicherer Becker in der Nähe von Jennerweins Haus gefunden und zu der Hütte mitgebracht hat, eine wichtige Rolle, ebenso wie die Familie Grasegger (diesmal zwar eine untergeordnete, trotzdem bedeutsame).

In der Hütte steigt mittlerweile die Stimmung, insbesondere, seit Jennerwein seine (in der Handlung immer wieder eingestreuten) Storys aus seiner Schulzeit zum Besten gibt, in denen in einer Adventszeit täglich u.a. Stinkbomben zum Einsatz kamen und in denen bereits der detektivische Spürsinn des noch jungen Jennerwein erkennbar ist. Doch plötzlich empfängt Jennerwein von einem seiner Gäste eindeutige Signale und auf einmal geht es um Leben und Tod, wobei Sprengstoff eine Rolle spielt. Jennerwein versucht verzweifelt, sein gesamtes Team unbemerkt vom Täter zu informieren; die Spannung steigt! Hilft dem Team seine jahrelange Erfahrung, um aus der Sache unbeschadet herauszukommen?

Jörg Maurer hat es auch diesmal auf seine unnachahmliche Art wieder geschafft, sowohl Spannung als auch Humor in seinem Plot zu verarbeiten. Seiner Phantasie hat er dabei augenzwinkernd den Lauf gelassen. Besonders gut zu erkennen in den Storys aus Jennerweins Schulzeit (ein Schelm, der Böses dabei denkt) und bei der Erwähnung der intergalaktischen Schmetterlinge, die 40.000 Jahre später auf einer sehr veränderten Erde die mittlerweile versteinerte Drohne (s.o.) in einer Felsspalte entdecken und daraus auf die Art der heutigen Weltbevölkerung schließen.

Alles in allem wieder ein spannendes Lesevergnügen, geeignet für alle, die in Kriminalromanen nicht nur Realität und tödlichen Ernst bevorzugen. Maurers Romane sind für mich immer wieder ein absolutes Muss. Hoffentlich geht es noch lange so weiter. Hierzu noch ein Hinweis: auch die Danksagung hat es „in sich“.

Jörg Maurer, geboren 1953 in Garmisch-Partenkirchen, studierte Germanistik, Anglistik und Theaterwissenschaften. Nach seiner Arbeit als Gymnasiallehrer für Deutsch und Dozent für Theatergeschichte an der Uni München kamen später eigene Produktionen an Kleintheatern sowie Radio- und Fernsehbeiträge hinzu, in zahlreichen Tourneen entwickelte er sein kultursatirisches Musikkabarett. Ab 2002 schrieb er Kurzgeschichten und Krimis, für die er bereits zahlreiche Preise erhielt, ab 2009 kamen dann die Kriminalromane um Hubertus Jennerwein und sein Team zum Zuge, für die er 2013 den Radio-Bremen-Krimipreis erhielt.

 

Rezension und Foto von Monika Röhrig.

Im Schnee wird nur dem Tod nicht kalt | Erschienen am 24. Oktober 2018 im S. Fischer Verlag
ISBN 978-3-651-02573-8430
430 Seiten | 16.99 Euro
Bibliografische Angaben & Leseprobe

Auch bei uns: Rezensionen zu fünf vorherigen Jörg-Maurer Alpenkrimis.

Abgehakt | März 2019

Abgehakt | März 2019

Birgit Lautenbach und Johann Ebend | Hühnergötter

Auf der Ostseeinsel Hiddensee wird in der Hochsaison ein drei Monate alter Säugling aus seinem Kinderwagen entführt. Die Mutter verständigt umgehend die beiden Inselpolizisten Daniel Pieplow und Lothar Kästner, die sofort den Ernst der Lage erkennen und sich Verstärkung von Rügen und aus Stralsund holen. Die ganze Insel ist in Aufruhe und auf der Suche nach dem Kind.

Gefallen hat mir die Spannung, die dadurch erzielt wird, dass der Täter auch zu Wort kommt und der Leser dadurch etwas im Vorsprung zu den Ermittlungen ist. Außerdem wird die Urlaubsregion authentisch beschrieben und in Gedanken konnte ich den einzelnen Schauplätzen gut folgen. Einziges Manko ist, dass es sich um einen eher kurzen Krimi handelt.

Hühnermord | Die gelesene Ausgabe erschien 2008 in 3. Auflage im Prolibis Verlag
ISBN 978-3-935263-29-0
nur noch antiquarisch erhältlich

Am 19. März 2019 erschien eine independently published Neuauflage
ISBN 978-1-79665648-0
139 Seiten | 7.99 Euro
Bibliografischer Angaben & Leseprobe

Genre: Küstenkrimi
Wertung: 4.5 von 5.0

Rezension und Foto von Andrea Köster.

 

Lars Kepler | Lazarus

Im bereits siebter Fall für Joona Linna wird es persönlich, denn unerwartet taucht in der Wohnung eines Grabschänders der Schädel seiner verstorbenen Frau in einer Gefriertruhe auf, zwischen Leichenteilen anderer. Als er dann noch Parallelen hinter einigen grausamen Morden vermutet, deren Opfer an verschiedenen europäischen Schauplätzen auftauchen, ahnt Joona, dass ein längst tot geglaubter schwedischer Serienmörder zurückgekehrt ist, um einen neuen Partner zu rekrutieren. Seine Theorie: Jurek Walter ermordet Kandidaten, die seinen Ansprüchen nicht genügten, was wiederum zur Verknüpfung der Einzeltaten zu einem Ganzen führte. Durch die Ereignisse und seine Hypothese alarmiert, setzt Joona umgehend einen wohlfein ausgearbeiteten Notfallplan für sich und seine Tochter in Gang, in den er am liebsten auch seine Freundin Saga einbeziehen möchte, aber es ist nicht jedermanns Sache, von jetzt auf gleich alle Brücken einzureißen und auf der Flucht zu leben, möglicherweise ohne die Möglichkeit auf Rückkehr ins gewohnte Leben. Joona akzeptiert Sagas Entscheidung, doch sein Vorhaben steht, denn er muss um jeden Preis seine Tochter vor Jurek Walter schützen.

Die Rahmenhandlung stimmte für mich, das Buch hat ein schönes, aufwendig gestaltetes Cover, das Auge liest mit. Leider nicht lange, denn mit Fortschreiten der Geschichte stellte sich bei mir immer mehr Unlust zum Weiterlesen ein, denn Autor Lars Kepler scheint seinen Spannungsbogen auf besonders grauenvolle Taten aufzubauen, die geradezu brutal sind (höher, schneller, weiter?). Das ließe sich noch überlesen, wenn es wenigstens flüssig voran ginge. Aber Kepler arbeitet mit teils seltsamen Satzkonstrukten und besonders die Gedanken so mancher Figur erschienen mir doch recht unlogisch.

„Der Täter muss einen gehörigen Serotoningehalt im präfrontalen Kortex und eine gesteigerte Aktivität der Amygdala haben, denkt Saga.“ (Auzug Seite 189)

Als dann auch immer häufiger noch Kommissar Zufall mitspielte, fühlte ich mich veralbert. Hätten wenigstens die Figuren ehrlichen Tiefgang, aber auch hiernach sucht man vergebens. Ich kann leider nicht beurteilen, ob sich Lazarus nur nach vorheriger Lektüre der sechs Vorgängerbände empfiehlt.

Lars Kepler ist das Pseudonym der Autoren Alexandra Coelho Ahndoril und Alexander Ahndoril.

Lazarus | Erschienen am 28. Februar 2019 im Verlag Bastei Lübbe
ISBN 978-3-785-72650-1
640 Seiten | 22.- Euro
Bibliografische Angaben & Leseprobe

Genre: Krimi
Wertung: 2.0 von 5.0

Rezension und Foto von Nora.

 

Susanne Saygin | Feinde

Der Kölner Kommissar Can Arat und seine Chefin Simone Kerkmann ermitteln in einem brutalen Doppelmord an zwei bulgarischen Roma, die offenbar auf dem Schrottstrich gearbeitet haben. Die Kommissare stellen eine Verbindung zum Bauunternehmer und Mäzen Nolden fest. Doch der einzige Zeuge, der sich bereit erklärt zu reden, landet vor einer U-Bahn. Der Staatsanwalt ist außerdem ein Karnevalskumpel von Nolden. Der Fall droht im Sande zu verlaufen, doch Can ist nicht bereit, dies zu akzeptieren und ermittelt weiter – auf Teufel komm raus.

Autorin Susanne Saygin wohnte in Köln selbst in unmittelbarer Nachbarschaft zu einem „Bulgarenhaus“, einer völlig überfüllten, heruntergekommenen Immobilie voller Arbeitssklaven. Dies inspirierte sie zu diesem packenden Krimi über Menschenhandel, Korruption und Ausbeutung, der auch sprachlich keine Kompromisse macht und die Dinge beim Namen nennt. Interessant fand ich die Wandlung des Romans, der erst als typischer Ermittlungskrimi beginnt und dann sich immer mehr auf den von Migräne geplagten und persönlich betroffenen Can fokussiert, bis hin zu seinem Road Trip nach Bulgarien auf der Suche nach der Wahrheit. Dabei beinhaltet die Story auch noch eine komplizierte Liebesgeschichte. Nur das Ende kam mir etwas zu kunstvoll oder märchenhaft vor in dieser sonst so knallharten Geschichte. Doch insgesamt ein richtig starkes, intensives Krimidebüt.

Feinde | Erschienen am 10. September 2018 im Heyne Verlag
ISBN 978-3-453-43889-7
352 Seiten | 12.99 Euro
Bibliografische Angaben & Leseprobe

Genre: gesellschaftskritischer Krimi
Wertung: 4.0 von 5.0

 

Alex Pohl | Eisige Tage

Die Leipziger Kommissare Hanna Seiler und Milo Novic ermitteln im Fall eines ermordeten russischen Anwalts. Dieser war bis vor einigen Jahren im Dunstkreis des Paten Vadim Iwanow, war danach in Ungnade gefallen. Doch der Anwalt scheint ein neues Betätigungsfeld gefunden zu haben, findet man doch in seinen Hinterlassenschaften eindeutige Bilder von minderjährigen Mädchen. Der Tote war offenbar in Mädchenhandel verstrickt und Seiler und Novic ziehen schließlich eine Verbindung zu mehreren aktuellen Vermisstenfällen in Leipzig.

Eisige Tage ist das Verlagsdebüt des erfolgreichen (Selfpublisher-)Autors Alex Pohl, bisher bekannt unter dem Pseudonym L.C. Frey. Ein grundsolider Kriminalroman mit düsterem Einschlag, für den nicht nur das Thema, sondern auch der russische Gangster Onkel Vadim sorgt, der als Bedrohung ständig im Hintergrund mitschwingt und zu dem die Polizisten eine ungesunde Beziehung entwickeln. Beide Ermittler haben wie üblich ihr Päckchen zu tragen. Der etwas monkhafte Novic, der eine grauenvolle Vergangenheit im Kosovokrieg hatte, ist (eher als seine Kollegin) aber durchaus als interessante Figur angelegt. Eine wichtige Rolle in der Geschichte spielen auch die jungen Neffen Iwanovs, die Gebrüder Karamasow (ernsthaft?). Nicht so ganz gelungen fand ich die merkwürdigen Zeitsprünge, die der Autor in der Geschichte einbaut, und die stellenweise etwas aufgesetzt wirkende Härte. Insgesamt war es aber ein durchaus ordentlicher und kurzweiliger Kriminalroman.

Eisige Tage | Erschienen am 11. Februar 2019 im Penguin Verlag
ISBN 978-3-328-10323-3 (Taschenbuch) | ISBN 978-3-641-22801-9 (eBook)
432 Seiten | 10.- Euro | 8.99 Euro
Bibliografische Angaben & Leseprobe

Genre: Krimi
Wertung: 3.0 von 5.0

 

Jurica Pavičić | Die Zeugen

Während des Kroatienkriegs im Juni 1992 führt Kreso seinen kleinen Trupp versehentlich durch ein von ihm selbst gelegtes Minenfeld. Zwei Männer sterben, Kreso selbst verliert ein Bein. Kurz bevor Kreso aus der Rehabilitation zurückkehrt, begehen einige seiner Kameraden aus Wut, Frust und Hass einen Mord an einem serbischen Unternehmer. Die 12-jährige Tochter wird Zeugin des Mordes, die Täter entführen und verstecken sie. Über Beziehungen zum angesehenen Arzt Matić gelingt es ihnen zunächst, die Tat zu vertuschen. Doch was sollen sie mit dem Mädchen machen? Kreso und auch seine Schwester, die Journalistin Lidija, werden auf den Fall aufmerksam.

Die Jugoslawienkriege waren der letzte bewaffnete Konflikt in der Mitte Europas. Ein brutaler Konflikt, dessen traumatische Ereignisse bis heute in der Region nachwirken. Die Zeugen spielt 1992 überwiegend in Split, dessen Hinterland zwischen Kroaten und Serben noch umkämpft war. Eine beengte, fast kleinstädtische Szenerie, ständig weht der Wind. Korruption und Vetternwirtschaft. Von den Bergen grollt der Krieg herunter. Der Roman ist ein aus verschiedenen Perspektiven erzählter Gesellschaftsroman, gleichwohl spannend. Sehr überzeugend ist der Blick auf die verschiedenen Figuren. Vor allem die Sicht auf die Reservisten, die perspektivlos und traumatisiert sich den niederen Instinkten ergeben, dabei aber in Kriegszeiten auf Rückendeckung von oben hoffen dürfen.

„Seit der Granatsplitter Luka umgebracht hatte, waren sie zu unbarmherzigen, männlichen Hass verurteilt. […] Sie mussten entschlossen und unbeirrbar sein, ihrem Zorn ergeben. Für andere mochte Hass eine Tugend sein, für sie war er eine Pflicht.“ Auszug Seite 40

Ein lesenswerter Roman über Hass, Wut, Scham, Schuld und Sühne, der sich aber der völligen Schwärze verweigert, sondern auch ein wenig Hoffnung verbreitet. Die Verfilmung, Svjedoci, gewann 2004 den Friedenspreis der Berlinale.

Die Zeugen | Erstveröffentlichung 1998
Die überarbeitete Neuauflage erschienen am 11. Februar 2019 im Verlag Schruf & Stipetic
ISBN 978-3-944359-44-1 | ISBN 978-3-944359-54-0 (eBook)
288 Seiten | 12.90 Euro | 5.99 Euro
Bibliografische Angaben & Leseprobe

Genre: Spannungsroman
Wertung: 3.5 von 5.0

 

Antti Tuomainen | Palm Beach, Finland

Jorma Leivo hat eine Vision: Ein Ferienparadies mit Palmen, Sandstrand und Miami-Feeling – an der finnischen Ostsee. Er hat schon einiges investiert in „Palm Beach, Finland“. Aber er braucht Haus und Grundstück von Olivia Koski. Die will allerdings nicht verkaufen. Deshalb heuert er Chico und Robin an, um Olivia ein wenig einzuschüchtern. Die treffen in Olivias Haus allerdings nicht auf Olivia, sondern auf einen Einbrecher und töten diesen versehentlich. Damit nehmen die Dinge ihren Lauf und rufen nicht nur Undercover-Cop Jan Nyman, sondern auch einen Auftragskiller, den Bruder des Getöteten, auf den Plan.

Mit Die letzten Meter bis zum Friedhof hatte mich Autor Antti Toumainen im letzten Jahr sehr überzeugt. Ein skurriler, melancholischer Roman mit interessanten Figuren, der eine gelungene Mischung aus Humor und Ernst war. Typisch finnisch. Umso mehr muss ich nach der Lektüre des aktuellen Romans Palm Beach, Finland feststellen, dass diese Mischung für mich leider bei weitem nicht erreicht wurde. Der Humor tendiert teilweise eher zu albern, die ernsthaften Momente plätschern dahin. Auch der Plot bietet nur wenig echte Überraschungen, sondern sorgt eher für Stirnrunzeln, zum Beispiel, ob der Profikiller wirklich hätte sein müssen. Am bedauerlichsten ist jedoch, dass die Figuren diesmal irgendwie blass bleiben, die Tiefe der Figuren des Vorgängers erreichen sie zu keiner Phase. So bleibt am Ende ein relativ unwitziger „komischer“ Krimi. Klingt unbefriedigend, las sich auch so.

Palm Beach, Finland | Erschienen am 22. Januar 2019 im Rowohlt Verlag
ISBN 978-3-498-06556-0
368 Seiten | 20.- Euro
Bibliografische Angaben & Leseprobe

Genre: komischer Krimi
Wertung: 1.5 von 5.0

Auch bei uns: Gunnars Rezension zum Krimi Die letzten Meter bis zum Friedhof von Antti Tuomainen.

Rezension 3 bis 6 sowie die dazugehörigen Fotos von Gunnar Wolters.

 

Weitere Ausgaben unserer Rubrik Abgehakt, Krimis kurz besprochen, findet ihr hier.