Andreas Föhr | Totensonntag

Andreas Föhr | Totensonntag

»Totensonntag« erzählt Kommissar Wallners allerersten Fall: 

Im Herbst 1992 ist Clemens Wallner frischgebackener Kriminalkommissar. Bei einem Besäufnis auf einer Berghütte am Tegernsee, zu dem Kreuthner ihn mitgenommen hatte, geraten Wallner und Kreuthner in eine Geiselnahme. 

Vom Geiselnehmer erfährt Wallner von einer dramatischen Geschichte, die sich in den letzten Tagen des zweiten Weltkriegs ereignet hat und die Kreuthner alias »Leichen-Leo« den Hinweis zur Entdeckung seiner ersten Toten liefert. Es handelt sich um ein Skelett in einem edelsteinbesetzten Sarg mit einer Kugel im Schädel …

In Totensonntag erzählt Andreas Föhr vom Beginn der Karriere seines Ermittlerduos Clemens Wallner und Leo Kreuthner, die aus bisherigen Veröffentlichungen bereits den Fans von Andreas Föhr bekannt sind. Dafür geht er zurück ins Jahr 1992: Die DNA-Analyse steckt noch in den Kinderschuhen, Handys sind noch auf dem Vormarsch und EDV-Archive im Aufbau.

Eine alte Geschichte von Schuld und Schande aus den letzten Kriegstagen im Mai 1945 bilden die Grundlage für die Ermittlungen in der Gegenwart (1992), in der der 23-jährige Wallner und sein jüngerer Kollege der Schutzpolizei, Leo Kreuthner, am Anfang ihrer Karriere stehen und unverhofft in Mordermittlungen stolpern.

Letztgenannter ist ein Anarchist in Uniform, denn was er anpackt vermag er in eine Katastrophe zu wandeln. So macht er sich zu Beginn der Geschichte gegen jede Vorschrift mit dem Gefangenen Nissel auf dem Weg zu einer entlegenen Berghütte, um am sogenannten „Austrinken“ teilzunehmen.

Nissel, von Panik ergriffen, weil er vor Gericht gestellt werden soll und nicht mehr mit einer Bewährungsstrafe rechnen darf, nimmt kurzerhand die Gäste der mehr als ausgelassenen Feier in Geiselhaft und will sich so seinen Weg in die Freiheit erpressen. Auf dem Weg in diese wird ihm seine aussichtslose Lage von Wallner bewusst gemacht und er nimmt sich das Leben. Doch seine letzten Worte, gerichtet an Wallner, bringen diesen dazu, der Ermordung von Frieda Jonas im Mai 1945 nachzugehen.

Gemeinsam mit der zehn Jahre älteren Staatsanwältin Claudia Lukas, seinem Chef Erich Lukas und seinem Kollegen Kreuthner nimmt er die Fährte auf. Das geheime Grab der 24-jährigen Frieda Jonas ist bald entdeckt, doch dieses wirft umso mehr Fragen auf.

Ermittelt wird hauptsächlich in Dürnbach, wo sie auf mauernde Alteingesessene stoßen, aber auch auf den Privatschnüffler Uwe Beck, der das Hobby seines Vaters, die Bespitzelung aller Dorfbewohner inklusive ausführlichster Dokumentation, übernommen hat. Doch Beck erweist sich als wenig kooperativ, und das nicht nur der Staatsgewalt gegenüber, sondern auch bei denjenigen, die er mit seinem Material zu erpressen versucht, was ihm zum Verhängnis wird.

Als die Ermittelnden dem vermeintlichen Täter zu nah kommen, inszeniert dieser die Entführung der Staatsanwältin, was die Ermittler in das Münchener Rotlichtmilieu führt, wo einstige Naziverbrecher Karriere machten.

Kreuthner brilliert mit unkonventionellen Ermittlungsmethoden, die ganz im Gegensatz zu Wallners gewissenhafter und prinzipientreuer Art stehen. Doch der Autor schafft es, überzeugende Charaktere aufzubauen, auch wenn der 23-jährige Wallner stellenweise zu routiniert auftritt. Die Verknüpfung von Ereignissen von 1945 und 1992 ist gelungen und auch die Entführung der Staatsanwältin wirkt im Nachhinein nicht überzogen, da Andreas Föhr keine Fragen offen lässt.

Totensonntag ist ein runder Kriminalroman, in dem das Stilmittel der Mundart die Geschichte authentischer und lesenswerter macht. Er ist historisch interessant, stellenweise sehr heiter und im letzten Viertel sehr spannend.

 

548e0-5104mdwtwlTotensonntag | Erschienen am 1. November 2013 bei Droemer Knaur
400 Seiten | 14,99 Euro
Leseprobe

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